Es war ein leiser, aber kraftvoller Protest, getragen von Respekt, Trauer und Zorn: Zwei ehemalige US-Präsidenten und ein Rockstar verabschiedeten sich am Montag in einer emotionalen Videoschalte von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der US-Entwicklungsbehörde USAID – und kritisierten offen deren Zerschlagung durch die Trump-Regierung. Barack Obama nannte die Entscheidung ein „kolossales Versagen“. George W. Bush sprach vom Verlust eines „guten Herzens“. Und Bono, der Sänger von U2, rezitierte ein Gedicht. Nach über sechzig Jahren als eigenständige Behörde endete am Montag die Existenz von USAID – einer Institution, die Präsident John F. Kennedy einst gegründet hatte, um auf friedliche Weise Amerikas Sicherheit durch internationale Entwicklung, Wohlstand und gute Beziehungen zu fördern. Ab Dienstag wird USAID in das Außenministerium eingegliedert – auf Anordnung von Außenminister Marco Rubio. Der neue Name des Nachfolgeprogramms: „America First“. In einer Videokonferenz wandten sich Obama, Bush und Bono an Tausende Beschäftigte. Viele von ihnen wurden in den vergangenen Monaten schlagartig entlassen – ohne Vorwarnung, per Massen-E-Mail, aus Systemen ausgesperrt, aus Büros entfernt. Ihre Arbeit, ihre Karrieren, ihre Lebensaufgabe: aufgelöst mit einem Federstrich. Was blieb, war Fassungslosigkeit. Und nun, an diesem letzten Tag, auch Trost.
Obama, der sich während Trumps zweiter Amtszeit weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, wurde ungewöhnlich deutlich. „Ihre Arbeit hat Bedeutung gehabt und wird noch Generationen lang Bedeutung haben“, sagte er den verbliebenen und ehemaligen Mitarbeitenden. Dann folgte der zentrale Satz: „USAID zu zerschlagen, ist eine Travestie – und eine Tragödie. Denn es ist eine der wichtigsten Arbeiten, die irgendwo auf der Welt getan werden.“ Obama lobte die Behörde nicht nur als Lebensretterin, sondern auch als Motor globalen Wachstums: Viele Länder, die einst Empfänger von Entwicklungshilfe waren, seien heute Handelspartner der Vereinigten Staaten. „Früher oder später“, sagte er, „werden Verantwortliche auf beiden Seiten des politischen Spektrums erkennen, wie sehr wir Sie brauchen.“ Auch George W. Bush wandte sich per Videobotschaft an das Personal – und erinnerte dabei an eines der zentralen Programme seiner Präsidentschaft: PEPFAR, die Initiative zur Bekämpfung von HIV und AIDS, der weltweit über 25 Millionen gerettete Leben zugeschrieben werden. „Sie haben durch ihre Arbeit Amerikas wahre Stärke gezeigt – ihr gutes Herz“, sagte Bush. „Liegt es in unserem nationalen Interesse, dass 25 Millionen Menschen, die sonst gestorben wären, jetzt leben? Ich denke schon. Und Sie auch.“ Unter den Redner:innen waren auch internationale Stimmen – ehemalige Präsident:innen wie Ellen Johnson-Sirleaf aus Liberia und Juan Manuel Santos aus Kolumbien, sowie die frühere UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Eine ehemalige Flüchtlingshelferin berichtete unter Tränen, wie sie als achtjähriges Mädchen in einem Camp für liberianische Kinder zum ersten Mal USAID-Mitarbeiter gesehen habe – mit Nahrung, Fürsorge, Hoffnung. Ein Vertreter des Welternährungsprogramms, sichtlich bewegt, versprach der Gemeinschaft: „Die US-Hilfsmission wird eines Tages zurückkehren.“
Und dann kam Bono. Sonnenbrille, Käppi, ein Hauch von Ironie – doch der Auftritt des Sängers war alles andere als ein Gag. „Geheimagenten der internationalen Entwicklung“, nannte er die USAID-Beschäftigten augenzwinkernd. Dann wurde er ernst. Sehr ernst. Er sprach von sterbenden Kindern, von Hunger, Krankheit, Verzweiflung – all das werde nun zunehmen, weil die USA ihre Programme kürzen. Dann las er ein selbst verfasstes Gedicht. Eine Hommage an jene, die ihr Leben in den Dienst des Helfens gestellt haben – und eine Anklage gegen jene, die sie nun diffamieren. „Sie nannten euch Verbrecher. Dabei wart ihr die Besten von uns“, sagte Bono. Und schloss mit einem Versprechen: dass die Idee von USAID weiterleben werde, in Menschen, in Taten, in Erinnerung. Trump hatte die Behörde in seiner zweiten Amtszeit regelmäßig attackiert – als „linksextrem“, „korrupt“ und „unnütz“. Sein milliardenschwerer Verbündeter Elon Musk ging noch weiter: Er nannte USAID eine „kriminelle Organisation“. Beide hatten maßgeblich daran mitgewirkt, die Behörde zu entmachten. Am Dienstag wird das Außenministerium ein neues Konzept vorstellen – „America First“, so heißt das Nachfolgeprogramm, soll „jeden Steuerdollar auf nationale Interessen ausrichten“, wie es in der Ankündigung heißt. Von den Prinzipien internationaler Solidarität ist darin keine Rede mehr. USAID war über Jahrzehnte hinweg ein Symbol für ein Amerika, das mehr war als Macht – ein Amerika, das sich verantwortlich fühlte für das Leben anderer. Es finanzierte Wasserzugänge in Trockengebieten, verteilte Lebensmittel in Kriegszonen, förderte Impfungen, Bildung, Demokratie, Landwirtschaft. Es war unvollkommen. Aber es war da. Und es war wichtig. Jetzt ist es Geschichte. Was bleibt, ist ein Versprechen. Und die Tränen derer, die einmal seine Stimme waren.
