Von einem, der auszog, Amerika groß zu machen – und dabei Milliarden verbrannte.
Es war eine jener Szenen, wie sie in Trumps zweiter Amtszeit zur Routine geworden sind: ein Lagerhaus voller Stahl, patriotische Musik, Arbeiter mit Helmen – und ein Präsident, der das Mikrofon fest umklammert wie ein Entertainer in Vegas. Doch was Donald Trump am Freitag im U.S. Steel-Werk von Mon Valley verkündete, war kein Witz. Es war ein wirtschaftspolitisches Beben: Zölle auf Stahl – verdoppelt auf 50 %. Aluminium? Auch 50 %. Die Maßnahme soll ab Mittwoch greifen. Der Applaus der Stahlwerker hallte noch durch die Halle – doch an den Börsen begann bereits das Zittern. Denn was Trump als „Blockbuster-Deal“ verkauft, ist für viele Unternehmen nichts weniger als ein hausgemachter Schock.
Die Stahlindustrie jubelt – aber sie ist zu klein für große Wunder
Zugegeben: Für U.S. Steel war es ein warmer Rückenwind. Die Aktie stieg um 1,13 % auf 53,82 Dollar. Kein Wunder – wenn ausländische Konkurrenz künstlich verteuert wird, freut sich der Protektionist. Doch U.S. Steel ist nicht General Motors. Und auch nicht Apple. Die gesamte US-Stahlindustrie macht weniger als 0,3 % des BIP aus. Ihr Wachstum, so wichtig es für lokale Regionen wie Pennsylvania auch sein mag, kann die gesamtwirtschaftlichen Dellen dieser Zollpolitik niemals ausgleichen.
Apple, Tesla & Co.: Wenn Aluminium plötzlich Luxusgut wird
Wer hingegen die Luft anhält, ist das Herzstück der amerikanischen Industrie: Tech, Automobilbau, Bauwirtschaft. Allein Apple verarbeitet jährlich Tausende Tonnen Aluminium – für iPhones, iPads, MacBooks. Das meiste davon kommt aus Asien, Kanada oder Europa. Jetzt wird’s teurer. Und das ist nicht einfach eine Fußnote – es ist eine Kampfansage an die globale Lieferkette. Tesla? Verbaut sowohl Aluminium als auch Spezialstähle – an mehreren Stellen im Fahrzeugbau. Steigen die Preise, sinkt die Marge – oder der Preis für den Endkunden explodiert. Beides ist schlecht.
Dow, Nasdaq, S&P: Der Markt sagt „nein danke“
Die Börse reagierte prompt – und kühl:
Dow Jones: –256 Punkte (–0,6 %)
Nasdaq: –200 Punkte (–1,0 %)
S&P 500: –0,7 %
Wochensaldo: Alle großen Indizes verloren über 2 %
Das ist kein kleiner Husten, sondern ein ernster Hinweis darauf, wie Investoren Trumps Stahlwette einschätzen: hoch riskant, wenig strategisch, maximal populistisch.
Eine Rechnung, die nicht aufgeht
Die Logik der Maßnahme wirkt altbacken: Import verteuern = Inland stärken = Jobs schaffen. Doch sie greift zu kurz. Denn:
Rund 25 % des US-Stahls und über 40 % des Aluminiums werden importiert. US-Produzenten können diese Lücke nicht kurzfristig füllen – weder technologisch noch kapazitär.
Die Folge: Preisanstieg, Engpässe, Inflation – in einem ohnehin angespannten Marktumfeld.
Und es kommt noch schlimmer: Höhere Preise wirken wie eine Steuer auf Investitionen. Firmen verschieben Projekte, verschlanken ihre Produktpaletten, sparen – oder wandern ab.
Handelsbeziehungen: Gute Nacht, Globalisierung. Auch geopolitisch ist die Entscheidung ein Affront. Kanada, Brasilien, Mexiko und Südkorea – die vier größten Stahl-Exportländer in die USA – dürften wenig begeistert sein. Die EU prüft laut interner Quellen bereits eine Antwort – Vergeltungszölle auf US-Produkte sind nicht ausgeschlossen. Apple, Boeing, Caterpillar und andere US-Marken könnten das als Nächstes zu spüren bekommen.
Parallel dazu bastelt Trump am Image-Spin: Die Beteiligung von Nippon Steel an U.S. Steel sei eine „amerikanisch kontrollierte Partnerschaft“, abgesichert durch ein „goldenes Stimmrecht“ der US-Regierung. Klingt wie ein cleverer Deal – ist aber rechtlich wie wirtschaftlich unklar. Weder Anleger noch Investoren wissen, wie das strukturiert ist. Transparenz? Fehlanzeige.
Trump hat ein Versprechen erfüllt – gegenüber den Stahlarbeitern, den Patrioten im Rostgürtel, den Nostalgikern der alten Industrie. Doch die Rechnung zahlt eine andere Generation: Unternehmen, die in globalen Wertschöpfungsketten denken, Konsumenten, die sich bald über teurere Autos und Technikprodukte wundern – und Börsen, die bereits unruhig wurden, bevor der erste neue Zoll erhoben wurde.
Was bleibt, ist ein ökonomisches Paradox: Ein Land schützt sich vor ausländischem Stahl – und schneidet sich damit ins eigene Fleisch. Die Politik ist national, der Schaden aber global. Oder wie ein Apple-Ingenieur kürzlich trocken twitterte:
„Unsere Geräte werden nicht besser – nur teurer. Danke, Stahl-Amerika.“
Und am Ende wird es die amerikanische Gesellschaft selbst sein, die es am härtesten trifft. Dafür braucht man kein BWL-Studium. Aber vielleicht werden sich dann viele fragen, warum sie nicht früher etwas getan haben. Der 14. Juni 2025 – Trumps 79. Geburtstag und zugleich der 250. Jahrestag der US-Armee – wird es zeigen: An diesem Tag ruft das Weiße Haus zur großen Militärparade, doch die Zivilgesellschaft ruft zum Gegenzug. Geplant sind Massenproteste in allen Bundesstaaten – gegen Zölle, gegen Isolation, gegen ein Regime, das nur noch symbolisch produziert, aber real zerstört.
Denn wenn dieser Tag ohne Widerstand verstreicht, dann wird das Leben in den USA so richtig teuer. Denn dann kommen sie – die vielen, vielen Milliarden Verluste aus dem wegbrechenden Tourismusgeschäft.