Wie man eine Nation verführt – Kapitel 5 eines amerikanischen Märchens

VonKatharina Hofmann

Juli 20, 2025

Es beginnt mit einem Satz, der ebenso banal wie bedeutungsvoll ist: „Hi, ich bin Donald Trump.“ So steht es da, schwarz auf weiß, mitten im Glanz der Modewoche von 1998, während sich im New Yorker Kit Kat Klub eine Choreografie aus Models, Kameras und Eitelkeiten entfaltet. Und mittendrin: eine junge Frau aus Slowenien, die sich aufmacht, Teil eines Mythos zu werden, der alles andere verschlingen wird.

Melania, wie sie sich später nennen lässt, ist an diesem Abend nicht auf der Suche nach einem Messias. Sie ist jetlagged, gerade aus Paris zurück, zögernd bei der Entscheidung, sich zwischen Glamour und Erschöpfung für das Erste zu entscheiden. Doch dann kommt dieser Anruf, diese Einladung – und schließlich dieses Treffen, das sich rückblickend wie eine Szene aus einem sorgfältig inszenierten Film anfühlt: Musik, Lichter, Berühmtheiten, und eine ausgestreckte Hand mit einem Satz, der seither Geschichte geschrieben hat.

Kapitel 5
„Hallo, ich bin Donald Trump.“

An einem Freitagabend im September 1998, als ich mich nach einer Wirbelwindreise nach Paris in meiner Wohnung in New York City niederließ, klingelte mein Telefon. Es war eine Freundin von mir.
„Mein Freund schmeißt morgen Abend eine Party im Kit Kat Klub“, sagte sie. „Bitte komm. Wir haben uns so lange nicht gesehen.“
„Ich bin gerade erst aus Paris zurück“, sagte ich.
„Bitte, es wird Spaß machen. Viele Leute werden da sein. Wir holen dich ab.“
Obwohl ich müde und vom Jetlag erschöpft war, mochte ich die Vorstellung, mein Wochenende mit Freunden zu verbringen.
Ich war immer wählerisch darin, wie ich meine Zeit verbringe und wohin ich meine Energie lenke. Eine große, laute Party war nicht immer meine erste Wahl für einen Samstagabend. Ich bevorzugte ein ruhiges Abendessen, einen Film oder Zeit mit engen Freunden. Auch wenn ich gesellschaftliche Anlässe nicht mied, waren solche Zusammenkünfte meist nicht mein Fall.
Ich nahm die Einladung trotzdem an – immerhin war es Fashion Week – eine Zeit des Glamours und der Raffinesse. Ich freute mich tatsächlich darauf, mit Brancheninsidern und Trendsettern ins Gespräch zu kommen.
Als ich in das elegante schwarze Taxi einstieg, das meine Freundin geschickt hatte, fühlte ich mich wie eine Berühmtheit auf dem Weg zu einer Gala. Als wir beim Kit Kat Klub ankamen, empfing uns die Energie der Menge und das grelle Licht. Drinnen summte der dunkle, überfüllte Raum vor Models, Fotografen, Redakteuren und Designern, die sich an diesem Fashion-Week-Samstagabend unter das Publikum mischten. Ich ließ mich in der VIP-Sektion an unserem Tisch nieder, wo die Atmosphäre von Stil und Kameradschaft geprägt war. Einige Gäste tanzten, andere unterhielten sich lebhaft – und wir alle genossen den Abend.
Ich sah, wie meine Freundin auf jemanden hinter mir zeigte. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich einen Mann und eine attraktive blonde Frau, die sich uns näherten.
„Hi. Ich bin Donald Trump“, sagte der Mann, als er unseren Tisch erreichte. „Schön, Sie kennenzulernen.“ Ich erkannte den Namen, und ich wusste, dass er ein Geschäftsmann oder Prominenter war, aber nicht viel mehr. Er streckte die Hand aus, um sich vorzustellen.
„Hallo“, erwiderte ich. „Ich bin Melania.“
Sein Blick war voller Neugier und Interesse, und er setzte sich zu mir, um ein Gespräch zu beginnen. Er fragte mich nach meinem Leben in New York, meiner slowenischen Herkunft und meiner Arbeit. Es war ein Moment der Verbindung, eine kurze Begegnung, die einen bleibenden Eindruck hinterließ. Ich war neugierig auf diese neue Bekanntschaft.
Weil er gut aussah und etwas zu erzählen hatte, gebe ich zu: Anfangs schätzte ich unser Gespräch als bloßen höflichen Austausch bei einer schicken Veranstaltung ein. Die Musik war laut, das Gedränge groß – es war schwer, sich wirklich zu konzentrieren.
Doch von dem Moment an, in dem unser Gespräch begann, war ich gefesselt von seinem Charme und seiner Leichtigkeit. Da war so viel Präsenz und Freude in der Art, wie er sprach, wie er sich auf mich konzentrierte – es ließ mich fühlen, als sei ich der Mittelpunkt seiner Welt. Es war eine wohltuende Abweichung vom üblichen oberflächlichen Geplänkel, und ich ertappte mich dabei, wie ich mich von seiner magnetischen Ausstrahlung angezogen fühlte.

