Stillstand im Himmel – Das totale Chaos in den Wolken und am Boden

VonRainer Hofmann

November 6, 2025

Washington – Die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA hat angekündigt, ab Freitagmorgen den Flugverkehr über 40 große Märkte des Landes um zehn Prozent zu reduzieren. Offiziell heißt es, es gehe um Sicherheit. In Wahrheit zeigt sich, was geschieht, wenn der Staat selbst in die Knie geht.

Der Administrator der FAA, Bryan Bedford, sprach von „Neuland“. In 35 Jahren habe er keinen Moment erlebt, in dem man sich gezwungen sah, die Zahl der Flüge so drastisch zu senken, um die Kontrolle zu behalten. Der längste Government Shutdown der US-Geschichte, seit dem 1. Oktober in Kraft, hat die Nerven der Luftfahrt längst überdehnt. Während das politische Washington in endlosen Haushaltsstreitereien versinkt, stehen an den Flughäfen des Landes Tausende Beschäftigte unter Druck – unbezahlte Schichten, Doppeldienste, Übermüdung. Sicherheit, das Fundament der amerikanischen Luftfahrt, wird zur Verhandlungssache.

Bis Donnerstagabend will die FAA bekannt geben, welche Flughäfen konkret betroffen sind. Nach Schätzungen der Analysefirma Cirium könnten bis zu 1.800 Flüge gestrichen werden – das entspricht rund 268.000 Sitzplätzen. Ein nationaler Dominoeffekt ist unvermeidlich. Schon jetzt häufen sich Verspätungen und Ausfälle, während die Passagiere vergeblich nach Auskünften suchen, die es in dieser Lage kaum geben kann. Wir können selbst bestätigen, es ist das reinste Chaos in Trumpkultur.

Bedford stellte klar: Selbst wenn der Shutdown noch vor Freitag beendet würde, werde der Normalbetrieb nicht sofort zurückkehren. Die Erholung des Systems brauche Zeit – Zeit, die niemand hat. Denn die Fluglotsen, das Rückgrat des gesamten Luftraums, arbeiten seit mehr als einem Monat ohne Bezahlung. Viele schuften sechs Tage pro Woche, manche schlafen in ihren Autos, weil sie sich das tägliche Pendeln nicht mehr leisten können. Wer ausfällt, reißt Lücken, die sich im hochsensiblen Netz der Luftraumüberwachung kaum schließen lassen.

Sean Duffy

Verkehrsminister Sean Duffy trat gemeinsam mit Vizepräsident JD Vance vor die Kameras, um den Schaden kleinzureden, wirkte dabei aber selbst angespannt. Duffy warnte offen, dass es zu „Chaos am Himmel“ kommen könne, wenn die Fluglotsen in der kommenden Woche auch ihre zweite Gehaltszahlung verpassen. „Eine verpasste Zahlung verkraften viele noch“, sagte er, „aber zwei – das bringt Familien an ihre Grenzen.“ Manche könnten sich nicht einmal mehr die Fahrt zum Tower leisten.

An diesen Flughäfen ist teilweise sehr viel Geduld gefragt

Die Airlines reagieren mit wachsender Verzweiflung. Hinter den Kulissen drängen Manager auf schnelle politische Einigung, während die Gewerkschaften von einem „beispiellosen Sicherheitsrisiko“ sprechen. Geoff Freeman, Präsident der U.S. Travel Association, formulierte es nüchtern, aber scharf: „Dieser Shutdown zwingt uns zu operativen Entscheidungen, die das Vertrauen in den amerikanischen Flugverkehr dauerhaft beschädigen.“ Die Folgen sind bereits spürbar. Recherchen belegen, dass am vergangenen Wochenende mindestens 43 Flugverkehrs-Kontrollstellen im Land Personalmangel meldeten – fast fünfmal so viele wie an normalen Wochenenden vor dem Shutdown. Der Durchschnitt der letzten fünf Wochen liegt bei über 27 betroffenen Einrichtungen, vom Tower in Chicago bis zu den Kontrollzentren in Atlanta, Denver oder Dallas-Fort Worth.

Flugreisende geraten unterdessen in ein bürokratisches Niemandsland. Wer gestrandet ist, darf zwar auf kostenlose Umbuchung hoffen, doch eine Pflicht zur Verpflegung oder Entschädigung gibt es in den USA nicht. Selbst wenn die Airline schuld ist, bleibt es bei freundlichen Hinweisen auf spätere Flüge. Nur wer ganz auf seine Reise verzichtet, hat Anspruch auf Rückerstattung – auch bei eigentlich nicht erstattungsfähigen Tickets. Hinter den nüchternen Zahlen steht ein tieferer Bruch. Der Himmel, einst Symbol amerikanischer Effizienz und technischer Meisterschaft, wird zum Spiegel einer Regierung, die sich selbst blockiert. Die Kontrolltürme stehen noch, doch ihr Fundament wankt: Vertrauen, Routine, Verlässlichkeit – alles, was den amerikanischen Luftverkehr zu einem der sichersten der Welt machte, wird in diesen Tagen unter politischen Vorzeichen ausgehöhlt.

„Wir können das nicht ignorieren“, sagte Bedford am Mittwoch, als er die Maßnahme ankündigte. Er meinte damit nicht nur die sinkende Zahl der Fluglotsen, sondern den Zustand eines Landes, das seine eigene Infrastruktur als Druckmittel missbraucht. Die Flugzeuge werden weiter starten, solange es irgend geht. Aber die Frage, wer sie sicher landen lässt, bleibt – wie so vieles in diesen Wochen – offen.

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Helga M.
Helga M.
2 Stunden zuvor

🫣😢☹️

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