Das letzte Wort über Epstein – Trumps Justiz zieht einen sehr fragwürdigen Schlussstrich

VonRainer Hofmann

Juli 7, 2025

Es war ein Schatten, der über Jahrzehnte reichte – und über Präsidenten, Prinzen und die Verschwörungsphantasien einer zerrissenen Öffentlichkeit. Doch nun hat Donald Trumps Regierung entschieden, wie die Geschichte zu enden hat. Laut einem internen Memorandum sind sowohl das Justizministerium als auch das FBI zum Schluss gekommen: Jeffrey Epstein war kein Erpresser, führte keine „Kundenliste“ – und wurde nicht ermordet. Er hat sich erhängt.

Es ist das erste Mal, dass Trumps Administration offen den zahllosen Theorien widerspricht, die in den vergangenen Jahren wie ein dichter Nebel um Epsteins Tod lagen. Und es ist bemerkenswert, wer nun als Kronzeuge dieser Version auftritt: Ausgerechnet Kash Patel und Dan Bongino – zwei Männer, die noch vor wenigen Jahren zu den lautesten Stimmen des MAGA-Lagers gehörten, wenn es um dunkle Machenschaften, Vertuschung und angebliche Eliten-Netzwerke ging. Heute sind sie Direktor und Vizedirektor des FBI – eingesetzt von Trump. Beide hatten in der Vergangenheit öffentlich gezweifelt, ob Epstein sich wirklich selbst getötet hatte. Nun verteidigen sie die offizielle Linie. Bongino sagte im Mai auf Fox News lapidar: „Er hat sich umgebracht. Ich habe die gesamte Akte gesehen.“ Es klingt wie ein Befehl zum Schlussapplaus – doch viele wollen den Saal nicht verlassen. Denn was das Memorandum sagt, ist nicht nur eine technische Bewertung. Es ist eine politische Erklärung, ein Schlussstrich mit Signatur. Die wichtigsten Punkte: Das überarbeitete und „verbesserte“ Überwachungsvideo aus der Nacht vom 9. auf den 10. August 2019 zeigt laut FBI niemanden, der sich dem Zellenbereich näherte. Die Sequenz, in der Epstein am Leben war, endet um 22:40 Uhr. Um 6:30 Uhr morgens wird er leblos aufgefunden. Niemand kam, niemand ging. Keine Schatten, keine Lücken, keine Anomalien. Die Bilder wurden „nachgeschärft, farblich ausbalanciert und kontrastoptimiert“, um „größere Klarheit und Sichtbarkeit“ zu gewährleisten. Und das Resultat: keine Hinweise auf Fremdeinwirkung. Auch die von vielen kolportierte „Kundenliste“, mit der Epstein angeblich einflussreiche Männer erpresst habe, existiere nicht. Das Memo spricht von „keinem belastbaren Material“, „keinen Anhaltspunkten für Erpressung“ und „keiner Beweislage, die eine weitere Untersuchung gegen unbeschuldigte Dritte rechtfertigen würde“. Ghislaine Maxwell bleibt damit die Einzige, die bislang zur Rechenschaft gezogen wurde – 20 Jahre Haft für Kinderhandel, Vermittlung und Missbrauch Minderjähriger. Alle weiteren Ermittlungen sollen eingestellt, alle übrigen Materialien unter Verschluss bleiben. Auch deshalb, weil sie laut DOJ „Kinderpornografie, Opferangaben und Informationen enthalten, die Unschuldige fälschlich beschuldigen könnten“. Eine Veröffentlichung sei nicht nur „unangemessen“, sondern gefährde „die Persönlichkeitsrechte der Opfer“ – so steht es im Memo.

