Während in Kanada die G7-Staaten über die drohende Eskalation im Nahen Osten ringen, während Diplomaten um Worte ringen und Generäle über Flugrouten debattieren, gibt es einen Ort, an dem sich die tektonischen Verschiebungen der Weltpolitik auf wundersame Weise verflüchtigen: der Rasen des Weißen Hauses. Denn dort, zwischen akkurat geschnittenem Gras und marmorner Fassade, ereignet sich dieser Tage ein Schauspiel, das wie kaum ein anderes die Prioritäten des derzeitigen US-Präsidenten offenbart.
Donald Trump, 47. Präsident der Vereinigten Staaten, lässt keine Zweifel daran, was ihm inmitten globaler Krisen wirklich am Herzen liegt: die Errichtung zweier gigantischer Fahnenmasten, direkt vor der Kulisse des Regierungssitzes. Ein Kran ragt in den grauen Himmel, Bauarbeiter stemmen sich gegen das Metall, während drinnen im Oval Office vermutlich jemand die Farben abstimmt. Aufnahmen zeigen das ganze Ausmaß der Aktion – minutiös, majestätisch und für Trump von tiefer symbolischer Bedeutung. „Ein Geschenk von mir“, hatte er erklärt. „Etwas, das diesem großartigen Ort immer gefehlt hat.“
Man könnte meinen, es gehe um eine neue nukleare Abrüstungsinitiative oder eine Initiative gegen den Klimawandel. Doch nein – es geht um die Monumentalisierung des Ichs. Während hunderttausende Menschen aus Kriegszonen evakuiert werden, während Diplomaten vor einer neuen Eskalation im Golf warnen, feilt der Präsident an der vertikalen Erweiterung seines Egos. Es ist eine Inszenierung, wie sie nur ein Mann vollbringen kann, der glaubt, Geschichte werde in Fuß und Zoll geschrieben. Zwei Masten, größer als die Sorgen der Welt.
Dass diese Szenerie ausgerechnet jetzt Realität wird – inmitten von Trumps öffentlich geäußerter Drohung gegenüber dem Iran und der Abreise vom G7-Gipfel – ist kein Zufall. Sie ist Ausdruck einer Präsidentschaft, die sich nicht an der Größe ihrer Taten, sondern an der Höhe ihrer Symbole misst. Während andere Staaten über Frieden verhandeln, setzt Trump auf Aluminium, Flaggengröße und Kamerawinkel. Die Welt mag brennen – doch am Ende zählt für ihn nur: Wie hoch weht die Fahne über dem Rasen?