Es ist ein Moment, der fast zu absurd scheint, um real zu sein: Das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten debattiert nicht über Krieg oder Frieden, nicht über Inflation oder Bildung, sondern über Elmo. Über Big Bird, den in Deutschland als Bibo bekannten gelben Vogel der Sesamstraße. Und über die Frage, ob eine Nation, die sich als führend in Technologie und Freiheit begreift, ihre öffentlich-rechtlichen Medien noch braucht. Mit knapper Mehrheit beschlossen die Republikaner am Donnerstag massive Kürzungen im Rahmen der von Elon Musk mitkonzipierten DOGE-Agenda. 9,4 Milliarden US-Dollar sollen gestrichen werden – darunter allein eine Milliarde für PBS und NPR, die tragenden Säulen des amerikanischen Bildungs- und Informationsfernsehens. Programme wie „Sesame Street“, die seit 1969 Kinder generationsübergreifend geprägt haben, stehen plötzlich zur Disposition. Nicht, weil sie irrelevant wären. Sondern weil sie ideologisch nicht ins Weltbild der neuen Rechten passen.
Was wie eine Haushaltssanierung verkauft wird, ist in Wahrheit ein Angriff auf das kulturelle Gedächtnis einer Nation. Wer Big Bird streicht, streicht nicht nur ein Fernsehprogramm – sondern ein Stück kollektiver Kindheit, das Werte wie Vielfalt, Neugier und Mitgefühl vermittelt hat. Und wer glaubt, es gehe hier nur um Budgetzahlen, der übersieht die Symbolik: Trump, Musk und ihre Verbündeten legen die Axt an eine Institution, die sich ihrem Deutungsmonopol entzieht.
Der Präsident ließ keinen Zweifel daran, dass es ihm nicht um Effizienz, sondern um Abrechnung geht. „PBS und NPR sind eine Katastrophe der radikalen Linken“, schrieb Trump. Das Echo war laut, aber nicht geschlossen: Einige republikanische Abgeordnete stimmten dagegen, darunter Mark Amodei, der warnte, dass man so den Menschen in ländlichen Regionen „den Zugang zur Welt“ nehme. Und dann stand da Hakeem Jeffries, Oppositionsführer im Repräsentantenhaus, mit einer Elmo-Puppe in der Hand – und hielt eine Rede, die zwischen Absurdität und Tragik oszillierte. Nein, es ging nicht nur um Puppen. Es ging um das, was diese Puppen für viele bedeuten: eine Kindheit, in der Information nicht verkauft, sondern geteilt wurde. Eine Zeit, in der Medien noch als Brücke dienten, nicht als Keule.
Es ist ein Kulturkampf, geführt mit Zahlenkolonnen – aber gemeint ist das Herz der Gesellschaft. Und wieder einmal sind es die Schwächsten, die dabei übersehen werden: Kinder, die nicht wählen können, aber zuschauen müssen, wie ihr Fenster zur Welt geschlossen wird. Big Bird hat keine Lobby. Doch sein Verschwinden sagt mehr über den Zustand der Demokratie aus als jede Haushaltsdebatte.
