Es gibt Nachrichten, die klingen, als hätte man sie direkt aus einer Parodie-Sendung gestohlen. Doch das ist Amerika unter Trump: Hier wird das Absurde regierungsfähig. Heimatschutzministerin Kristi Noem – ja, dieselbe, die einst lieber über Pferde, Bibel und Bison sprach, ihren Hund Cricket erschoss und das später als Charakterprüfung verkaufte – hat jetzt den „Krieg um Portland“ ausgerufen. Die Nationalgarde ist unterwegs. Morgen früh soll sie eintreffen, angeblich um „Ordnung wiederherzustellen“.
Ordnung – das klingt in Washington immer schön nach Gesetz, Flagge und Familienwerten. Das Beste aber: FOX News sendet bereits Bilder von angeblich „gefährlichen linken Elementen“, die friedlich vor dem ICE-Gebäude stehen und Schilder hochhalten. Nur kurz blendet die Kamera eine Szene ein, in der jemand scheinbar „friedlich abgeführt“ wird – nur: Er gehörte überhaupt nicht zur Protestgruppe. Unsere Recherchen zeigen, dass er wegen kurzzeitigen Drogenkonsums festgenommen wurde. Na gut, in Portland muss man offenbar wirklich gründlich suchen, bis man jemanden findet, den man verhaften kann.
Bei FOX News erklärte Noem die Maßnahme als „notwendige Sicherheitsoperation zum Schutz amerikanischer Werte“. Fast zeitgleich ein kleiner Videopost – mit komplett anderen Bildern, man muss die Zeit ja nutzen: Kein Rauch, keine Gewalt, keine „linke Bedrohung“, keine Aliens, keine Menschen, leere Straßen. Zwei Realitäten im selben Land, zwei Erzählungen in derselben Minute. Man muss ja seine Zeit nutzen – besonders, wenn die Realität gerade nicht zum Drehbuch passt.
Kristi Noem hingegen steht irgendwo in einer Kommandozentrale – oder auf einem Pferd, schwer zu sagen – und erklärt, dass „diese anarchischen Zustände“ ein direktes Eingreifen des Bundes erforderten. Wer die Ministerin kennt, ahnt, dass das Wort „anarchisch“ bei ihr alles umfasst, was nicht aus South Dakota kommt oder keine Cowboy-Stiefel trägt.
Wir haben bereits Karten der Stadt mit angefertigt: Parks, Spielplätze, Wiesen – potenzielle Einsatzorte der Nationalgarde zur Parkpflege, so wie in Washington geschehen. Offenbar plant das Heimatschutzministerium, die Ordnung der Nation Rasenfläche für Rasenfläche zurückzuerobern, wir helfen dabei. Man darf gespannt sein, wann die ersten Drohnen über Schaukeln kreisen und ob der „Freedom Command“ eine Grillzone zur „No-Go-Area“ erklärt. In Washington hat man, das ja bereits erleben dürfen.

Einige Beobachter vermuten, Noem habe sich zu lange auf FOX News verlassen. Andere sagen, sie sei schlicht zu oft vom Pferd gefallen. Wieder andere tippen auf etwas Mythologisches – vielleicht ein Werwolfbiss, der sie seither auf imaginäre Bedrohungen reagieren lässt. Das würde zumindest erklären, warum sie nachts lieber Helikopter über Portland kreisen lässt, statt über reale Sicherheitsfragen zu sprechen. Währenddessen kündigte ein Sprecher an, dass die Truppen „auf jede Lage vorbereitet“ seien. Man wolle „Stabilität schaffen“. Auf Nachfrage, was genau die Bedrohung sei, hieß es: „Menschen mit Transparenten.“
Es ist der perfekte amerikanische Moment: Eine Ministerin im Kriegsmodus, FOX News im Alarmzustand – und ein Land, das die Realität längst an die Satire verloren hat. Portland bereitet sich also auf den Sonntag vor: auf Nationalgardisten zwischen Enten und Eichhörnchen, auf FOX-Kommentatoren mit Helmen, auf Ministerin Noem in glänzender Uniform, wie sie am Stadtrand verkündet, sie habe „den Frieden wiederhergestellt“. Oder, um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: „Wir sind in Krieg“ – Nur dass niemand so genau weiß, gegen wen.
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