Erst kam das Einlenken, dann der Rückschlag: Als Donald Trump vergangene Woche eine Pause bei den umstrittenen ICE-Razzien in Farmen, Hotels und Restaurants verkündete, atmeten viele Unternehmer:innen kurz auf. Doch schon wenige Tage später folgte die Kehrtwende. Das Heimatschutzministerium kündigte an, es werde „keine sicheren Häfen für Branchen geben, die Straftäter beherbergen“. Die Folge: Neue Razzien, neue Unsicherheit, neue Ausfälle. Arbeitskräfte bleiben zu Hause oder verschwinden ganz. In Kalifornien, Texas, New Mexico und Washington berichten Arbeitgeber von ausgedünnten Schichten, gestörten Lieferketten und wachsender Angst. Manche reden von Belagerung, andere von Willkür. In Wahrheit ist es ein Schock, der das Rückgrat der amerikanischen Wirtschaft trifft – die migrantische Arbeitskraft.
Dabei geht es längst nicht nur um Einzelschicksale. Die wirtschaftlichen Schäden lassen sich in Milliarden beziffern. Ernteverluste, weil Felder unbestellt bleiben. Umsatzverluste, weil Köche und Reinigungskräfte fehlen. Milchwirtschaften berichten, dass Kühe nicht mehr regelmäßig gemolken werden können – mit verheerenden Folgen für Tierwohl und Produktion. Die Neueinschulung von Personal verschlingt Millionen, jede Woche. Erste konservative Schätzungen zeigen: Allein die direkten Ernte- und Produktionsverluste belaufen sich auf 1,5 bis 2,5 Milliarden Dollar monatlich. Die Umsatzausfälle im Gastgewerbe: 2,5 bis 3 Milliarden. Hinzu kommen bis zu 1,2 Milliarden an Rekrutierungskosten, bis zu 1,5 Milliarden in Logistik und Infrastruktur – und ein langfristiger Standortverlust, der sich laut Ökonomen auf 80 bis 200 Milliarden jährlich belaufen könnte. Auch der Tourismussektor meldet massive Einbrüche: Laut aktuellen Zahlen der U.S. Travel Association könnten die USA allein durch ausbleibende Beschäftigte in Hotels, Freizeitparks und bei Fluglinien weitere 1,3 bis 1,6 Milliarden Dollar pro Monat verlieren. Zusammengerechnet ergibt sich ein monatlicher Gesamtschaden von mindestens 7 bis 9 Milliarden Dollar. Gleichzeitig warnt die Tourismusbranche: Bis zu 260.000 Arbeitsplätze könnten in dieser Schlüsselbranche verloren gehen – mit Langzeitfolgen für ganze Regionen.
Was ursprünglich als politisches Signal an seine Basis gedacht war, droht Trump nun wirtschaftlich zu entgleiten. ICE-Beamte stehen mit Sturmgewehren auf Rinderfarmen, Köch:innen fliehen aus Küchen, Erntehelfer meiden ganze Landstriche. Selbst legale Migrant:innen fürchten mittlerweile, bei der Arbeit verhaftet zu werden. Der wirtschaftliche Preis für diese Strategie der Angst ist gewaltig – und wird mit jedem Tag höher. Sollte Trump an diesem Kurs festhalten, könnten die USA in eine Rezession schlittern, die sie sich selbst eingebrockt haben. Ökonom:innen warnen schon jetzt: Die Schäden werden Jahre brauchen, um sich zu erholen – wenn überhaupt. Laut aktuellen Prognosen liegt das Wachstum der US-Wirtschaft derzeit bei lediglich 0,2 bis 0,3 Prozent – während Länder wie Nordkorea trotz Isolation ein Wachstum von bis zu 2 Prozent verzeichnen. Hinzu kommt: In wenigen Wochen steht die nächste Haushaltssitzung im Kongress an. Sollte Trump weiterhin Milliarden für ICE-Razzien, Abschiebeflüge und Gefängnisausbau einplanen, könnten auch moderate Republikaner und Demokraten im Senat die Zustimmung verweigern. Der politische Konflikt um das Haushaltsbudget ist damit vorprogrammiert – und könnte zu einem weiteren wirtschaftlichen Risiko werden.