Doch mit der juristischen Klarheit endet nicht die gesellschaftliche Unruhe. Seit Monaten hadert die politische Rechte mit Trumps Zurückhaltung in der Causa Epstein. Als das Justizministerium im Februar eine Reihe bereits bekannter Dokumente veröffentlichte, hagelte es Kritik: zu wenig, zu spät, zu selektiv. Die republikanische Abgeordnete Anna Paulina Luna nannte die Veröffentlichung „eine Enttäuschung für das amerikanische Volk“ und forderte lautstark: „Gebt uns endlich die Informationen, die wir verlangt haben!“ Und auch die jüngsten Turbulenzen zwischen Trump und Elon Musk befeuern die Gerüchte weiter. Nachdem es zum Bruch zwischen beiden kam, veröffentlichte Musk auf X (ehemals Twitter) einen kurzen, folgenreichen Satz: Trump sei „in den Epstein-Akten“ erwähnt. Kurz darauf löschte er den Post und entschuldigte sich: „Ich bin zu weit gegangen.“ Doch der Satz war gefallen – und bleibt hängen. Trump konterte sofort auf Truth Social mit einem Statement seines früheren Verteidigers David Schoen, der ihn reinwusch: Trump sei nie Teil irgendeines Ermittlungsverfahrens gewesen. Doch die Gerüchte halten sich hartnäckig. Weil Epstein in Interviews behauptet hatte, Trump sei einst „sein engster Freund“ gewesen. Weil es gemeinsame Partys gab. Weil Nähe nicht gleich Schuld ist – aber ein nährbarer Verdacht. Und nun tritt eine neue Stimme auf den Plan – die Journalistin Tara Palmeri, die über Jahre hinweg zu den besten Kennerinnen des Epstein-Komplexes zählte. Sie äußerte einen brisanten Verdacht: Ghislaine Maxwell, die einstige Schattenfrau des Systems, könnte längst mit den Behörden kooperieren. „Ich glaube, sie hilft ihnen gerade“, sagte Palmeri. „Ich glaube nicht, dass sie die vollen 20 Jahre absitzen wird.“ Es sei denkbar, so Palmeri, dass sie derzeit diskret zur Aufklärung beitrage – über mächtige Männer, über Videos, über das, was in Epsteins Häusern wirklich gesammelt wurde. Von einer ominösen „Kundenliste“ hält Palmeri zwar nichts – dafür aber von kompromittierenden Aufnahmen: versteckte Kameras, intime Fotos, Material, das für Erpressung gedacht war. „Kompromat“, wie es im Jargon heißt – Beweismaterial zur Kontrolle von Eliten, wie es sonst nur Geheimdienste nutzen. Laut Palmeri liegt dieses Material in Tresoren der Bundesbehörden. Zu sensibel, um es zu veröffentlichen. Zu mächtig, um es zu ignorieren. Maxwell, so sagt sie, halte Karten in der Hand. Noch sei die öffentliche Empörung zu groß, um sie freizulassen – aber wenn die Aufmerksamkeit nachlässt, sei vieles denkbar. Auch ein Deal.

Trump selbst sagt seit Jahren, er habe Epstein „seit 15 Jahren nicht gesprochen“ und ihn frühzeitig aus seinen Clubs ausgeschlossen. Eine klare Distanzierung, wie sie in juristischen Fragen üblich ist. Aber viele fordern mehr: Einsicht, Transparenz, Namen. Und all das liefert das Memo nicht. Im Gegenteil – es schließt ab, wo andere beginnen würden. Die Geschichte Jeffrey Epsteins bleibt damit ein Mosaik aus Halbwahrheiten, Abgründen und toten Winkeln. Das Justizministerium hat gesprochen, das FBI das Licht gelöscht. Doch wer glaubt, das sei das Ende dieser Erzählung, hat das Internet nicht verstanden. In den dunklen Ecken von Telegram, TikTok und Threads bleibt Epstein ein Phantom – und die Wahrheit ein Verdacht, der sich nicht beweisen lässt, aber auch nicht verschwindet.

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Verbrechen unter sich.
Was soll man da erwarten?
Tr*** wird brisantes für seine Zwecke, nicht für juristische Aufklärung, nutzen.
Sollte es was über ihn geben, dann ist es vernichtet.

Hätten Obama, Biden oder Clinton so Verfahren, wären er und seine Partei auf sie losgegangen.

Aber so?
In zwei Monaten ist das kein Thema mehr.
Maxwell wird mit Zeugenschutz in Kürze entlassen.
Wer soll nachfragen? Wer traut sich nachzufragen, wenn Tru*** gesprochen hat?

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