Weidel blamiert sich erneut: Warum Flüchtlinge nicht schuld an steigenden Krankenkassenbeiträgen sind

VonRainer Hofmann

Juni 22, 2025

Die Behauptung, Geflüchtete würden das deutsche Gesundheitssystem in die Krise stürzen, hält sich hartnäckig – besonders in AfD-Kreisen. Auch auf X (ehemals Twitter) wiederholte sie diese Linie am 20. Juni 2025 in drastischen Worten: Längst überfälliger und von der AfD seit langem geforderter Schritt. Aber es reicht nicht: Die Masseneinwanderung in unsere Sozialsysteme muss endlich gestoppt werden oder es droht der baldige Kollaps. Sozialstaat und offene Grenzen schließen sich aus!

Doch Weidels Darstellung ist nicht nur populistisch, sondern schlicht falsch – denn Flüchtlinge sind gar nicht regulär in der gesetzlichen Krankenkasse versichert.

Wie werden Flüchtlinge medizinisch versorgt?

Für Geflüchtete gelten in Deutschland besondere Regelungen. Ihre medizinische Versorgung wird nicht über die gesetzliche Krankenversicherung abgewickelt, sondern über das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Dieses Gesetz legt fest, dass Asylsuchende Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung haben – darunter:

Behandlung akuter Erkrankungen
Versorgung bei Schwangerschaft und Geburt
Notwendige Impfungen

Doch anders als normale Versicherte zahlen Geflüchtete keine Beiträge an eine Krankenkasse – sie sind keine Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar erhalten sie nach einer gewissen Wartezeit eine Krankenkassenkarte, doch die Kosten übernimmt nicht die Krankenkasse selbst, sondern die Sozialämter der Kommunen. Das bedeutet auch: Flüchtlinge zahlen nicht in die Pflege- oder Rentenversicherung ein und haben daher keinen Anspruch auf diese Leistungen. Lediglich einige Gruppen – etwa Kinder, Auszubildende oder Geflüchtete aus der Ukraine – erhalten über das Bürgergeld direkten Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem kann es laut dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) in einzelnen Bundesländern Sonderregelungen geben, wenn die jeweiligen Landesregierungen entsprechende Vereinbarungen mit den Krankenkassen treffen.

Warum steigen die Krankenkassenbeiträge wirklich?

Die These, dass Geflüchtete für steigende Krankenkassenbeiträge verantwortlich seien, ist nicht haltbar. Die Krankenkassen selbst nennen völlig andere Gründe für die finanziellen Engpässe:

Aufgebrauchte Rücklagen: Unter Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mussten die Krankenkassen ihre Reserven auflösen, um eine Beitragserhöhung in seiner Amtszeit zu vermeiden. Unterfinanzierte Sozialleistungen: Die Krankenkassen erhalten zu wenig Steuergelder für die medizinische Versorgung von Bürgergeld-Empfängern und Rentnern.

Krankenhausreform: Die Reform ist mit Beginn 2025 rechtskräftig und befindet sich im stufenweisen Rollout bis 2029. Sie wird zur Hälfte aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert – was rechtlich und politisch umstritten ist. Rechtliche Schritte gegen die Finanzierung via GKV-Beiträgen laufen noch – eine endgültige Klarheit darüber steht aus.

Tatsächlich tragen arbeitende Migranten sogar zur Stabilisierung der Krankenkassen bei. Da viele von ihnen in den Arbeitsmarkt integriert sind und reguläre Beiträge zahlen, entlasten sie das System eher, als dass sie es belasten.

Ein populistisches Märchen

Alice Weidels Behauptung, Flüchtlinge seien der Hauptgrund für steigende Krankenkassenbeiträge, ist nicht nur falsch, sondern ein bewusster Versuch, Ressentiments zu schüren. Die wirklichen Ursachen liegen in politischen Entscheidungen und strukturellen Finanzproblemen des Gesundheitssystems. Die Fakten sind klar: Flüchtlinge sind nicht regulär gesetzlich versichert, zahlen keine Krankenkassenbeiträge – und sind daher auch nicht für steigende Beiträge verantwortlich.

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