Ein Friedensplan aus Hinterzimmern – und nun bestätigt das Weiße Haus die gemeinsame US–Russland-Architektur

VonRainer Hofmann

November 24, 2025

Die Wahrheit lag seit Wochen auf dem Tisch, doch das Weiße Haus tat alles, um sie kleinzureden. Jetzt hat ausgerechnet jene Sprecherin, die sonst jedes Wort kontrolliert, den entscheidenden Satz gesagt – und damit unsere Recherchen bestätigt, die viele bislang für zu heikel hielten. Karoline Leavitt erklärte vor laufenden Kameras, Rubio, er sollte sich endlich auf eine finale Version festlegen, und Witkoff hätten in Genf den „28-Punkte-Plan der Vereinigten Staaten durchgehen können – mit Beiträgen sowohl von der russischen Seite als auch von der ukrainischen Seite“. Ein Versprecher, der keiner war. Ein Moment, der die Fassade zerreißt. Und ein unfreiwilliges Eingeständnis, dass der Friedensentwurf, der die Ukraine aufgeben lässt, was sie nicht verlieren will, nicht allein in Washington entstand, sondern in direkter Abstimmung mit Moskau.

All das bestätigt die Recherchen, die wir bereits im Oktober begonnen haben – genauer am 16. Oktober, jenem Tag, an dem die Gebühren für die Bearbeitung des Aufenthaltsstatus ukrainischer Geflüchteter abrupt um 1.000 Dollar pro Person angehoben wurden, zusätzlich zu den bisherigen Kosten von 580 bis 630 Dollar. Seitdem geraten in den USA fast 200.000 Menschen in eine Lage, die sich von Woche zu Woche dramatischer zuspitzt. Denn: Noch nicht einmal 2.000 Anträge wurden überhaupt bearbeitet. Auf unseren Schreibtischen stapeln sich die Fälle, und immer deutlicher wird, dass hier eine humanitäre Krise heranwächst, die niemand auffangen kann. Die Begründung der Gebührenerhöhung lies uns aufhorchen: „Eine zu erwartende Verbesserung der Situation in der Ukraine“.

Viele dieser Menschen kamen über humanitäre Programme ins Land, arbeiten, zahlen Steuern, haben ihre Kinder in amerikanischen Schulen angemeldet und versuchen, sich ein Leben aufzubauen. Jetzt erfahren sie, dass ihr Aufenthaltsstatus ins Rutschen gerät – nicht wegen eigener Fehler, sondern wegen politischer Entscheidungen, die sie über Nacht angreifbar gemacht haben. Arbeitsgenehmigungen laufen aus, Verlängerungen bleiben monatelang liegen oder werden ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt. Beratungsstellen berichten von Betroffenen, die unverschuldet in einen Zustand geraten, der alles infrage stellt: ihre Jobs, ihre Wohnungen, die Sicherheit ihrer Kinder.

Leavitt: Gestern waren Rubio und Witkoff in Genf, und sie konnten den 28-Punkte-Friedensplan durchgehen, den die Vereinigten Staaten vorgelegt haben – mit Beiträgen sowohl von der russischen Seite als auch von der ukrainischen Seite. Sie konnten die Punkte wirklich feinjustieren. Jetzt gibt es nur noch ein paar Punkte, über die unsere Teams weiter verhandeln. (24.November 2025)

Diese Aussage fügt sich nahtlos in das Bild, das wir seit Wochen rekonstruieren. Schon im März sprach Steven Witkoff in der Sendung von Tucker Carlson erstaunlich offen über seine Begegnungen mit Putin. Carlson fragte ihn: „Was halten Sie von Putin?“ – und Witkoff antwortete: „Ich mochte ihn. Ich fand, er war offen zu mir… Ich sehe ihn nicht als schlechten Menschen.“ Damals wirkte das wie eine Randbemerkung. Heute markiert sie einen Wendepunkt. Denn nun ist klar: Ein Mann, der Putin öffentlich in Schutz nimmt und keinerlei außenpolitische Erfahrung hat, war in Genf an genau jenen Texten beteiligt, über die Europa seit Tagen diskutiert. Während Moskau so tut, als hätte es den überarbeiteten Entwurf nie offiziell erhalten, spielt der Kreml sein gewohntes Spiel: Er entscheidet selbst, wann ein Dokument als Grundlage gilt. Doch in Putins eigenen Aussagen tauchten bereits jene Punkte auf, die später im 28-Punkte-Paket standen. Auch das deckt sich mit dem, was wir recherchiert hatten: Russland war nicht Beobachter, sondern Mitautor.

„Der umstrittene Friedensplan“ – Die 28 Punkte wurden in Genf auf 19 Punkte beschränkt, wobei noch nicht klar ist, ob Punkte zusammengefasst wurden.

Dass Witkoff überhaupt Teil der Delegation wurde, bleibt eines der großen politischen Rätsel dieser Tage. Weder amerikanische Leitmedien noch konservative Sender stellen diese Frage. Dass heute ausgerechnet Leavitts Formulierung unsere Recherchen bestätigt, zeigt, wie weit die Realität dem öffentlichen Bild voraus ist. Die Regierung ließ einen Immobilienunternehmer und engen Trump-Vertrauten an Verhandlungstischen sitzen, an denen über Grenzen, Sicherheitsgarantien und territoriale Abtretungen gesprochen wird – ohne Mandat, ohne Erfahrung, ohne demokratische Kontrolle.

Leavitts weiterer Kommentar machte deutlich, wie weit dieser Plan bereits abgestimmt ist. Sie sprach von „nur noch wenigen Streitpunkten“. Das heißt im Klartext: Der Großteil des Pakets wurde zwischen Washington und Moskau bereits vorverhandelt. Die Ukraine darf nur noch an Details drehen. Und das unter dem Druck eines Präsidenten, der Selenskyj am Wochenende „null Dankbarkeit“ vorwarf. Leavitt erklärte zudem, Trump sei ein „Friedenspräsident“, die USA könnten „nicht für immer Waffen liefern“. Diese Kombination wirkt wie ein Ultimatum: Entweder Kiew akzeptiert diesen Plan, oder Washington dreht den Hahn zu. Dass dieser Druck nun mit einem Plan gekoppelt wird, den Russland klar bevorzugt, ist kein Zufall, sondern Strategie.

Damit steht jetzt entgültig fest: Der 28-Punkte-Plan ist kein unabhängiger Vorschlag des Westens. Es ist ein Entwurf, der zwischen zwei Präsidenten abgestimmt wurde – über den Kopf der Ukraine hinweg. Und die Sprecherin des Weißen Hauses hat den entscheidenden Satz geliefert, der diese Wahrheit sichtbar macht. Für Europa bedeutet das eine Zäsur. Für die Ukraine bedeutet es, dass ihre Zukunft in Gesprächen verhandelt wurde, an denen sie nur am Rand beteiligt war. Und für die Öffentlichkeit bedeutet es, dass nun offen ist, was bislang nur im Schatten zirkulierte: Die USA und Russland haben diesen Plan gemeinsam konstruiert.

Dass Witkoff Putin „offen“ fand und „nicht als schlechten Menschen“ bezeichnete, war nie nur eine persönliche Einschätzung. Es war ein Blick in das politische Umfeld, das diesen Friedensplan ermöglicht hat. Und es erklärt, weshalb ein einziger Satz von Karoline Leavitt reicht, um das gesamte Bild neu zu ordnen – und um zu bestätigen, was unsere Recherchen seit Tagen klar zeigen: Dieser Friedensentwurf trägt zwei Handschriften. Und keine davon stammt aus Kiew.

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