Was wie ein normaler Gerichtstermin begann, endete für Carlos Javier Lopez Benitez mit einem gewaltsamen Übergriff – und seiner Festnahme. Maskierte Bundesbeamte zerrten ihn aus einem Gerichtssaal in Manhattan, rissen seine Schwester von seinem Arm und drängten sie mit aggressiven Kommandos zurück: „Weg da! Sie behindern eine Festnahme! Wollen Sie verhaftet werden?“ – Ein Wortgefecht, wie es zu den düstersten Bildern aus autoritären Staaten passt, nicht aber zu einem Land, das sich auf rechtsstaatliche Prinzipien beruft. Doch es sind Szenen wie diese, die seit Wochen zum Alltag an US-Einwanderungsgerichten gehören – ausgelöst durch eine neue, politisch aufgeladene Taktik der Trump-Regierung. Am Mittwoch, dem 16. Juli 2025, reichten mehrere Bürgerrechtsorganisationen – darunter Democracy Forward, das National Immigrant Justice Center und RAICES – eine Sammelklage gegen die Regierung Trump-Vance ein. Ihr Vorwurf: Die Verhaftung von Migrant:innen direkt vor, während oder unmittelbar nach Gerichtsterminen sei verfassungswidrig und untergrabe grundlegende rechtsstaatliche Schutzmechanismen. Die Klage, eingereicht beim Bundesgericht in Washington, richtet sich gegen das Justizministerium, das Heimatschutzministerium und die Einwanderungsbehörde ICE – sowie gegen mehrere namentlich genannte Beamte. Zwölf Migrant:innen aus Ländern wie Kuba, Venezuela, Ecuador und Guinea stehen stellvertretend für Tausende: Sie wurden festgenommen, obwohl sie nur taten, was das Gesetz von ihnen verlangte – vor Gericht erscheinen. Die Praxis, Migrant:innen bei ihren Anhörungen abzufangen, wurde im Mai 2025 unter Trump massiv ausgeweitet. Sie bricht mit einer langjährigen, auch unter Republikanern respektierten Übereinkunft: Gerichte galten bisher als relativ geschützte Räume, in denen das Recht gelten sollte – nicht als Falle. Nun stehen ICE-Agenten offen in den Fluren, postieren sich in Eingängen und Treppenhäusern, warten mit Listen auf jene, die zu ihren Terminen erscheinen – und nehmen sie fest. Ohne Haftbefehl, ohne Gerichtsentscheidung, ohne Verfahren. Einwanderungsrichter:innen berichten inzwischen von Fällen, in denen ICE-Staatsanwälte selbst um Einstellung der Verfahren bitten – nur damit Betroffene im nächsten Moment verhaftet und in Schnellverfahren abgeschoben werden können.
Die Folgen sind dramatisch. Viele Betroffene – darunter zahlreiche Asylbewerber:innen mit laufenden Verfahren – werden in Schnellverfahren ohne Anhörung deportiert. Ein Mann aus Ecuador, der noch im Juni festgenommen wurde, wurde weniger als vier Wochen später abgeschoben. Carlos Lopez Benitez, ein Asylsuchender aus Paraguay, hatte sogar einen neuen Gerichtstermin für Juli 2029 erhalten – wurde aber unmittelbar nach Verlassen des Saals abgeführt. Seine Schwester, eine US-Staatsbürgerin, war es gewesen, die ihn zur Teilnahme ermutigte. Sie hoffte, er könne eines Tages denselben Weg gehen. Nun droht ihm Abschiebung in ein Land, in dem er laut Akten wegen Folter bedroht ist. Diverse Journalist:innen dokumentierten im Zusammenhang mit der Klage insgesamt 172 Fälle, die ein erschütterndes Bild zeichnen: systematische Rechtsverstöße, gezielte Einschüchterung, völlige Missachtung rechtsstaatlicher Verfahren. Unsere Redaktion bearbeitet aktuell 41 weitere Fälle, darunter sechs Verhaftungen direkt im Gerichtssaal. Besonders schockierend ist der Fall von Andry José Hernández Romero, der am 15. März 2025 festgenommen und wenige Tage später ins berüchtigte Mega-Gefängnis CECOT in El Salvador abgeschoben wurde – trotz laufender Asylprüfung. Wir machten den Fall am 4. April öffentlich
