Trumps neue Lieblingsfeinde – Seine eigenen Fans

VonRainer Hofmann

Juli 16, 2025

Es ist ein bizarrer Moment in der Geschichte politischer Selbstverleugnung: Donald J. Trump, gefeierter Märtyrer der Wahrheit, Apostel der Alternativen Fakten und Anführer der „Great Unmasking“-Bewegung, kehrt sich gegen genau jene, die ihn einst auf Händen trugen – weil sie es wagen, Fragen zu stellen. Die Epstein-Akten? Ein demokratischer Trick. Kritik daran? „Bullshit.“ Wer trotzdem Zweifel äußert, ist ein „PAST supporter“ – also ein Ex-Fan, den er öffentlich verstoßen will. Ein Präsident, der seine Jünger exkommuniziert, weil sie an das glauben, was er ihnen einst als Evangelium verkaufte.

Und während Trump im digitalen Altarraum seines Social-Media-Kontos seine neue Glaubensdoktrin verkündet, läuft im Hintergrund die politische Messe weiter: Ein handverlesener Kreis republikanischer Abgeordneter wird im Oval Office mit einem Entwurf zur Entlassung von Jerome Powell konfrontiert – ganz so, als sei die US-Notenbank eine Reality-TV-Show, in der der Präsident „You’re fired!“ ruft, wenn die Zinsen nicht tanzen. Es ist ein Kabinett der Eitelkeiten: Während Europa um Handelsabkommen fleht, während Indonesien eine Zoll-Kapitulation mit 19 % Aufschlag als „fairen Deal“ verkauft und während Mike Huckabee als Botschafter der Lächerlichkeit beim Korruptionsprozess Netanyahus auftaucht, jongliert Trump mit Skandalen, als wären sie Jonglierkeulen bei einer Zirkusnummer in Flammen.

Aber die größte Glanznummer kommt noch: die Abschiebungspremiere in die Monarchie Eswatini, dem vielleicht unbekanntesten Königreich der Welt, das jetzt unfreiwillig zum neuen Deportationsziel der amerikanischen Abschreckungspolitik geworden ist. Fünf Migranten – aus Vietnam, Jamaika, Laos, dem Jemen und Kuba – wurden auf einen Flug gesetzt, weil Trump unbedingt beweisen wollte, dass „Third-Country-Deportation“ kein juristischer Albtraum ist, sondern ein Exportschlager amerikanischer Härte. Das Homeland Security Department nannte die Abgeschobenen in einem Social-Media-Post „uniquely barbaric“ – was ungefähr so viel Empathie ausstrahlt wie ein Kaktus im Gerichtssaal. Natürlich ist all das kein Zufall, sondern Methode. Der Präsident, der es nicht erträgt, wenn Menschen ihn durchschauen, führt ein Ballett der Ausgrenzung auf. Jeder, der nicht mehr klatscht, wird zum Feind. Jeder, der die Akten sehen will, zum Verräter. Und wenn dann noch eine republikanische Abgeordnete während einer Krisensitzung auf X (vormals Twitter) verkündet, dass Jerome Powell bald gefeuert werde, könnte man denken, wir lebten in einem dystopischen Theaterstück – wäre nicht die Besetzung so traurig real. Was bleibt, ist ein Bild der Widersprüche: Ein Präsident, der sich über eine 700-Millionen-Dollar-Fehlplanung bei der Fed empört, während er selbst über zwei Milliarden für Wahlkampfinszenierungen verpulvert. Ein ehemaliger Fernsehstar, der Justizkritik mit einem All-Caps-Post beendet. Und eine Bewegung, die sich selbst zerlegt, weil ihr Prophet vergessen hat, was er predigte. Die MAGA-Welt zerbricht nicht an ihren Gegnern – sie zerbricht an ihrer eigenen Wahrheit. Und am Ende steht Donald Trump allein auf der Bühne, flankiert von Echos, inszenierte Glaubenszeichen und einer Pappfigur von Jerome Powell. Applaus braucht er nicht mehr. Nur noch Gehorsam.

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Frank
Frank
2 Monate zuvor

hoffen wir es mal!!

Udo Paulus
Udo Paulus
2 Monate zuvor

Die Revolution frisst seine Kinder!
Ist doch abzusehen, das bei den unbegrenzten Schwachsinn, neue Mythen und neue Alternative Wahrheiten entstehen!
Da es keine Grenzen gibt, ist die Büchse der Pandora nicht mehr zu schließen und
nun jagt eine Lüge die nächste Wahrheit!

Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Eindeutig wie in einer Sekte.
Wer nicht folgt, wer kritisiert und nicht mehr huldigt wird ausgestossen.

Hoffentlich geht das nach hinten los, besser gestern als morgen

Howie
Howie
2 Monate zuvor

Ich glaube nicht, dass es besser wird, wenn er abtritt, was folgt ist nich besser. Wehe wenn die Tec‘s dann ganz das Ruder übernehmen.

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