Willkommen in der Bananenrepublik America – ein Kommentar zur Demontage rechtsstaatlicher Sicherungen

VonRainer Hofmann

Juni 27, 2025

Man könnte fast meinen, die USA wollten endgültig beweisen, dass selbst Demokratien mit Verfassung, Supreme Court und Checks and Balances irgendwann zur Karikatur ihrer selbst verkommen können. Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, landesweite einstweilige Verfügungen künftig zu verbieten, ist genau das geschehen: Ein zentrales Schutzinstrument gegen autoritäre Exzesse wird entsorgt – nicht aus juristischer Notwendigkeit, sondern als politisches Geschenk an einen Präsidenten, der es mit Menschenrechten bekanntlich nicht so genau nimmt. Was da als „juristische Korrektur“ verkauft wird, ist in Wahrheit eine Generalvollmacht für die Exekutive – ein Wunschzettel Trumps, verpackt in Roben. Fortan darf jeder rechte Bezirksrichter eine liberale Reform lokal aufhalten – aber kein progressiver Richter mehr verhindern, dass landesweit Millionen Menschen entrechtet werden. Willkommen in der verfassungswidrigen Einbahnstraße.

Und während der Präsident das Urteil triumphierend als „gigantisch“ feiert – als wäre es ein neues Trump-Tower-Bauprojekt – bleibt eine der zentralen Fragen unserer Zeit weiter offen: Darf man einem Kind, das auf US-Boden geboren wurde, die Staatsbürgerschaft verweigern, weil seine Eltern die falschen Papiere haben? In zivilisierten Rechtsordnungen wäre das nicht einmal diskutabel. In den Vereinigten Staaten des Jahres 2025 hingegen ist es ein juristisches „vielleicht“. Die konservative Mehrheit des Gerichts liefert keine Klarheit, sondern Spielraum. Spielraum für Abschottung, Entrechtung und eine Politik, die sich nicht mehr am Recht, sondern am Ressentiment orientiert. Es ist ein weiteres Kapitel im Abstieg eines Landes, das einst mit Stolz behauptete, die „Wiege der Freiheit“ zu sein. Heute wirkt es eher wie ein schlecht geführtes Grenzregime mit Atombombe.

Dass am selben Tag auch über Pornoschutzgesetze, religiöse Elternrechte und die Finanzierung von Schul-WLAN entschieden wurde, soll wohl den Anschein juristischer Ausgewogenheit wahren. Doch die Schlagrichtung ist eindeutig: Mehr Kontrolle für den Staat, weniger Schutz für die Schwachen. Was bleibt, ist das Bild einer Demokratie, die unter Applaus ihrer Institutionen ihre Fesseln abstreift – nicht um freier zu sein, sondern um rücksichtsloser zu regieren. Und ein Präsident, der nach jeder Zerschlagung von Rechtsstaatlichkeit nicht erschrickt, sondern Beifall heischt. Wer jetzt noch vom „amerikanischen Traum“ redet, sollte sich fragen, ob es nicht längst ein kafkaesker Alptraum geworden ist – nur eben mit Fast Food, FOX News und Flaggenpatriotismus.

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