Der Text, den sie heute auf Social Media teilt, liest sich wie eine Kreuzung aus Märchen und Marketingbroschüre: Die Beschreibung eines Mannes, dessen Blick magnetisch, dessen Interesse aufrichtig, dessen Charme unwiderstehlich sei. Es ist, als hätte Gatsby die Bühne betreten – nur in schlechterem Anzug, aber mit größerem Ego. Der Trump dieser Zeilen ist kein Immobilienhai, kein künftiger Präsident, kein Demagoge – sondern eine Projektionsfläche. Eine Begegnung, erzählt in der Sprache der Verklärung.

Doch hinter den Worten liegt ein stilles Echo. Es ist der Ton eines Landes, das sich gerne an die eigenen Märchen klammert. Die Erzählung von Melania ist kein intimes Geständnis, sondern eine kulturelle Beschwörung: der Glaube an Aufstieg, Schicksal, Macht – und an die romantische Erlösung durch Reichtum. Ihre Geschichte ist nicht privat, sondern öffentlich, nicht introspektiv, sondern emblematisch. Sie will nicht erinnern, sondern bestätigen. Nicht nachfragen, sondern glauben machen.

Und doch bleibt die Frage: Was sagt dieses Kapitel über ihn – und was über uns? Vielleicht, dass der Satz „Hallo, ich bin Donald Trump“ längst mehr ist als eine Vorstellung. Es ist ein Versprechen. Ein Warnsignal. Ein Werbeslogan. Und in einem Land, das sich zwischen Bibel, Bildschirm und Bestseller bewegt, reicht das manchmal schon.

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Irgendwie kann ich nicht anders, als mich tot zu lachen.

Diese Beschreibung klingt, als ob sie sich das selber oft genug vorgelogen hat.

Wie kann man wohltuende Gesprächen mit einem Mann führen, der kaum einen Clarence Satz Herausforderungen bekommt?
Der das geistige Niveau eines 3. Klässlers hat.

Was sagt das auch über Melania aus?
Geld ist der treibende Faktor.
Sie genießt ihr priviligiertes Leben ohne Moral und Anstand.

Ehrlich gesagt ist mir Angst und Bange, was für ein Mensch deren Sohn Barron ist und was da noch kommt.
Die Saat des Hasses muss in ihm ja noch viel tiefer stecken, als in den anderen Kindern.
Die schon erwachsen waren, als die Radikalisierung extrem wurde.

Laura Kirchner
Laura Kirchner
3 Monate zuvor

Tja, eine Frau im selbst gewählten goldenen Käfig…
Möglich, dass er zunächst charmant war und dass sie erst später hinter die Maske dieses Narzissten blicken konnte, aber sie bleibt trotz allem an seiner Seite und trägt alles mit.
Am ehesten erinnert mich ihre Rolle noch an die von Eva Braun.

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