Verlorenes Vertrauen – Wie Trumps Einreiseverbot arabischstämmige Wähler in Michigan entfremdet

VonTamzee Zadah

Juni 12, 2025

Dearborn, Michigan – eine Stadt, in der fast jeder zweite Mensch arabische Wurzeln hat. Noch im November 2024 galt sie als Symbol einer vorsichtigen Annäherung: Donald Trump, auf Wahlkampftour in einem örtlichen Café, versprach Frieden im Nahen Osten und erhielt dafür überraschend viele Stimmen aus der arabisch-amerikanischen Community. Zum ersten Mal seit 2000 gewann ein Republikaner diese Stadt.

Doch nur ein halbes Jahr später ist von dieser Hoffnung kaum etwas übrig. Der Grund: ein neues Einreiseverbot, das Trump Anfang Juni unterzeichnete. Es betrifft Bürger aus zwölf Ländern – darunter Iran, Sudan, Somalia und vor allem: Jemen. Für viele in Dearborn, insbesondere jemenitische Amerikaner, fühlt sich diese Entscheidung wie ein Verrat an.

„Das ist der Dank für eine Gemeinschaft, die ihn unterstützt hat?“, fragt Aktivist Wali Altahif. Viele seiner Landsleute hatten Trump gewählt, in der Hoffnung auf ein Ende des Kriegs im Jemen. Heute erleben sie, wie sie erneut ausgegrenzt werden – von einem Präsidenten, dem sie vertraut hatten. Auch Rasheed Alnozili, Herausgeber der Yemeni American News, warnt vor den Folgen: Das Verbot stigmatisiere Muslime und fördere Islamfeindlichkeit. Es treffe Familien, deren Mitglieder seit Jahren auf Visa warten. Altahif berichtet, dass es fünf Jahre dauerte, bis seine Frau aus dem Jemen einreisen durfte. Jetzt, so fürchtet er, sei so etwas kaum mehr möglich.

Die Angst geht weiter: Viele mit US-Staatsbürgerschaft oder Green Card überlegen, ob sie überhaupt noch verreisen sollen – aus Furcht, bei der Rückkehr schikaniert zu werden. Bürgerrechtsanwalt Amir Makled spricht von einer Atmosphäre, die stark an das berüchtigte Muslim Ban aus Trumps erster Amtszeit erinnere. Selbst Pilgerfahrten nach Mekka werden abgesagt – aus Angst. Doch nicht nur Trump steht in der Kritik. Die Unterstützung der Biden-Regierung für Israels Offensive in Gaza hat viele Arabischstämmige enttäuscht. Die Folge: eine massive Entfremdung von beiden großen Parteien. Manche sprechen bereits von einer dritten Option. Osama Siblani, Herausgeber der Arab American News, sieht darin kein Randphänomen: „In unserer Community wächst das Bedürfnis, unabhängig zu wählen.“

Was in Michigan geschieht, könnte über die politische Zukunft des Landes entscheiden. 2026 stehen Gouverneurs- und Senatswahlen an. Ein paar tausend Stimmen könnten genügen, um das Kräfteverhältnis in Washington zu verschieben. Doch viele in Dearborn stellen heute die Frage: Wer hört uns noch zu? Und wann wird aus amerikanischer Staatsbürgerschaft endlich auch politische Zugehörigkeit?

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x