Die Kälte über Lexington, Nebraska, kommt in diesem Winter nicht vom Wetter. Sie kommt von der Gewissheit, dass am 20. Januar 2026 etwas endet, das diese Stadt über Jahrzehnte getragen hat. Das Rindfleischwerk von Tyson Foods schließt. 3.200 Menschen verlieren ihre Arbeit. In einer Stadt mit rund 11.000 Einwohnern ist das kein gewöhnlicher Stellenabbau, sondern ein Einschnitt, der alles erfasst: Familien, Schulen, kleine Geschäfte, Kirchen, die Zukunft.
Zur Geschichte von Tyson Foods
Tyson Foods wurde 1935 von John W. Tyson im US-Bundesstaat Arkansas gegründet. Das Unternehmen begann als kleiner regionaler Betrieb für den Transport von Geflügel und wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg schrittweise zu einem großen Verarbeiter von Hähnchenfleisch heran. In den folgenden Jahrzehnten expandierte Tyson stark durch Übernahmen und baute sein Geschäft auf Rind- und Schweinefleisch aus. Einen entscheidenden Wachstumsschub brachte die Übernahme von IBP im Jahr 2001, damals der größte Rindfleischverarbeiter der USA, wodurch Tyson zum größten Fleischproduzenten des Landes aufstieg. Heute ist Tyson Foods eines der weltweit größten Lebensmittelunternehmen, beliefert Supermärkte, Gastronomie und Großabnehmer und beschäftigt hunderttausende Menschen, vor allem in den USA.
Am Standort Lexington im Bundesstaat Nebraska endet diese Geschichte am 20. Januar 2026: An diesem Tag schließt Tyson Foods das dortige Rindfleischwerk nach mehr als drei Jahrzehnten endgültig.
Nach der Messe in der St.-Ann-Kirche sitzen die Menschen im Gemeindesaal auf Klappstühlen. Man sieht ihnen die Anspannung an, noch bevor jemand spricht. Alejandra Gutierrez sagt, was viele fühlen: Plötzlich ist die Arbeit weg, und mit ihr zieht sich das Leben zusammen. Sie gehört zu den Beschäftigten des Werks, das für tausende Familien Sicherheit bedeutete. Häuser wurden gekauft, Kinder großgezogen, Studienpläne gemacht. Jetzt stehen Rechnungen im Raum, für die bald kein Einkommen mehr da ist. Kurz vor Thanksgiving besuchte Gutierrez mit ihrer Tochter einen College-Campus. Dort erfuhr sie von der Schließung. Ihre Tochter sagte, sie wolle nicht mehr studieren. Woher solle das Geld kommen.
Die Folgen reichen weit über die Werkstore hinaus. Ökonomen rechnen damit, dass insgesamt bis zu 7.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten, in Lexington und den umliegenden Counties. Restaurants, Friseure, Lebensmittelgeschäfte, Tankstellen – sie alle leben von den Schichten des Werks. Allein die Tyson-Beschäftigten verlieren jährlich rund 241 Millionen Dollar an Löhnen und Zusatzleistungen. Für eine Kleinstadt ist das eine Erschütterung, wie man sie sonst nur aus alten Industrieregionen kennt.

Tyson begründet die Schließung mit einer schrumpfenden Rinderherde in den USA und hohen Verlusten im Rindfleischgeschäft. Das klingt nach Marktlogik und Unternehmensrechnung. Tatsächlich ist diese Lage politisch mitverursacht. Die Agrar- und Handelspolitik unter Donald Trump setzte auf Zölle, Handelskonflikte und kurzfristige Effekte statt auf verlässliche Rahmenbedingungen. Exportmärkte wurden unsicher, Kosten stiegen, langfristige Planung wurde schwieriger. Für Konzerne mag das eine Rechenfrage sein. Für Lexington ist es ein Bruch im Alltag. Siehe dazu unsere investigative Recherche vom 21. Oktober 2025: „Wie Trump Amerikas Rinderzüchter gegen sich aufbringt – Eine investigative und bedrückende Recherche“

Hier war das Werk mehr als ein Arbeitgeber. Es war der Grund, warum Menschen kamen und blieben. Der Grund, warum eine Stadt im Herzen der Great Plains wuchs, vielfältig wurde, lebendig. Lexington liegt fast genau in der Mitte der Vereinigten Staaten, leicht zu übersehen von der Interstate 80. Doch das Werk war nicht zu übersehen. Dampfwolken, Schichtwechsel, ein Rhythmus, der den Tag bestimmte. Wer hierherkam, fand Arbeit. Viele kamen aus Kalifornien, aus Mexiko, aus Afrika, aus Mittelamerika. Sie sprachen anfangs kaum Englisch, hatten oft keinen Schulabschluss, und bauten sich dennoch ein Leben auf.

