Unter den Klängen von Star Wars – Charlie Kirk-Anhänger in Portland abgeführt

VonRainer Hofmann

Oktober 4, 2025

Es gibt Bilder, die man für Satire halten würde, wären sie nicht real. In Portland, jener Stadt, die einst für Protestkultur, Kreativität und progressive Werte stand, führten Polizisten am Freitagabend einen Mann in Handschellen ab – zu den Klängen der Star Wars-Musik. Der Mann trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Freedom“, hatte in ein Megafon gerufen, dass er hinter ICE und „Amerika“ stehe, und wurde verhaftet, während um ihn herum rechte und linke Gruppen schrien, filmten und sich gegenseitig beschuldigten, den Untergang des Landes zu verkörpern.

Schauen sie das gesamte Video – Es lohnt sich, wie mehr und mehr der MAGA-Kommentator ausflippt

Was auf den ersten Blick wie ein groteskes Straßentheater wirkt, ist längst ein Symptom einer tiefen politischen Krankheit. Die Demonstrationen vor dem ICE-Gebäude im Süden der Stadt sind zu einer Art Freiluftlabor für Amerikas Selbstzerstörung geworden – einer Bühne, auf der sich die Mythen und Parolen der Trump-Ära mit der alltäglichen Realität urbaner Polizeiarbeit mischen. Zwischen Tränengas, Handys und Bibelzitaten verläuft keine klare Grenze mehr zwischen Ordnung, Glauben und Wahn.

Der verhaftete Mann heißt Thomas Wayne Allen, ein junger Anhänger der Bewegung, die sich selbst als „MAGA Patriots of Oregon“ bezeichnet. Bilder zeigen ihn, wie er in den Stunden zuvor mit anderen jungen Männern am ICE-Gelände stand – einige in „Charlie Kirk Freedom“-Shirts, andere mit Bibelversen auf den Armen. Sie riefen Slogans gegen „Antifa“, schworen „Jesus is Lord“ und sahen sich als Erben jener Generation, die nach dem Attentat auf Charlie Kirk zu einer Art heiligen Märtyrerkult geworden ist. In den Online-Foren der Bewegung wird Allen bereits als „Patriot“ bezeichnet, der „von der Polizei im Namen des Bösen verschleppt“ worden sei.

David Medina, leuchtender Stern am MAGA-Himmel, mit stolzer Berichterstattung

Die Realität ist, wie so oft, komplizierter. Die Polizei spricht von „disorderly conduct“ – also öffentlicher Störung –, doch der Kontext lässt die Szene wie eine Parabel auf den Zustand der amerikanischen Gesellschaft wirken. Während Beamte Gegendemonstranten mit Schildern und Flaschen konfrontieren, schützen sie gleichzeitig die Zufahrten des ICE-Komplexes, an dem Kinder in Handschellen und Erwachsene in Ketten eingeliefert werden. In dieser Atmosphäre der Verrohung wirkt jede Geste, jede Verhaftung politisch – und genau das macht die Lage so brisant.

Dass Polizisten den jungen MAGA-Mann unter den triumphalen Klängen von John Williams’ Star Wars-Fanfare abführten, wirkt wie eine ungewollte Karikatur. Es ist ein Moment, in dem das Reale ins Absurde kippt, in dem sich die amerikanische Popkultur selbst in ihrer dunkelsten Form spiegelt: Helden und Bösewichte, Gut und Böse, Lichtschwerter und Schlagstöcke, Freiheit und Zwang – alles verschwimmt zu einem grotesken Ritual der Identität.

Doch das Entscheidende ist nicht die Musik, sondern das Publikum. Tausende sahen den Moment live auf X (vormals Twitter), geteilt von den Accounts „REAL AMERICA`S VOICE“ und „MAGA Voice“. In den Kommentaren feierten Nutzer den Verhafteten als „Soldaten Gottes“, verfluchten die Polizei von Portland als „Handlanger des Antichristen“ und forderten, den „National Guard zu schicken“. So wird jede lokale Polizeiszene zur nationalen Erzählung aufgeblasen, jeder Einsatz zum Beweis dafür, dass die USA im Krieg mit sich selbst stehen.

Portland ist längst kein Einzelfall mehr, sondern ein Spiegelbild. Eine Stadt, in der jede Straßenecke zum ideologischen Schlachtfeld geworden ist – ICE gegen Portland Police und Sanctuary, Patriot gegen Antifa, Christ gegen „Woke“. Wer hier verhaftet wird, wird nicht einfach abgeführt, sondern in einen Mythos eingewoben. Ein Mythos, der Millionen von Klicks erzeugt, Wut monetarisiert und eine Bewegung nährt, die ihre Stärke aus dem Opfergefühl zieht.

MAGA-Anhänger

Dass die Polizei in dieser Nacht den Mann mit dem Megafon abführte, während andere ungehindert „Death to ICE“ schrien, passt ins verwirrende Muster eines Landes, das längst nicht mehr weiß, wo Ordnung endet und politisches Theater beginnt. Alles wird gefilmt, alles kommentiert, alles verzerrt. Zwischen „Freedom“-Shirts und Bibelzitaten entsteht ein bizarres Tableau aus Patriotismus, Opferinszenierung und religiöser Überhöhung – und über allem dröhnt die Musik aus einem Film, der einst von der Hoffnung auf eine bessere Galaxis erzählte.

Was bleibt, ist das Bild eines Landes, das sich selbst parodiert. Einer Polizei, die im Versuch, Neutralität zu wahren, zur Projektionsfläche beider Extreme wird. Und einer Generation, die ihre Heldengeschichten nicht mehr in Büchern sucht, sondern in viralen Clips, die zwischen Pathos, Gewalt und Popmusik oszillieren. Unter den Klängen von Star Wars wurde in Portland kein Held geboren, sondern ein weiterer Schattenriss der amerikanischen Gegenwart. Ein Symbol dafür, wie tief das Land im Konflikt zwischen Mythos und Realität gefangen ist – und wie laut der Soundtrack sein kann, wenn die Demokratie zu taumeln beginnt.

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Ela Gatto
Ela Gatto
12 Stunden zuvor

Trump und seine MAGA erreichen, was geplant ist.

In friedlichen Städte Chaos säaen und Gewalt forcieren.
Das Herausforderungen beschwören, was bisher nur in Trumps Kopf existiert.
Eine „vom Krieg verwüstete Stadt“.

Seine Legitimation weitere Nationalgardisten und ggf auch das Militär gegen die Antifa und innländische Terroristen einzusetzen.
Seine Gegner in demokratischen Staaten zu diffamieren und mundtot zu machen.

Alles außerhalb von Project 2025 auszulöschen.
White rich supremacy first. 🤮

Das 4. Reich …

Ela Gatto
Ela Gatto
11 Stunden zuvor

Was noch auffällt.
MAGA: quasi nur weiße Kerle bis maximal 30 Jahre
Nicht-Maga: Frauen, Männer jeden Alters und jeder „colour“.

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