„Wenn wir die Zwischenwahlen verlieren und 2028 verlieren, werden einige in diesem Raum ins Gefängnis gehen – mich eingeschlossen.“

VonRainer Hofmann

November 7, 2025

Washington – Es gibt Sätze, die sind keine Analyse, sondern ein Geständnis. Steve Bannon sprach ihn mit dieser eigentümlichen Mischung aus Trotz und Schicksalsergebenheit, die seine Auftritte so unheilvoll wirken lässt. Auf der Bühne der Conservative Partnership Academy in Washington, am Rednerpult mit der goldenen Aufschrift „The 2025 Bellator Awards“, stand der ehemalige Chefstratege Donald Trumps vor einem Saal voller Gleichgesinnter und sprach einen Satz, der in seiner Ehrlichkeit die ganze Wahrheit über diese Bewegung offenbart. Wenn sie verlieren, gehen sie ins Gefängnis. Einige jedenfalls. Er eingeschlossen.

Bannon auf der Bühne der Conservative Partnership Academy am 6. November 2025

Das Publikum schwieg für einen Moment. Vielleicht, weil sie wussten, dass es nicht bloß eine rhetorische Zuspitzung war. Bannon, die graue Eminenz der nationalistischen Rechten, weiß, wie dünn die Linie ist zwischen politischer Macht und juristischer Verwundbarkeit. Er selbst wurde bereits wegen Missachtung des Kongresses verurteilt, wartet auf den Antritt seiner Haftstrafe und steht in New York wegen Betrugs erneut vor Gericht. Doch anstatt Reue zu zeigen, inszeniert er sich als Märtyrer – als Prophet eines Systems, das er selbst zersetzt hat.

Die Bühne, vor der er stand, wirkte wie ein Symbol seiner eigenen Ideologie: goldene Ränder, schwarze Schrift, römische Helme. „Bellator“, der Kämpfer. Eine Feier der Selbstverklärung, ein Orden für jene, die sich als Krieger einer angeblich bedrohten Zivilisation sehen. In Wahrheit war es eine Versammlung derer, die aus der Politik ein Machtspiel ohne Regeln gemacht haben – und die jetzt, da sich die Regeln wieder melden, die Justiz als Feindbild brauchen.

Bannon weiß, dass die Angst vor dem Gefängnis in seinem Lager ein politisches Werkzeug geworden ist. Trump selbst hat sie kultiviert, als warnendes Schreckgespenst und Mobilisierungsmittel zugleich. „Wenn sie mich treffen, treffen sie euch“, sagte der Präsident immer wieder. Bannon dreht diesen Satz nur um: Wenn sie uns verlieren lassen, werden sie uns bestrafen. Das ist keine politische Strategie, sondern eine Drohung gegen die Demokratie – und ein Eingeständnis, dass die Macht längst nicht mehr als Auftrag verstanden wird, sondern als Schutzschild vor der Verantwortung.

Was Bannon in Washington sagte, ist deshalb mehr als nur eine Momentaufnahme. Es ist das Selbstbild einer Bewegung, die sich in ihrem eigenen Mythos eingesperrt hat. Der Mann, der einst versprach, das Establishment zu zerstören, steht jetzt auf einer Bühne, die aussieht wie ein Mausoleum seiner eigenen Revolte. Seine Worte hallen wie das Echo eines endlosen Krieges gegen die Realität – eines Krieges, den sie nicht mehr gewinnen können, ohne sich selbst zu verlieren.

Und doch liegt in dieser Szene eine Wahrheit, die sich nicht leugnen lässt: Der Kampf, den Bannon beschwört, ist keiner zwischen Gut und Böse, nicht einmal zwischen Links und Rechts. Es ist ein Kampf um Straflosigkeit. Um das Recht, ungestraft zu bleiben. Und wer so kämpft, hat längst verloren – egal, wie viele Preise er sich selbst verleiht.

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Carmen Strehler
Carmen Strehler
7 Stunden zuvor

Dort gehören sie auch alle hin. Danke für den Bericht.

Helga M.
Helga M.
6 Stunden zuvor
Hoffentlich, und lebenslänglich.
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