Er wünschte frohe Weihnachten und meinte Krieg

VonRainer Hofmann

Dezember 25, 2025

Donald Trump saß an Heiligabend nicht am Kamin, sondern an seinem bevorzugten Altar: Truth Social. Während andere Lichter anzündeten, zündete er Worte. Ein Weihnachtsgruß, 101 Wörter lang, randvoll mit Groll, Selbstmitleid und dem festen Glauben, dass das Christkind parteipolitisch abstimmt. „Frohe Weihnachten“, schrieb er, und man wusste sofort: Jetzt wird es ungemütlich. Adressiert wurden nicht Familie, Freunde oder auch nur das amerikanische Volk, sondern „radikale linke Abschaumwesen“, die angeblich pausenlos damit beschäftigt seien, das Land zu zerstören – bislang allerdings mit mäßigem Erfolg, wie Trump großzügig einräumte. Weihnachten als Lagebericht. Der Stern von Bethlehem als roter Alarmknopf.

Das Wachstum von 4,3% ist real, aber es steht nicht für Entwarnung. Die Inflation liegt wieder höher als in den letzten beiden Jahren, der Leitzins wurde gerade erst gesenkt, weil die Notenbank eine Abkühlung erwartet, nicht weil alles stabil läuft. Die Zölle wirken dabei nicht als Stärke, sondern als Belastung: Sie treiben Preise, verunsichern Lieferketten und haben der Landwirtschaft bereits Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe eingebracht, die nur mit staatlichen Ausgleichszahlungen minimal abgefedert wurden. Gleichzeitig nimmt der Druck auf den Arbeitsmarkt zu, mit weiterem Stellenabbau in mehreren Branchen. Wer daraus einen Beweis für die Überlegenheit rechter Wirtschaftspolitik ableitet, verwechselt kurzfristige Kennzahlen mit struktureller Entwicklung.

Es ist diese eigentümliche Fähigkeit, selbst ein Fest der Versöhnung in eine persönliche Abrechnung zu verwandeln. Während Kinder an Santa glauben, glaubt Trump an sich. Während andere Frieden wünschen, plant er Krieg gegen alles und jeden, der nicht bei eins auf dem Baum ist. Gegen Biden, gegen Obama, gegen alle, die jemals etwas entschieden haben, ohne ihn zu fragen. Der Ort passt. Mar-a-Lago, Palmen statt Tannen, Gold statt Stil. Trump telefoniert mit Kindern über den Weihnachtsmann und schreibt gleichzeitig Texte, bei denen selbst der Grinch erröten würde. NORAD (hochmoderne militärische Frühwarnzentrale) verfolgt Santa, Trump verfolgt Feindbilder.

Es ist kein schlechter Tag. Es ist das Ritual. Weihnachten kommt, Trump kommt mit. Und bringt statt Geschenken alte Rechnungen mit. Die Botschaft ist klar: Selbst die Geburt Christi überlebt nur knapp zwischen Großbuchstaben und archivierte Kränkung in Endlagerqualität.

Frohe Weihnachten. Und falls nicht: Schuld sind immer die anderen.

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Muras R.
Muras R.
9 Stunden zuvor

Er, das Donny Miesmuffel, wird es wohl in diesem Leben nicht mehr merken 🤷‍♀️
Also frohe Weihnachten Euch allen, trotz und alledem 😌

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