Als Donald Trump am 15. Juni 2025 zum G7-Gipfel in den kanadischen Rockies eintraf, traf er auf eine gänzlich andere Agenda, als er sich ausgemalt hatte. Während der US-Präsident auf Truth Social erneut vollmundig erklärte, „Frieden zwischen Israel und Iran“ stünde kurz bevor, versuchen europäische Staats- und Regierungschefs seither, ihn zur Rede zu stellen – über seine Strategie im Nahostkonflikt, über seine konkreten Pläne, über seine Verantwortung als vermeintlicher Vermittler.
Was Trump als diplomatischen Selbstläufer verkauft – ein bevorstehendes Abkommen zwischen Israel und Iran –, geht auf eine öffentliche Äußerung auf Truth Social vom 15. Juni zurück. Wörtlich schrieb er: „Likewise, we will have PEACE, soon, between Israel and Iran! Many calls and meetings now taking place. I do a lot, and never get credit for anything, but that’s OK, the PEOPLE understand.“ Diese Behauptung wird von nahezu allen Partnerstaaten kritisch beäugt. Denn während in Teheran und Tel Aviv Raketen fliegen, Menschen sterben und Atomanlagen in Alarmbereitschaft stehen, bleibt die US-Politik unter Trump vage, widersprüchlich und unberechenbar. Der G7-Gipfel, ursprünglich geplant als Plattform für den Dialog über Ukraine-Hilfe, Handelsfragen und globale Sicherheit, wird seit seinem Beginn von einem einzigen Thema überlagert: dem Krieg zwischen Israel und Iran.
Doch schon im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass dieser Gipfel anders werden würde. Gastgeber Kanada, unter Leitung von Premierminister Mark Carney, hatte bewusst beschlossen, Themen wie Klimaschutz, Gleichstellung und nachhaltige Entwicklung von der Agenda zu streichen – bisher feste Bestandteile der G7-Treffen. Stattdessen dominieren nun Rohstoffsicherheit, künstliche Intelligenz, China und Energiefragen die offizielle Tagesordnung. Auch über die transatlantische Handelspolitik wird verhandelt – insbesondere über Trumps Zollerhöhungen auf europäische Produkte und mögliche Retorsionsmaßnahmen der EU. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nimmt als Vertreterin der Europäischen Union teil und mahnte bereits in vertraulichen Gesprächen, dass Handelsprotektionismus in Krisenzeiten fatale Nebenwirkungen für die Weltwirtschaft habe. Ein gemeinsames Abschlusskommuniqué wurde im Vorfeld gestrichen, um einen offenen Eklat mit den USA zu vermeiden. Dennoch wurde bald klar, dass es vor allem Trumps Agenda ist, die diesen Gipfel bestimmt – mit maximalem medialem Aufwand, aber minimaler Substanz.
Europa, vertreten durch Emmanuel Macron, Friedrich Merz, Keir Starmer und Gastgeber Carney, versucht, den US-Präsidenten auf eine Linie der Deeskalation einzuschwören. Eine gemeinsame Position zur Rolle des Westens im Iran-Israel-Konflikt ist das Ziel – doch Trump weicht bislang aus, schwankt zwischen Lob für Israels Militäreinsätze und vagen Friedensversprechen. Derweil stellte Irans Außenminister Abbas Araghchi klar: Sobald Israels Angriffe enden, werde auch Iran aufhören. Von US-Vermittlung war keine Rede. Hinzu kamen neue Spannungen durch Trumps Fernbleiben bei bilateralen Gesprächen zu den Themen künstliche Intelligenz und kritische Rohstoffe. Während Kanada die G7 nutzen möchte, um sich unabhängiger von China zu machen, driftet der US-Präsident in Interviews ab – spricht von „friedlichen Lösungen durch Stärke“, vergleicht Iran mit Nordkorea und erklärt, er sei im ständigen Austausch mit Putin, der angeblich auch an einem Friedensplan beteiligt sei. Konkrete Ergebnisse: bisher keine.

Frankreich, Deutschland und Großbritannien, die jahrelang an diplomatischen Lösungen im Atomstreit mit Iran gearbeitet hatten, sehen sich plötzlich außen vor. Trump lässt durchblicken, er bevorzuge bilaterale Deals, notfalls ohne Partner. Es ist ein diplomatischer Affront – und ein Signal an Teheran, dass westliche Geschlossenheit unter Trump Geschichte ist. Im Hintergrund wächst die Sorge: Israel könnte nicht nur Nuklearanlagen ausschalten wollen, sondern einen Regimewechsel in Teheran anstreben – mit gezielten Tötungen bis in die politische Spitze. Der ehemalige MI6-Chef Sir Richard Dearlove sagte offen: „Die Israelis werden den Obersten Führer ausschalten, wenn sie können.“ Ein Szenario, das Europa in höchste Alarmbereitschaft versetzt hat. Denn eine Regierung, die sich nur durch Atomwaffen für sicher hält, ist keine ferne Dystopie mehr – sondern ein denkbares Resultat westlichen Versagens.
Während also in Kananaskis, südlich von Banff, 15 Staats- und Regierungschefs noch bis zum 18. Juni über künstliche Intelligenz, Versorgungssicherheit, kritische Rohstoffe, Energiepolitik, Chinas wirtschaftlichen Einfluss und transatlantische Handelsfragen diskutieren, hängt über allem ein Schatten: der mögliche Flächenbrand im Nahen Osten. Und über allem schwebt ein Präsident, der lieber in Superlativen spricht als in Lösungen denkt. Trumps Traum von einem Friedensabkommen bleibt – Stand jetzt – genau das: ein Traum. Und dieser Gipfel, einst gedacht als Ort globaler Kooperation, droht zum Spiegel eines geopolitischen Vakuums zu werden, das gefährlicher ist als jede Bombe. Denn wenn Diplomatie nur noch Schlagwort und Selbstdarstellung ist, bleibt nur die Hoffnung, dass andere den Preis nicht bezahlen müssen – mit ihrem Leben.
Mir fällt dazu nur ein: Der Mann hat keine Ahnung, redet wirr, ist unberechenbar, die Unzuverlässigkeit in Person. Beängstigend, ebenso wie die Lage in Nahost. Die Zivilbevölkerung hat mein aufrichtiges Mitgefühl.😔