Republikaner weigern sich – Trumps Machtspiel im Mittleren Westen steht vor einer Niederlage

VonRainer Hofmann

Oktober 26, 2025

In Washington ist man es gewohnt, dass republikanische Mehrheiten sich dem Willen des Präsidenten beugen. Doch in Indiana und Kansas, zwei Staaten im Herzen des Mittleren Westens, stößt Donald Trump erstmals auf Widerstand – aus den eigenen Reihen. Sein Versuch, durch eine außerplanmäßige Neuaufteilung der Wahlkreise die Kontrolle über das Repräsentantenhaus zu sichern, ist vorerst ins Stocken geraten. Seit Wochen drängt das Weiße Haus auf eine parteifreundliche Neuziehung der Grenzen, eine Art politisches Kartenupdate, um den Verlust der Mehrheit bei den Midterms 2026 zu verhindern. Die Strategie ist durchsichtig: In einem Wahljahr, das traditionell der Opposition zugutekommt, sollen republikanische Parlamente jene Linien verschieben, die den Einfluss der Demokraten begrenzen. Doch in Indiana und Kansas regt sich Widerstand – leise, aber entschieden.

Im tiefroten Indiana – dem Bundesstaat, der Präsident Trump mit 19 Prozentpunkten Vorsprung gewählt hat – weigerten sich republikanische Senatoren unter der Führung von Rodric Bray, seinen unterstützten Plan für neue Wahlbezirke zu verabschieden.

In Indianapolis hat Vizepräsident J.D. Vance bereits zweimal persönlich um Loyalität geworben, Abgeordnete wurden ins Oval Office geladen, Druck wurde aufgebaut. Dennoch fehlt es in der republikanisch dominierten Legislative an Stimmen. Selbst konservative Senatoren sprechen von einem moralischen Dammbruch. „Wir sollen uns daran gewöhnen, dass eine Partei sich neue Wähler sucht, wann immer sie Angst vor einer Wahl bekommt“, erklärte der republikanische Senator Spencer Deery – ein Satz, der in Trumps Washington als Sakrileg gilt. Was wie ein technisches Detail klingt, ist in Wahrheit eine Machtfrage von fundamentaler Bedeutung. Wahlkreise werden in den USA nur alle zehn Jahre neu gezogen, nach der Volkszählung. Nun aber will Trump das Prinzip aufweichen, um kurzfristige Verluste auszugleichen – ein Vorgang, den selbst langjährige Parteifreunde als gefährlichen Präzedenzfall sehen. Der frühere Gouverneur Mitch Daniels schrieb in der Washington Post, jemand müsse „den Weg aus diesem Morast weisen“. Für die „Hoosiers“, wie sich die Menschen in Indiana nennen, gehe es um Fairness, um ein politisches Ethos, das älter ist als jede Präsidentschaft.

Auch in Kansas formiert sich Widerstand. Dort versuchen republikanische Führungsfiguren, die demokratische Gouverneurin Laura Kelly zu umgehen und mit einer Zweidrittelmehrheit eine Sondersitzung zu erzwingen – ein Schritt, der in 164 Jahren Staatsgeschichte erst einmal vorgekommen ist. Doch selbst hier fehlen Unterschriften. Mehrere Abgeordnete verweigern offen die Gefolgschaft. Mark Schreiber, ein Republikaner aus einem Vorort von Topeka, erklärte: „Redistricting gehört nach der Volkszählung, nicht mitten im Wahlzyklus. Wer das Prinzip aufbricht, riskiert das Vertrauen der Bürger.“

Mark Schreiber, Republikaner

Kansas ist ein Sinnbild für den inneren Zwiespalt der Republikaner: ein tiefroter Staat mit einer starken Tradition gemäßigter Konservativer und einem hohen Anteil unabhängiger Wähler. Selbst in Johnson County, dem wirtschaftlichen Zentrum des Staates, das längst nach links tendiert, gelingt es Trump-treuen Kräften nicht mehr, Mehrheiten zu erzwingen. Die demokratische Abgeordnete Sharice Davids gewann dort zuletzt zweimal mit deutlichem Vorsprung – trotz gezielter Versuche, ihren Wahlkreis zu zerschneiden. Hinter der Kulisse geht es um mehr als Linien auf einer Karte. Es geht um die Frage, wie weit politische Loyalität reichen darf, bevor sie in Zynismus kippt. Trumps Anhänger sprechen von „Gleichgewicht“ und „Waffengleichheit“, doch in Wahrheit ist es der Versuch, den Zufall der Demokratie durch Berechnung zu ersetzen. Gerrymandering – das parteiliche Zuschneiden von Wahlkreisen – ist kein neues Phänomen, aber selten wurde es so offen als Waffe im Dienst einer Person eingesetzt.

Dass sich nun Widerstand regt, ist bemerkenswert – nicht, weil er laut wäre, sondern weil er aus dem Innersten der Partei kommt. Es sind konservative Juristen, Lokalpolitiker und Veteranen, die die Linie ziehen: hier endet Loyalität, hier beginnt Prinzip. Ihr Nein ist kein Aufstand, sondern eine Rückbesinnung. Und vielleicht liegt darin die eigentliche Nachricht dieser Woche: dass es inmitten der politischen Dauererregung noch Republikaner gibt, die den Mut haben, Nein zu sagen, wenn der Preis für Gehorsam die Integrität ist. Für Trump ist dieser Widerstand mehr als eine taktische Niederlage – es ist ein Zeichen, dass sein Griff nach den Institutionen nicht mehr selbstverständlich ist. Zwei Staaten reichen, um ein Machtspiel zu kippen, das auf bedingungslose Gefolgschaft setzt. Und in diesem Bruch zwischen Kalkül und Gewissen liegt die leise, aber entscheidende Hoffnung, dass Amerikas Demokratie sich immer noch wehren kann – selbst gegen jene, die sie zu ihrem Werkzeug machen wollen.

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