Epstein an Bannon – die Manipulation hinter der Kavanaugh-Anhörung

VonRainer Hofmann

November 13, 2025

Es gibt Momente, in denen politische Geschichte kippt, weil jemand im Hintergrund einen Gedanken in den Raum wirft, der nicht gedacht werden sollte. Im Herbst 2018 – als die USA im Scheinwerferlicht der Bestätigungsanhörungen von Brett Kavanaugh standen und Christine Blasey Ford vor Millionen erklärte, warum sie diesen Mann für gefährlich hielt – mischte sich jemand ein, der dort nichts zu suchen hatte. Jeffrey Epstein.

Christine Blasey Ford

Brett Kavanaugh, der um einen Sitz am Supreme Court kämpfte und Christine Blasey Ford öffentlich über Kananaugh, er habe sie als Teenager sexuell angegriffen – eine Aussage, die das Land erschütterte. Kavanaugh, damals ein konservativer Bundesrichter und Favorit der Republikanischen Partei, stand kurz davor, auf Lebenszeit in das höchste Gericht der USA berufen zu werden. Ford, eine angesehene Psychologieprofessorin an der Stanford University School of Medicine, trat als Zeugin auf und stellte sich gegen einen Kandidaten, der politisch enormen Rückhalt im Trump-Lager hatte. Seit dem 6. Oktober 2018 ist Brett Kavanaugh Richter am höchsten Gericht der Vereinigten Staaten.

Seit dem 6. Oktober 2018 ist Brett Kavanaugh Richter am höchsten Gericht der Vereinigten Staaten. Sein Rechtsempfinden ist fraglich und extrem trumporientiert.

Die Belege zeigen, dass selbst für Epsteins Maßstab an Manipulation und Einflussnahme eine neue Qualität offenbart. Er schrieb Steve Bannon, Kavanaughs inoffiziellem Machtvermittler, und gab ihm einen „Rat“, der eher einer taktischen Operation glich als einer politischen Einschätzung. „Ich verschiebe meine Reise um einen Tag. Bin also noch da. Sag Burke, sie sollten Ford nach ihren Medikamenten fragen, welche Art und wie lange. Meine Vermutung ist, dass Kavanaugh sie nicht antworten lassen wird“, schrieb Epstein am 30. September 2018 um 04:41 Uhr morgens.

Die Nachrichten sind kurz, kalt und präzise. Und sie zeigt, dass Epstein nicht nur als Beobachter fungierte, sondern aktiv versuchte, den Kurs einer der entscheidendsten Anhörungen der jüngeren amerikanischen Geschichte mitzubestimmen. Nur wenige Minuten später schrieb er erneut. Diesmal nur zwei Worte: „Das ist ein Hinweis“, gefolgt von einem Link – ein Artikel über „Medikamente, die Gedächtnisverlust verursachen können“. Es war der Versuch, Christine Blasey Ford vor der gesamten Nation als psychisch beeinträchtigt darzustellen, als jemand, deren Erinnerungen nicht zuverlässig seien.

Steve Bannon

„Wenn wir die Zwischenwahlen verlieren und 2028 verlieren, werden einige in diesem Raum ins Gefängnis gehen – mich eingeschlossen.“ – Aussage Steve Bannon vom 6. November 2025. Den Artikel finden sie hier: https://kaizen-blog.org/wenn-wir-die-zwischenwahlen-verlieren-und-2028-verlieren-werden-einige-in-diesem-raum-ins-gefaengnis-gehen-mich-eingeschlossen/

Keine Stunde später verschickte Epstein wieder einen Link – diesmal zu einer Publikation aus der Fachliteratur über „false memories in social anxiety disorder“. Dann, um 06:18 Uhr, eine weitere Botschaft: „Jetzt verstehe ich es.“ Und um 06:12 Uhr: „Der Lügendetektortest wurde am selben Tag durchgeführt wie die Medikamente ihrer Mutter. Sollte man das nicht erwähnen? Zweite Medikamente?“

Was sich hier abzeichnet, ist kein beiläufiges Brainstorming. Es ist ein kalkulierter Versuch, die Glaubwürdigkeit von Christine Blasey Ford systematisch zu untergraben. Epstein suchte nach Schwachstellen, kombinierte medizinische Artikel, Pharmakologie, psychologische Studien – und lieferte sie direkt an die Machtzentren des damaligen Trump-Apparats. Die Rohform einer Kampagne, zugeschnitten auf die Zerstörung einer Frau, die nichts weiter getan hatte, als die Wahrheit über ihre Erfahrung auszusprechen. Es ist bezeichnend, dass die E-Mails so mechanisch wirken, fast wie ein Algorithmus in Menschengestalt: Link, Gedanke, Link, Mutmaßung, nächste Idee. Keine Empathie, kein Zögern, kein Bewusstsein dafür, dass hinter „Ford“ ein Mensch stand. Für Epstein war sie nur eine Variable in einem politischen Spiel, ein Hindernis auf dem Weg zur Bestätigung eines Mannes, dessen Karriere wiederum Teil eines größeren Systems war, von dem Epstein glaubte, profitieren zu können.

Jeffrey Epstein, Adriana Ross

Dass diese Nachrichten überhaupt existieren, ist ein Schlaglicht auf eine der schmutzigsten Zonen amerikanischer Machtpolitik. Kavanaugh wurde letztlich bestätigt, doch diese Akten zeigen, dass hinter den Kulissen Figuren agierten, die keinerlei demokratische Verantwortung trugen, und dass ihre Ratschläge bereitwillig aufgegriffen wurden. Der Gedanke, dass Epstein versuchte, die öffentliche Zeugenaussage von Ford mit medizinischen Unterstellungen zu entwerten, wirft ein neues Licht auf die Härte und Kälte, mit der sie damals behandelt wurde. Die Kommunikationskette zeigt aber noch etwas anderes: Epstein war überzeugt, dass seine Meinung Gewicht hatte. Dass jemand wie Bannon seine Mails liest. Dass er Einfluss hat. Und die Art, wie er diese E-Mails verfasste, verrät seinen Glauben daran, ein unsichtbarer Architekt zu sein – einer, der politische Prozesse aus dem Hintergrund lenken kann, ohne jemals sichtbar zu werden.

Der entscheidende Punkt aber ist: Diese Nachrichten sind kein politisches Randdetail. Sie zeigen, dass Epstein bereit war, in ein demokratisches Verfahren einzugreifen, das über den Charakter eines Supreme-Court-Richters entschied. Sie zeigen ein Netzwerk, das bereit war, eine Frau zu zerstören, um einen Mann zu retten. Und sie zeigen, wie tief diese Verbindung reichte: bis in den Maschinenraum konservativer Macht, dorthin, wo Entscheidungen nicht öffentlich, sondern im Schutz der Nacht getroffen werden. Vielleicht wird man eines Tages sagen, dass diese Mails das fehlende Puzzlestück waren – der Beweis dafür, dass Epstein nicht nur gesellschaftliche Kreise infiltrierte, sondern politische Prozesse. Und dass der Schaden, den er anrichtete, nicht mit seinem Tod endete, sondern in der Finsternis dieser Nachrichten weiterlebt.

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Bea Ganell
Bea Ganell
12 Stunden zuvor

Danke für diese Recherche. Sehr spannend.

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