Überzeugte Demokratin und Wählerin: Lizeth Yanes
Lizeth Yanes war eine von ihnen. Anfangs nannte sie Lexington eine Geisterstadt. Später wurde es Heimat. Jetzt muss sie gehen, gerade jetzt, sagt sie, wo sie diesen Ort wirklich liebt. Im Werk fühlt sich die Stimmung an wie bei einer Beerdigung. Bis zu 5.000 Rinder am Tag werden dort verarbeitet, und doch ist alles von Abschied geprägt. Arab Adan, ein Einwanderer aus Kenia, sitzt mit seinen Söhnen im Auto und weiß nicht, in welchen Bundesstaat sie als Nächstes ziehen werden. Das Schuljahr sollen die Kinder noch hier beenden. Danach ist alles offen. Fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in Lexington hat ein Elternteil, das bei Tyson arbeitet. Die Schulen sind stolz auf ihre Abschlüsse, auf ihre Vielfalt, auf ihre große Marching Band. Wenn Familien gehen, bleiben Plätze leer. Weniger Kinder bedeuten weniger Lehrerstellen, weniger Angebote, weniger Halt. Was hier verloren geht, lässt sich nicht schnell ersetzen.

Nach der Messe sammeln die Gläubigen Geld für Familien in Not, obwohl sie selbst bald ohne Arbeit sind. Francisco Antonio sagt, es gehe nicht nur um den Job. Es gehe um Zuhause. Wenn es hier keine neue Arbeit gebe, werde Lexington verschwinden. In den Restaurants der Stadt sitzen die Tyson-Arbeiter noch, füllen die Tische, lachen gedämpft. Armando Martinez, Besitzer eines mexikanischen Lokals nahe dem Werk, kennt die Gesichter seit Jahren. Sein Enkel sagte einmal, er wolle später bei Tyson arbeiten. Nun sprechen die Kinder in der Schule darüber, wohin ihre Familien ziehen werden. Viele weinen.

Martinez weiß, dass sein Restaurant schließen muss, wenn die Gäste ausbleiben. Er ist krank, braucht Dialyse, hat ein amputiertes Bein. Weggehen ist für ihn kaum möglich. Er hofft, dass Tyson umdenkt. Er weiß, dass es unwahrscheinlich ist. Die Stadt hofft, dass das Werk verkauft wird, dass jemand Neues kommt. Doch das dauert, wenn es überhaupt gelingt. Umbauten, Verhandlungen, Unsicherheit. Niemand kann garantieren, dass wieder tausende Arbeitsplätze entstehen.

Maria Dolores Perez, links und ihr Ehemann Armando Martinez, rechts, sind am Boden zerstört
Auf dem Messegelände beraten staatliche Stellen die Menschen. Umschulungen, Bewerbungen, Arbeitslosengeld. Die Gesichter sind ernst, wie nach einer schlechten Diagnose. Viele der älteren Arbeiter sprechen kaum Englisch, sind nicht mit Computern vertraut. Sie haben ihr ganzes Leben hier gearbeitet. Jetzt sollen sie neu anfangen. „Sie wollen nur noch Junge“, sagt einer, der seit 25 Jahren im Werk ist. Andere haben etwas gespart, manche denken daran, vorübergehend nach Mexiko zurückzugehen. Einen klaren Plan hat kaum jemand.

Staatliche Stellen beraten die Menschen zu Umschulungen, Bewerbungen, Arbeitslosengeld
Am Ende bleibt eine einfache Wahrheit. Lexington war ein Ort, an dem das amerikanische Versprechen für viele greifbar wurde: Arbeit, Sicherheit, Aufstieg. Mit der Schließung des Werks steht dieses Versprechen auf dem Spiel, in Häusern, Schulen, Familien. Wenn ein Werk schließt, endet nicht nur eine Produktion. Es endet ein Leben, das sich über Jahrzehnte aufgebaut hat – und der Preis dafür wird nicht in Bilanzen bezahlt, sondern von einer ganzen Stadt. Und der Grund dafür heißt: Donald Trump!
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Es ist eschütternd wie ein ungesunder Mann ein ganzes Land wirtschaftlich vernichten kann, seine Heimat!
schockierend, es ist einfach schockierend
Es ist natürlich immer schlecht, wenn eine Region nur von einem Arbeitgeber lebt, ist er weg, egal warum, dann stirbt der Ort.
Man bekommt ja kaum was mit hier in D, was so alles, vorallem eher im kleinem, übers Land verstreut, alles durch Trump kaputt geht. Aber das viele Kleine, wird halt wohl immer schneller zu etwas großem und wird das Land und die Menschen kaputt machen. Da werden dann auch keine neuen, riesigen Kriegsschiffe was nutzen.
Es wird der Tag kommen, da wird man auf Trump und seine Bagage spucken.