Wolodymyr Selenskyj machte in Kiew unmissverständlich deutlich, dass der überarbeitete Friedensentwurf aus Washington weiterhin jene Forderung enthält, die sein Land niemals akzeptieren wird: den Rückzug aus dem Donbas. Anders formuliert – die USA schlagen einen Kompromiss vor, der für die Ukraine keiner wäre. Selenskyj erklärte, das Gebiet, das Kiew bis heute hält, solle nach amerikanischer Vorstellung zu einer „freien Wirtschaftszone“ werden, ohne ukrainische oder russische Truppen, während Russland in den besetzten Teilen bleiben dürfte. Gleichzeitig blieb offen, wer dieses Gebiet eigentlich verwalten soll. Für Selenskyj ist klar, dass ein solches Modell die Macht des Angreifers festschreibt und die Ukraine bestraft, obwohl sie das überfallene Land ist. „Wenn ihr von einem Kompromiss sprecht, dann müsst ihr einen fairen Kompromiss anbieten“, sagte er.

Der ukrainische Vorschlag, den Kiew gemeinsam mit europäischen Partnern erarbeitet hat, liegt mittlerweile in Washington. Darin sind zwei Punkte zentral: Sicherheit und klare Linien. Die Ukraine fordert Garantien, die rechtlich bindend sind und nur mit Zustimmung des US-Kongresses bestehen können. Ohne diese Garantien sei kein Abkommen möglich, nicht nach einem Krieg, der seit fast vier Jahren gezeigt hat, wie schnell Russland wieder zuschlagen kann. Der Kreml verlangt weiterhin, dass die Ukraine riesige Gebiete aufgibt, ihre Armee schrumpft und auf Distanz zur NATO bleibt – alles Punkte, die das Land wehrlos machen würden.

Nach Angaben Selenskyjs habe Russland lediglich minimale Rückzüge in einigen Regionen angeboten – in Dnipro, Charkiw und Sumy. Gleichzeitig will Moskau die Frontlinien in Saporischschja und Cherson einfrieren. Die Ukraine hingegen fordert, dass die gesamte Frontlinie im Fall eines Waffenstillstands stabilisiert wird, einschließlich des Donbas. Jede Entscheidung über territoriale Zugeständnisse müsste den Bürgerinnen und Bürgern vorgelegt werden – durch Wahlen oder ein Referendum. Dafür braucht es Sicherheit, und die gibt es derzeit nicht.
Während Kiew an seiner Position festhält, versuchen europäische Staaten, Trump von einem Friedensmodell abzubringen, das Russland bevorzugt. Friedrich Merz bestätigte, dass europäische und ukrainische Unterhändler dem Weißen Haus ein eigenes Konzept zugesandt haben. Der Anruf zwischen Trump, Merz, Macron und Starmer wurde als „hart“ beschrieben; Trump selbst sprach von „ziemlich deutlichen Worten“. Noch offener klang seine Ungeduld: Man wolle nicht „Zeit verschwenden“, sagte er. „Manchmal muss man Leute kämpfen lassen.“ Ein Satz, der viel über das Denken im Weißen Haus verrät – und wenig über die Realität eines Krieges mit Zehntausenden Toten. Starmer leitete kurz zuvor eine Videokonferenz mit über 25 Staaten, die nach einem möglichen Abkommen beim Wiederaufbau helfen wollen. Die Teilnehmenden betonten, dass dies ein entscheidender Moment sei – für die Ukraine, aber auch für die Sicherheit Europas. Im Zentrum stand die Frage, ob eingefrorene russische Vermögen zur Finanzierung genutzt werden können. Parallel verhandelte Selenskyj mit amerikanischen Regierungsvertretern und Wirtschaftsakteuren über einen Wiederaufbauplan. Anwesend waren unter anderem US-Finanzminister Scott Bessent, Jared Kushner sowie BlackRock-Chef Larry Fink. Selenskyj machte in seiner Videobotschaft danach klar: „Wenn es Sicherheit gibt, folgt alles andere.“

