Republikaner überarbeiten Trumps Mega-Gesetz – und schicken erste Opfer mit

VonRainer Hofmann

Juni 17, 2025

Es war Donald Trumps großes Versprechen – ein „big beautiful bill“, das Amerikas Wirtschaft neu aufstellen, seine Wähler belohnen und Gegner sprachlos machen sollte. Doch kaum hat das Repräsentantenhaus seinen Entwurf verabschiedet, meldet sich der republikanisch dominierte Senat zu Wort – und greift beherzt zum Rotstift. Angeführt vom Vorsitzenden des Finanzausschusses, Mike Crapo, nimmt die republikanische Oberschicht das Monsterpaket nun Punkt für Punkt auseinander. Der Präsident schweigt bislang. Doch die Zeichen stehen auf Kollision.

Die gravierendsten Änderungen betreffen Trumps Vorzeigeprojekte: Steuervergünstigungen für Trinkgelder und Überstunden sollen stark gekappt werden. Wo der Präsident noch unbegrenzte Absetzbarkeit propagierte, setzt Crapo nun eine harte Obergrenze: 25.000 Dollar bei Trinkgeldern, 12.500 bei Überstunden. Für viele Beschäftigte, die auf solche Zusagen gehofft hatten – etwa im Gastgewerbe, im Transportsektor oder im Niedriglohn-Management – ist das ein ernüchternder Rückschritt. Härter noch trifft es jene, die kaum laut werden können: Medicaid soll stärker gekürzt werden als bisher bekannt. Laut Berechnungen von KFF und CBO könnten dadurch bis zu 8,7 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren – viele davon Geringverdiener, Alleinerziehende, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung.

Die Folgen sind existenziell. Ländliche Kliniken warnen vor Schließungen, weil staatliche Zuschüsse wegbrechen. So verzeichnete allein das Holton Community Hospital in Kansas im vergangenen Jahr rund eine Million Dollar Medicaid-Umsatz – Geld, das künftig fehlen könnte. Studien zufolge würde eine solche Kürzungswelle nicht nur die medizinische Versorgung in Randregionen gefährden, sondern auch die Mortalitätsrate steigen lassen: Schätzungen gehen von bis zu 16.000 vermeidbaren Todesfällen pro Jahr aus. Und während an dieser Front gespart wird, bleiben andere Bereiche erstaunlich unberührt: etwa die Steuerprivilegien großer Universitätsvermögen oder die SALT-Abzüge, von denen vor allem Haushalte mit mehr als 100.000 Dollar Jahreseinkommen profitieren.

Die politische Brisanz wächst. Demokraten sprechen von einer ökonomischen Kriegserklärung an die Armen. Aber auch innerhalb der Republikanischen Partei regt sich Unmut. Senator Josh Hawley kritisiert lautstark die Kürzungen für ländliche Krankenhäuser, während moderatere Stimmen vor einer Entfremdung der Wählerschaft warnen. Viele Republikaner scheinen sich weniger dem Präsidenten verpflichtet zu fühlen als ihrer eigenen Wiederwahl. Und das bedeutet: Trumps politisches Erbe wird nicht gefeiert – es wird nachkalkuliert.

Am Ende steht ein Gesetzesentwurf, der vor Kraft kaum laufen kann – aber zugleich schwer beladen ist mit politischen Kosten. Sollte der Senat das Paket nicht vor dem 4. Juli verabschieden, droht eine peinliche Verschiebung. Und selbst bei Einigung bleibt die Frage: Für wen wird dieses Gesetz gemacht? Für die Bedienung, die auf Trinkgeld lebt? Für die Krankenschwester mit Doppelschicht? Oder für jene, die sich großzügige Spendenabzüge und niedrige Uni-Abgaben leisten können? Das „big beautiful bill“ hat seinen Glanz verloren. Jetzt wird gerechnet – und gestrichen.

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