„Sie haben uns einen von uns genommen“ – Der Tod von Jaime Alanís und der brutale ICE-Einsatz auf einer legalen kalifornischen Cannabisfarm

VonRainer Hofmann

Juli 12, 2025

Es war ein heißer, greller Tag in Südkalifornien, als Jaime Alanís starb – nicht an einem natürlichen Leiden, nicht in Ruhe, sondern im Sturz. Über neun Meter tief fiel er vom Dach eines Gewächshauses, als Bundesbeamte in Schutzkleidung die Cannabisfarm in Camarillo stürmten, auf der er arbeitete. Am Freitag erlag er seinen schweren Verletzungen: Brüche an der Wirbelsäule, Verletzungen am Schädel, innere Blutungen – keine Chance. Der Vorfall ereignete sich im Rahmen einer großangelegten Razzia des Heimatschutzministeriums – Teil von Donald Trumps Kampagne zur massenhaften Deportation von Migrantinnen und Migranten. Etwa 200 Menschen wurden bei dem Einsatz auf den Anlagen von „Glass House Farms“ festgenommen, darunter auch zehn Minderjährige. Laut den Behörden ist die Farm Gegenstand einer laufenden Ermittlung wegen des Verdachts auf Kinderarbeit. Was viele übersehen: Die Farm war völlig legal. „Glass House Farms“ ist eine staatlich lizenzierte Cannabisfarm – genehmigt nach kalifornischem Recht, regelmäßig kontrolliert, kein illegaler Betrieb. Und dennoch wurde sie Ziel eines massiven Einsatzes, als handle es sich um eine kriminelle Anlage. „Während des Chaos stürzte er 30 Fuß in die Tiefe“, sagte Elizabeth Strater, Vizepräsidentin der Landarbeitergewerkschaft United Farm Workers. Jaime Alanís sei in Panik auf das Dach geklettert – und gefallen. Niemand habe ihn verfolgt, heißt es vom Heimatschutzministerium. Und doch war er tot. Auf einer verifizierten GoFundMe-Seite bittet seine Familie nun um Hilfe – für die Rückführung seines Leichnams nach Mexiko und die Beisetzung. „Er war die tragende Säule unserer Familie. Sie haben uns einen von uns genommen. Wir brauchen Gerechtigkeit“, heißt es dort. Es kam in nur ganz kurzer Zeit knapp 80.000 USD zusammen, der Fall hat die USA geschockt.

✝️ 11. Juli 2025

Der Einsatz war martialisch. Fotos und Videos zeigen mit Helmen und Masken ausgerüstete Bundesbeamte, die Tränengas und Rauchgranaten gegen Protestierende einsetzten. Unter ihnen: Aktivistinnen und Aktivisten für Migrantenrechte, Farmarbeiter, Anwohner. Menschen, die wussten, dass dieser Tag nicht nur Festnahmen bringen würde – sondern Brüche, Wunden, Verluste. Und es blieb nicht bei einem. Mehrere Arbeiter wurden verletzt. Einige verschwanden. Manche meldeten sich erst Tage später – nachdem sie in Haft zur Unterschrift unter sogenannte freiwillige Abschiebungsformulare gedrängt worden waren. Ihnen wurde mit lebenslanger Haft gedroht, weil sie auf einer Cannabisfarm gearbeitet hatten. So berichtet es Angelica Preciado von der kalifornischen Landarbeiterrechtsorganisation CRLA, die inzwischen auch Lohnschecks für die Inhaftierten einsammelt. Andere – auch US-Staatsbürger – berichten, sie seien erst freigelassen worden, nachdem sie Fotos und Videos des Einsatzes von ihren Handys gelöscht hätten. „Diese gewaltsamen und grausamen Aktionen der Bundesregierung terrorisieren amerikanische Gemeinden, unterbrechen die Lebensmittelversorgungskette, gefährden Leben und zerreißen Familien“, erklärte UFW-Präsidentin Teresa Romero.

Dazu passt, was Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins kürzlich sagte: Es werde „keine Amnestie“ für landwirtschaftliche Arbeitskräfte geben. Dabei lebt das amerikanische Agrarsystem zu über 50 Prozent von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus – Menschen wie Jaime Alanís, die in Gewächshäusern schuften, auf Feldern knien, die Hitze ertragen. Und nun, unter der Trump-Regierung, zwischen die Räder geraten. Donald Trump selbst behauptet zwar, Migranten dürften auf Farmen bleiben – solange sie „nützlich“ seien. Doch seine Behörden handeln anders: mit Zugriffen, Verhaftungen, Einschüchterung. Mit Gewalt. Der Tod von Jaime Alanís ist kein Unfall. Er ist Folge einer Politik, die Menschen zu Ziffern macht, zu Zielscheiben, zu „illegalen“. Einer Politik, die Angst nicht als Nebeneffekt sieht, sondern als Methode. Und für seine Familie ist er mehr als das: Er war ein Bruder, ein Sohn, ein Vater vielleicht. Ein Mensch. Und jetzt ist er fort. Ohne Prozess. Ohne Verurteilung. Ohne Antwort.

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Esther
Esther
3 Monate zuvor

Abscheulich! Diese geistig minderbemittelten ICE gehören hinter Gitter! Sie sind die Illegalen!

Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Leider war es zu erwarten und leider wird es kein Einzelfall bleiben.

Sicher wird man sich im weiteren Verlauf rausreden, dass er wohl zuviel Cannabis selber konsumiert hat und er aufgrund von Halluzinationen selber vom Dach gesprungen ist.
Hauptsache die Schuld anderen zuweisen und selber keine Verantwortung übernehmen.

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