Während Diplomatie und Druck ineinander greifen, verschärft sich die Lage an der Front. Russland versucht, seine Position durch Angriffe entlang der gesamten Linie zu stärken. Pokrowsk, seit Monaten umkämpft, steht kurz vor der vollständigen Einnahme. In der Nacht griff Russland erneut die ukrainische Energieinfrastruktur an; zugleich flogen ukrainische Drohnen Angriffe auf russisches Gebiet. Das russische Verteidigungsministerium meldete den Abschuss von über 280 Drohnen, darunter viele, die auf Moskau zusteuerten. Alle vier Flughäfen der Hauptstadt mussten für Stunden schließen.
Merz, Starmer, Macron – und ein Trump, der nicht erscheinen will
Karoline Leavitt über Präsident Trumps Frustration im Russland-Ukraine-Krieg. ES IST ZEIT, DASS ER ENDET! – „Er ist es LEID, Meetings nur um der Meetings willen. Er will KEIN weiteres GEREDE … Er will TATEN! Er will, dass der Krieg EIN ENDE hat!“ (Jeder weiss wieso – Anmerkung der Redaktion)
Europa drängt auf ein Treffen in Paris, doch Trump hält sich zurück. Er will erst kommen, wenn „echte Chancen“ bestünden, während das Weiße Haus über den angeblich schleppenden Verlauf der Gespräche klagt. Kiew verweigert weiterhin jede Abgabe von Land im Donbas, auch dort, wo Russland nie Fuß gefasst hat. Selenskyj versucht, die eigene Position zu sichern, ohne Washington völlig vor den Kopf zu stoßen. Europa steht enger denn je, um ein Ergebnis zu verhindern, das seine Sicherheit untergräbt. Und ein Präsident in Washington wirkt zunehmend genervt von einer Realität, die sich nicht seinem Tempo beugen will. Selenskyj trifft eine Koalition von über 30 Staaten, während Washington auf schnelle Zugeständnisse drängt. Europa warnt vor einem Frieden, der nur zukünftige Angriffe einlädt. Kiew will ein Abkommen, aber nicht um den Preis der eigenen Gebiete. Trump wirkt zunehmend frustriert, weil die Realität nicht seiner Dramaturgie folgt. Europa rückt enger zusammen, um Kiew Rückhalt zu geben, während Russland keinerlei Bewegung zeigt. Die Gespräche werden zum Meilenstein, wer am Ende den Kurs der Ukraine bestimmt – Kiew oder Washington.
Trump spricht offen über seine Frustration und erklärt, er sei „sick of meetings“. Während Europa auf Diplomatie setzt, verlangt das Weiße Haus schnelle Unterschriften statt langsamer Annäherung. Selenskyj versucht, Trumps Druck auszugleichen, ohne seine eigene Position zu zerstören. Moskau zeigt keinerlei Bewegung, was das ganze Konstrukt noch fragiler macht. Die öffentliche Ungeduld aus Washington wird zur politischen Waffe. Gleichzeitig wächst der Eindruck, dass Trump die Geduld mit einem Krieg verliert, den er nicht einmal oberflächlich versteht. Eine Welt, die auf mühsame Sicherheit angewiesen ist, erlebt einen Präsidenten, der auf Tempo drückt wie in einem Wahlkampf.
Außenminister Sergej Lawrow erklärte, Russland habe „keinen Zeitplan“ für ein Kriegsende. Andere mögen über Frühling oder 2026 spekulieren, sagte er, „wir beschäftigen uns nicht damit“. Ein Satz, der deutlich zeigt, wie sehr Moskau den Zeitpunkt eines Waffenstillstands als politischen Hebel sieht – und wie klar für Kiew damit ist, weshalb die aktuellen amerikanischen Ideen nicht ausreichen.
Die Gespräche gehen weiter und der Krieg auch.
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