„Remigrieren“ heißt das neue Vertreiben – Wie Zohran Mamdani zur Zielscheibe einer neuen republikanischen Hexenjagd wird

VonRainer Hofmann

Juni 27, 2025

Es ist ein Satz, der wie aus dem aktuellen Handgepäck der AFD oder Martin Sellner klingt – und doch stammt er aus dem Amerika des Jahres 2025: „Denaturalize. Deport. Remigrate.“ Was sich liest wie ein Befehl aus dem Dunstkreis eines Polizeistaats, ist eine reale politische Forderung. Genauer: ein Aufruf der New York Young Republican Club an Präsident Donald Trump, dem demokratischen Bürgermeisterkandidaten Zohran Mamdani die Staatsbürgerschaft zu entziehen – und ihn abzuschieben. Nicht, weil er ein Verbrechen begangen hätte. Sondern weil er gewählt wurde.

Mamdani, Sohn indisch-ugandischer Einwanderer, mit sieben Jahren nach Queens gezogen, mit 27 eingebürgert – hat sich in der Vorwahl der Demokraten gegen den altgedienten Ex-Gouverneur Andrew Cuomo durchgesetzt. Nun steht er an der Spitze einer progressiven Bewegung, die den sozialen Verfall New Yorks nicht länger als gottgegeben hinnimmt. Mit Forderungen nach kostenlosen Bussen, universeller Kinderbetreuung und einem Stopp der Mieterhöhungen wurde der 33-Jährige zum Hoffnungsträger der städtischen Linken – und zur Hassfigur der Rechten. Noch in derselben Nacht veröffentlichte die traditionsreiche, inzwischen radikalisierte NYYRC auf X einen „call to action“. Die Formulierung ist martialisch, die Stoßrichtung eindeutig: Mamdani sei eine Bedrohung für „unsere geliebte Stadt“. Trump solle den aus der McCarthy-Ära stammenden Communist Control Act reaktivieren, Mamdanis Staatsbürgerschaft entziehen – und ihn deportieren. Dass dieser Act aus dem Jahr 1954 ein juristisches Fossil ist, das nie verfassungsfest war, scheint niemanden zu stören. Im Gegenteil: Senator Mike Collins spricht bereits von der Wiederbelebung des „House Un-American Activities Committee“ – jenes Ausschusses, der einst Karrieren zerstörte, weil Menschen für gewerkschaftliche Rechte oder schwarze Bürgerrechtler eintraten.

Was Mamdani konkret vorgeworfen wird, bleibt diffus. „Sozialist, Antisemit, Kommunist“ – so nennt ihn etwa der republikanische Abgeordnete Andy Ogles, der ihn obendrein als „little Muhammad“ verspottet und seine Deportation fordert. Die Tatsache, dass Mamdani seit 2018 amerikanischer Staatsbürger ist, interessiert dabei so wenig wie die Realität, dass er sich wiederholt öffentlich gegen Antisemitismus ausgesprochen hat. Was zählt, ist das Bild: Ein nicht-weißer Linker, Muslim, immigrantisch geprägt – der politische Urtypus des neuen republikanischen Feindbildes. Die Angriffe reichen bis in den Stadtrat. Vickie Paladini, Republikanerin aus Brooklyn, bezeichnete es als „verrückt“, jemanden zum Bürgermeister zu wählen, der „nicht mal zehn Jahre Bürger ist“. Ihre Schlussfolgerung: „Deport.“ Eine Sprecherin legte nach – Mamdani habe sich „während des Studiums in extremistischen Organisationen bewegt“, was eine Entfernung aus dem Land rechtfertige.

Es sind die gleichen rhetorischen Schablonen, die Trump, Stephen Miller und Tom Homan längst zur Grundlage ihrer Deportationspolitik gemacht haben. Nicht mehr Herkunft allein, sondern Weltanschauung wird zur Abschiebungsursache. Wer links ist, soll „remigriert“ werden. Wer das Polizeibudget kürzen oder Mieten deckeln will, soll den Pass verlieren. Es ist eine neue Qualität politischer Verfolgung – unter dem Deckmantel der Verfassung. Zohran Mamdani reagierte mit Klarheit. „Ich war sieben, als ich nach New York kam. Es ist mein Zuhause. Ich bin stolz, Bürger zu sein – und das heißt auch, für unsere Verfassung einzustehen.“ Seinen Gegnern entgegnet er: Vielleicht sollten sie die Verfassung einmal selbst lesen. Es ist diese Haltung, die ihn gefährlich macht – nicht für das Land, sondern für jene, die gerade dabei sind, seine demokratischen Fundamente zu schleifen. Die ihn nicht hassen, weil er Muslim ist, sondern weil er mit seiner Existenz beweist, dass Zugehörigkeit nicht von Geburt, sondern von Engagement kommt. Und weil er daran erinnert, dass Patriotismus nicht bedeutet, Menschen aus dem Land zu jagen – sondern dafür zu kämpfen, dass es endlich allen gehört.

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