Ein Bundesrichter in Washington hat die Abschiebung von Dutzenden guatemaltekischen Migrantenkindern ein weiteres Mal gestoppt – und damit einer Regierung Einhalt geboten, die ihre eigenen Behauptungen bereits revidieren musste. Timothy J. Kelly, Richter am U.S. District Court, erklärte, die Kinder dürften bis Donnerstag um 23:59 Uhr nicht abgeschoben werden. Es sei derselbe Grund wie in der Woche zuvor, sagte er: Er brauche Zeit, um die Rechtsfragen zu prüfen, die tief in das Fundament amerikanischer Rechtsstaatlichkeit greifen. Die Verlängerung dieses juristischen Moratoriums fiel in einen Moment, in dem die Regierung selbst einräumen musste, dass wesentliche Teile ihrer bisherigen Darstellung nicht der Wahrheit entsprachen – nachdem dem Gericht heute sowohl Rechercheergebnisse als auch eidesstattliche Aussagen vorgelegt worden waren. Noch wenige Tage zuvor hatte sie behauptet, die Eltern der betroffenen Kinder hätten deren Rückkehr nach Guatemala verlangt. Nun aber ist belegt: Das Gegenteil ist der Fall. Die Eltern kämpfen verzweifelt darum, ihre Kinder vor Gewalt, Armut und Hoffnungslosigkeit zu schützen – und sie nicht in jene Verhältnisse zurückzuschicken, aus denen sie geflohen sind.
Der Fall hat seine Wurzeln in einer umstrittenen Operation am Labor-Day-Wochenende, als die Trump-Regierung versuchte, mehrere Dutzend unbegleitete Kinder nach Guatemala auszufliegen. Viele von ihnen verbrachten Stunden auf dem Rollfeld, während über ihr Schicksal verhandelt wurde – ein Bild, das in seiner Kälte selbst für die an Härte gewohnten amerikanischen Einwanderungspolitik erschütternd war. Siehe unseren Artikel unter: https://kaizen-blog.org/wieder-ein-kleiner-erfolg-gericht-stoppt-abschiebung-von-guatemaltekischen-kindern/
Die Entscheidung des Richters fiel just an dem Tag, an dem der Kongress ein Whistleblower-Dokument erhielt, das die moralische Fallhöhe noch einmal drastisch verdeutlicht. Mindestens 30 der Kinder, die für eine Rückführung vorgesehen waren, haben nachweislich Misshandlungen erlitten – von Todesdrohungen über Bandenübergriffe bis hin zu Menschenhandel. Dass die Regierung trotzdem ihre Abschiebung forcierte, wirft nicht nur juristische, sondern auch tiefgreifende ethische Fragen auf.
Es ist dieser Kontrast zwischen der bürokratischen Sprache staatlicher Memoranden und den existenziellen Schreien der Kinder, der die ganze Dramatik des Moments sichtbar macht. Auf der einen Seite ein Verwaltungsapparat, der versucht, Zahlen und Aktenvermerke sprechen zu lassen; auf der anderen Seite Berichte über Gewalt, die kein Kind ertragen sollte. Richter Kelly hat sich nun ein weiteres Mal gegen die Hast der Exekutive gestellt – und dem Land eine Atempause verschafft. Eine Atempause, die nicht nur juristisch notwendig ist, sondern auch moralisch zwingend. Dass inmitten all dessen Kinder zu Spielfiguren einer politischen Machtdemonstration degradiert werden, ist das eigentliche Skandalon. In den nüchternen Zeilen der richterlichen Verfügung klingt etwas durch, das weit über Washington hinaus von Bedeutung ist: die Erinnerung daran, dass Recht nicht im Eiltempo durchgesetzt werden darf, wenn dabei Menschenleben auf dem Spiel stehen. Und dass die Schutzlosesten – in diesem Fall die Kinder – den stärksten Schutz verdienen. Ob diese Atempause ausreicht, um eine Abkehr von einer Politik der Härte einzuleiten, bleibt ungewiss. Sicher ist nur: Die Zeit, die sich Richter Kelly nimmt, ist mehr als juristische Gründlichkeit. Sie ist ein stiller Protest gegen die Reduktion von Kindern auf Aktenzeichen – und ein Aufruf, die Menschlichkeit nicht im Gedränge politischer Machtspiele zu verlieren.
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Autokraten und Diktatoren scheren sich nicht um Ethik, Empathie oder Menschenrechte.
Egal ob Kinder oder andere Schutzbedürftige.
Sie sind perfekte Schachfiguren im perfiden Machtspiel.
Sie wehren sich nicht, sie haben keine Lobby.
Nur wenige Stimmen, wie die des Richters und Stimmen wie Eurer.
Ich hoffe, dass die Kinder eine sichere Perspektive erhalten.
Wage es aber in Anbetracht der immer mehr diktatorischen Regierung zu bezweifeln.