https://kaizen-blog.org/der-koenig-ohne-krone-the-crownless-king
Seither haben nicht nur wir Unterstützung geleistet – auch bei Amnesty International konnten wir diesen Fall einbringen
Andry, ein vollkommen unschuldiger Mann, sitzt heute in einer Haftanstalt, die selbst von internationalen Organisationen als „Hölle auf Erden“ beschrieben wird. Dort werden besonders psychisch instabile und kranke Menschen systematisch gequält, gefoltert und in Einzelzellen ohne Wasserzugang gehalten. Die Videoaufnahmen, die uns dazu vorliegen, stammen aus dem Inneren des CECOT-Komplexes und wurden teilweise verdeckt aufgezeichnet. Wir waren in dieser Zeit dreimal in El Salvador, dokumentierten, was es zu dokumentieren gab, und veröffentlichten das Material in unserem Magazin und auf Facebook. Die Aufnahmen zeigen dicht gedrängte Körper, kahlgeschorene Köpfe – Menschen, die wie Waren aufgereiht sind. Eine Warnung sei an dieser Stelle ausgesprochen: Das Material dokumentiert extreme Formen von Entwürdigung, es ist nichts für schwache Nerven – und doch ein unverfälschter Spiegel dessen, was geschieht, wenn Menschen nicht mehr als Individuen, sondern nur noch als Bedrohung und Statistik erscheinen.
Auch Kilmar Abrego Garcia blieb dieses Schicksal nicht erspart: Seine Haftbedingungen im CECOT wurden mittlerweile vor US-Gerichten glaubhaft dokumentiert – und werfen ein verheerendes Licht auf das Abschiebeprogramm der Trump-Regierung. Im Fall Kilmar Garcia erwarten wir in den kommenden Tagen eine richterliche Entscheidung: Die gegen ihn vorgetragenen Anschuldigungen haben sich als substanzlos erwiesen, seine Inhaftierung dient laut seinen Anwälten ausschließlich dem Zweck, ihn vor einer erneuten Deportation zu schützen – ein Menschenleben zwischen Justiz und Staatsräson. Was sich derzeit unter Trump in den USA abspielt, sind keine „Einzelfälle“. Es sind systemische Menschenrechtsverletzungen, wie man sie sonst aus autoritären Regimen kennt – nicht aber aus einem Land, das sich als Leuchtturm von Freiheit und Recht begreift. In ihrer Dimension und Grausamkeit sind diese Verstöße in der westlichen Welt einzigartig.
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Krass, krass, krass
Und die Welt sieht zu.
Die Welt hofiert Trump, keiner will ihn verärgern.
Selbst die Ermittlungen gegen X werden auf Eis gelegt um die Zollverhandlungen nicht zu gefährden.
MAGA jubelt. Alligator Alcatraz wntspricht doch den Standards für amerikanische Gefängnisse.
Es ist halt keine 5 Sterne Unterkunft, wie sie von Biden gewohnt waren (Ironie)
MAGA jubelt und hebt ICE als Helden der USA empor. Denn in ihren Augen haben Menschen, die ohne Papiere/ohne Process in die USA kamen auch keine Rechte beim Abschiebungen.
Das es sich hier um Menschen mit gültigen Aufenthalts-Schutzstatus handelt interessiert sie nicht.
Da heißt es nur Immigrant = Schwerverbrecher
Deutschland 1933.
Und nicht einmal Europa, vor allem Deutschland, will es sehen.
Ich denke Menschenrechtsorganisationen, investigative Journalisten setzen sich zu 100 % ein. Als Journalist, so haben wir es gemacht, sind wir via Mexiko nach Salvador, damit man nicht gleich als Journalisten erkannt wurde. Und die haben Straßen da, ein Traum 🙁
eigentlich ein Fall für für den IGH….
mir fehlen die Worte….
DT und seine Kumpane wiederholen die Geschichte aus den 30iger Jahren