Alice Weidel und das Märchen von der verbotenen Antifa

Es gibt Politikerinnen, die stolpern über ihre eigenen Worte. Alice Weidel hingegen baut aus Stolperern ganze Reden und verkauft sie als Realität. Ihr neuestes Märchen: In den USA und den Niederlanden sei Antifa verboten, Viktor Orbán habe ohnehin schon die eiserne Faust erhoben – und nur in Deutschland, ach, nur hier, erhöhe die CDU dreist die Finanzierung „linksextremer Strukturen“. Wer so argumentiert, lebt nicht in der Wirklichkeit, sondern im Paralleluniversum der Hohepriesterin im Trump-Kult, Abteilung Deutschland.

Beginnen wir in den USA, wo Weidel offenbar glaubt, Trump könne per Tweet Gesetze schreiben. Fakt: Donald Trump hat nach dem Attentat auf Charlie Kirk wieder einmal die Backen aufgeblasen und Antifa zur „terroristischen Organisation“ erklärt. Juristischer Wert? Null. Es gibt dort schlicht keinen Mechanismus, um ein loses Netzwerk zu verbieten. Ergebnis: große Worte, keine Wirkung. Ein „Verbot“, das so existiert wie Trumps Steuererklärungen – nur in seiner Fantasie.

Abstecher in die Niederlande: Ja, Geert Wilders hat tatsächlich einen Antrag durchs Parlament geprügelt, Antifa zu verbieten. Klingt knackig, ist aber politisches Theater. Denn: Antifa ist keine Organisation, kein Verein mit Vorstand und Satzung. Es ist ein Label, eine Haltung, mal ein Café in Utrecht, mal ein Transparent bei einer Demo. „Kann man das verbieten?“, fragt ein niederländischer Extremismusforscher. Antwort: Nein, man weiß ja nicht einmal, was man verbieten soll. Aber für Weidel reicht schon ein Antrag als Beweis für die große Antifa-Weltverschwörung.

Und Ungarn? Da wird’s lächerlich. „Hartes Vorgehen gegen die Antifa“, tönt Weidel. Welche Antifa eigentlich? Orbán hat Opposition so gründlich plattgewalzt, dass selbst harmlose Aktivisten aufpassen müssen, was sie im Tagebuch notieren. Eine Antifa-Szene gibt es dort ungefähr so stark wie die ungarische Marine in der Nordsee. Orbán kämpft gegen Geister – und Weidel verkauft’s als Heldensaga.

Bleibt Deutschland. Hier betreibt die AfD-Chefin ihr Lieblingshandwerk: aus Fakten Fiktionen schnitzen. Das Programm „Demokratie leben!“ unterstützt Vereine, Schulen, Initiativen gegen Extremismus, Antisemitismus, Rassismus. In Weidels Logik heißt das: „linksextreme Strukturen“. Wenn ein Jugendclub über Fake News aufklärt, ist das für sie Revolutionsförderung. Wenn Schüler über Antisemitismus sprechen, ist das für sie Staatsumsturz. Und wenn Friedrich Merz, dieser wandelnde Holzbalken im Anzug, den Etat ein kleines Stück erhöht, schreit Weidel: Verrat! Das Resultat ist ein groteskes Schauspiel: ein „Antifa-Verbot“ in den USA, das nie existierte. Ein Parlamentsantrag in den Niederlanden, der praktisch nicht umsetzbar ist. Ein ungarisches Phantom, das es gar nicht gibt. Und eine CDU, die Projekte gegen Hass und Hetze fördert – was Weidel als „linksextrem“ brüllt. Wer so Politik macht, jagt Gespenster und verkauft den Keller voller Schatten als Realität.

Am Ende bleibt Alice Weidel selbst die Gespensterjägerin, die mit einer Taschenlampe durch leere Räume stolpert. Hinter jeder Wand vermutet sie eine Antifa-Zentrale, jede Tür führt für sie in die Revolution. Doch was zurückgrinst, ist immer nur das eigene Spiegelbild: eine Politikerin, die ohne Lüge nicht atmen kann, ohne Trump nicht denkt und ohne Feindbild nicht existiert. Alice Weidels Behauptungen sind ein Musterbeispiel für Fake News: In den USA existiert kein Antifa-Verbot, in den Niederlanden wurde nur ein symbolischer Antrag angenommen, in Ungarn gibt es kaum eine relevante Szene – und in Deutschland fördert das Programm „Demokratie leben!“ Projekte gegen Extremismus, nicht „linksextreme Strukturen“. Weidels Darstellung ist daher nicht nur verzerrt, sondern schlicht falsch.