Wenn der falsche Anspruch zum Programm wird!

„Ich hoffe, dass sie in den USA das tun kann, was sie für das deutsche Volk tut“ gehört dazu. Sätze, die mehr verraten als jede lange Erklärung. Nicht wegen des Gesagten, sondern wegen der Vorstellung dahinter: dass eine einzelne Influencerin zur Sprecherin eines ganzen Landes erhoben wird, als trage sie irgendeinen Auftrag in sich, den niemand je vergeben hat. Viele reagieren darauf wütend – und sie haben guten Grund dafür. Wer seit Jahren in rechten Netzwerken unterwegs ist, den Klimawandel kleinredet und sich in den USA als Gegenfigur zu Wissenschaft und Aufklärung inszeniert, spricht nicht „für das deutsche Volk“. Sie spricht für eine politische Szene, die genau davon lebt, Grenzen zu verwischen: zwischen Meinung und Auftrag, zwischen persönlicher Bühne und öffentlichem Mandat.
Dass WELT diesen Satz ohne jede Distanz verbreitet, wirkt wie ein Geschenk an jene, die Deutschland gern als homogenes Gebilde darstellen, geführt von selbsternannten „Wahrheitsboten“. Die Mehrheit dieses Landes – die Menschen, die arbeiten, zweifeln, diskutieren und sich nicht in ideologische Schema drängen lassen – taucht in solchen Sätzen nicht auf. Das macht sie aber nicht unsichtbar. Es zeigt nur, wie leichtfertig manche Medien bereit sind, Rolle und Reichweite zu verwechseln. Wer behauptet, eine Einzelperson handle für „das deutsche Volk“, sagt damit vor allem eines: dass er mit dem echten Land, mit seiner Vielfalt und seinem Alltag, wenig zu tun hat. Und genau deshalb regt es so viele auf. Nicht wegen ihr. Sondern wegen des Anspruchs, der über allem steht – und der schlicht nicht stimmt.
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