Manchmal wird Geschichte nicht geschrieben, sondern herbeigebellt. Am Samstag war es wieder so weit. JD Vance, Vizepräsident der Vereinigten Staaten und passionierter Sprachrohrvirtuose der neuen Rechte, griff zur Feder – oder besser: zum Smartphone – und offenbarte der Welt, was bisher nur als geheime Offenbarung im Inneren eines MAGA-Huts vermutet wurde. Donald J. Trump, so Vance, sei der größte Retter schwarzer Leben in der Geschichte Amerikas. Kein Scherz. Kein Zitat aus einem alternativen „Simpsons“-Universum. Sondern ein offizielles Statement auf X, direkt adressiert an den Kolumnisten Jamelle Bouie. Amen. Man stelle sich das kurz bildlich vor: Rosa Parks steht auf, um Trump ihren Platz im Bus zu überlassen. Martin Luther King ruft in seinem berühmten Traum: „Ich habe einen Deal!“ Malcolm X wird von ICE verhaftet, aber rechtzeitig von Eric Trump freigekauft. Und während Frederick Douglass irgendwo applaudiert – weil, laut Trump, „he’s getting recognized more and more“ – schwingt Vance die rhetorische Gießkanne und überzieht die Realität mit einer Schicht aus dickflüssigem Zynismus. Was steckt hinter dieser grotesken Liturgie der Umdeutung? Vielleicht ist JD Vance nur ein verlorener Prophet, der in den dampfenden Katakomben des RNC-Retreats von Los Angeles eine Vision hatte: Ein goldener Trump, der mit ausgestreckten Händen Hurricane Katrina stoppt, George Floyd wiederbelebt und jeden zweiten Rapper in Mar-a-Lago tauft. Vielleicht aber ist es auch einfach das, was es ist – der Versuch, das Undenkbare sagbar zu machen. Die Umkehr der politischen Gravitation. Der Aufstieg des Gaslighters zum Heiligen.
Denn natürlich hat Trump schwarze Leben gerettet. Indem er sie vorher entrechtet, entwürdigt und kriminalisiert hat. Er hat das Justizministerium gegen schwarze Bürgerrechtsorganisationen in Stellung gebracht, den Voting Rights Act geschwächt, Schulen in benachteiligten Communities das Wasser abgegraben – aber hey, er hat Kanye West zum Abendessen eingeladen. Und laut JD Vance reicht das offenbar für den Eintrag in den Heiligenkalender der weißen Erlöserfigur. Die Rhetorik ist nicht neu, aber sie ist bezeichnend. Sie folgt der alten Technik aller Sektenführer: Umdeutung, Entgrenzung, Enthistorisierung. Was zählt, ist nicht die Wirklichkeit, sondern die Inszenierung. Die schwarze Bevölkerung wird nicht als Subjekt betrachtet, sondern als Kulisse – als Schachfigur im Spiel um moralische Deutungshoheit. Und Vance? Der bleibt der gut frisierte Hofprediger, der vor jeder Kamera das Neue Testament des Trumpismus verliest: „Und siehe, der König tat Großes. Und das Volk war verwirrt.“ Vielleicht war Vance einfach nur betrunken vom Weihrauch der eigenen Macht. Vielleicht testet er auch nur, wie tief sich die Öffentlichkeit noch beugen lässt, bevor sie aufschreit. Doch je öfter solche Sätze unkommentiert durchrutschen, desto weiter verzieht sich das Fenster des Sagbaren. Aus einer Lüge wird eine These. Aus einer These ein Talking Point. Und aus einem Talking Point ein Lehrbuchtext in der „Patriotic Education Initiative“, die Trumps Kultusministerium bald aufsetzen dürfte.
Am Ende bleibt nur ein bitteres Fazit: JD Vance spricht nicht über schwarze Leben. Er spricht über weiße Macht. Über deren Selbstbild, deren Legenden, deren Immunität gegen Scham. Er spricht über die Bereitschaft, Geschichte in ein Kostüm zu zwängen, das der eigenen Partei passt – auch wenn dafür die Wirklichkeit erstickt werden muss. Und während draußen Polizeisirenen heulen und Kinder in Käfigen schlafen, verkündet der Vizepräsident der Vereinigten Staaten die frohe Botschaft vom Retter Trump.
Es ist einfach erschreckend, was täglich von dieser sog. Regierung in die Welt posaunt wird. Wieso stoppt die keiner, oder widerspricht zumindest deutlich (Obama, etc!). Armes Amiland, aber vielleicht wollen es ja viele dort nicht anders??!! War ja bei Hitler am
Anfang auch so.. 🙁
…das hätten wir uns alle niemals träumen lassen, was hier los ist
1933 gab es doch schon einmal.
Die weißen „Herrenmenschen“ stehen über allen Anderen. Furchtbar.
Und was das 12 Jahre Lang in Europa bedeutet, wissen wir Alle nur zu gut.
12 lange Jahre und nur eine Allianz aus starten Demokratien konnte das im 2. Weltkrieg beenden.
Aber wer soll die USA aufhalten?
Bisher umgarnen die Staatsmänner Tr**** unverändert. Besonders peinlich auffällig Rutte.