Donald Trump hat den zweiten Anlauf seiner Präsidentschaft mit großen Worten begonnen: weniger Weltpolitik, mehr bezahlbares Leben, Jobs zuerst für Amerikaner. Doch in den vergangenen Monaten hat sich eine andere Realität durchgesetzt. Während die Regierung im längsten Shutdown der US-Geschichte feststeckte, tafelte Trump mit Milliardären, zeigte ausgerechnet in dieser Krise Pläne für einen goldenen Ballsaal und sprach über mögliche Einladungen nach Davos, als wäre die politische Elite nicht genau jenes Milieu, gegen das er einst wetterte. Gleichzeitig genehmigte er einen milliardenschweren Rettungsschirm für Argentinien, unterstützte Visa für hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte und erklärte, Amerikaner verfügten nicht über bestimmte „Talente“ – ein Satz, der seine eigene Basis schockierte.

Inmitten dieser Spannungen landet das Thema, das Trump am liebsten verschwinden ließe: seine Verbindung zu Jeffrey Epstein. Die Veröffentlichung neuer E-Mails hat ausgerechnet jene erzürnt, die jahrelang Transparenz forderten und nun sehen, dass Trump plötzlich gegen weitere Offenlegung bremst. Für viele Republikaner ist es ein Wendepunkt: ein Präsident, der sich selbst schützt, während er sich gleichzeitig von zentralen Wahlversprechen entfernt.

Die politische Schärfe des Moments zeigt sich nun auch im Kongress. Das Repräsentantenhaus stimmt über die Epstein-Akten ab: Eine parteiübergreifende Initiative, die das Repräsentantenhaus zu einer Abstimmung über einen Antrag zwingt, der das Justizministerium zur Veröffentlichung der Akten verpflichten würde, ist vorangekommen. Präsident Trump hat den Druck auf die republikanischen Abgeordneten deutlich erhöht, um die Abstimmung zu verhindern. Unterstützt wird der Antrag außerdem von vier republikanischen Abgeordneten: Thomas Massie (Kentucky), Marjorie Taylor Greene (Georgia), Lauren Boebert (Colorado) und Nancy Mace (South Carolina). Trump und sein Umfeld versuchen derzeit mit allen Mitteln, einzelne Republikanerinnen und Republikaner umzustimmen – denn die Mehrheit könnte kippen, und zum ersten Mal wird spürbar, dass dieser Vorgang politisch gefährlich für Trump werden kann.
Die Entfremdung zeigt sich überall. Während Lebenshaltungskosten steigen und die Republikaner jüngst bittere Wahlniederlagen hinnehmen mussten, sprach das Weiße Haus von sinkenden Lebensmittelpreisen, von 50-Jahres-Hypotheken, die keine Probleme lösen, und von Zollgeldern, aus denen angeblich 2.000-Dollar-Schecks entstehen könnten. Nichts davon ist konkret, nichts davon hilft Familien, die den Monat kaum überstehen. Selbst Steve Bannon, Architekt der frühen MAGA-Ideologie, wirft Trump inzwischen vor, sich zu sehr in Treffen mit ausländischen Staatschefs zu verlieren, während die innenpolitischen Baustellen wachsen.
Melania Trump trat bei der Unterzeichnung von Trumps Erlass zur Pflegekinderreform ans Mikrofon – und es war nicht zu übersehen: Sie wird künftig deutlich häufiger öffentlich sprechen. Im Weißen Haus weiß man längst, warum. Hinter den Kulissen herrscht Alarmstimmung, die Berater flüstern es bis in die Küche: Trump ist angeschlagen, und zwar schwer.
Dass Melania plötzlich sichtbar wird, ist kein Zufall, sondern ein politisches Notgerüst. Wenn ein Präsident wackelt, wird die First Lady zur Kulisse der Stabilität. Doch genau dieser Auftritt verriet das Gegenteil: Angst.
Die Zahlen bestätigen die Erosion. Trumps Zustimmung ist auf 33 Prozent gefallen, auch in der eigenen Partei bröckelt das Fundament. Veteranenvertreter werfen ihm vor, die Menschen, die er einst mobilisierte, nun im Stich zu lassen. Die Botschaft seines Wahlkampfs, einst wuchtig und zielgerichtet, wirkt heute wie eine Hülle, die er nach Belieben ab- und wieder anlegt. „Die Maske fällt“, sagt ein langjähriger Regierungsbeamter. „Es geht nur noch um ihn selbst.“
Trump behauptet weiterhin, er wisse besser als jeder andere, was die Bewegung wolle. Doch der Abstand zwischen seiner Selbsterzählung und dem, was seine Unterstützer tatsächlich erleben, wird größer – mit jeder Einladung zu einem Spenderdinner, jedem prunkvollen Foto aus der Renovierung des Weißen Hauses und jedem Tag, an dem das Versprechen von „America First“ nur noch eine Parole ist, die von der Wirklichkeit überrollt wurde.
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