Poststopp nach Washingtons Zollchaos – Mexiko kappt die Paketverbindungen in die USA

VonRainer Hofmann

August 28, 2025

Es ist eine Nachricht, die auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, deren Folgen jedoch gewaltig sein dürften: Mexiko hat am Mittwoch angekündigt, die Postsendungen in die Vereinigten Staaten auszusetzen. Nicht, weil Postbeamte streiken oder Flugzeuge fehlen, sondern weil die Trump-Regierung das Fundament des internationalen Paketverkehrs ins Wanken bringt – die sogenannte „de minimis“-Regelung. Bisher konnten Waren im Wert von bis zu 800 Dollar zollfrei in die USA eingeführt werden. Ein unscheinbarer Schwellenwert, der sich in Wahrheit als Motor des Onlinehandels und des transnationalen Konsums entpuppte: 1,36 Milliarden Pakete mit einem Warenwert von insgesamt 64,6 Milliarden Dollar erreichten im Jahr 2024 unter dieser Ausnahmeregelung amerikanische Haushalte. Nun soll damit Schluss sein. Ab Freitag, so die Vorgabe aus Washington, fällt auch für Kleinstsendungen Zoll an. Mexikos staatlicher Postdienst Correos de Mexico reagierte mit einem Schritt, der kaum Symbolkraft, dafür aber enorme praktische Wirkung entfalten dürfte: Ab sofort werden keine Pakete mehr in die Vereinigten Staaten befördert. „Mexiko setzt seinen Dialog mit den US-Behörden und internationalen Postorganisationen fort, um Mechanismen zu definieren, die eine geordnete Wiederaufnahme der Dienstleistungen ermöglichen“, hieß es in einer Erklärung. Doch der Kern ist klar: Bis auf Weiteres fließt nichts mehr. Damit reiht sich Mexiko in eine wachsende Liste von Ländern ein, die unter Trumps Zollpolitik die Notbremse ziehen. Auch Postdienste aus der Europäischen Union, aus Australien und Japan haben ihre Sendungen gestoppt. Überall herrscht dieselbe Unsicherheit: Welche Gebühren, welche Formalitäten, welche Verzögerungen drohen, sobald die „de minimis“-Grenze fällt?

Die registrierten und EMS-Internationalsendungen, die gehen nach USA, ALASKA, PUERTO RICO werden bis auf Weiteres ausgesetzt.

Die Folgen für die USA sind gravierend. Millionen amerikanische Verbraucher, die sich längst daran gewöhnt haben, mit wenigen Klicks billige Elektronik aus Shenzhen, Ersatzteile aus Mexiko oder Kosmetik aus Europa zu bestellen, sehen sich mit höheren Preisen, längeren Wartezeiten und im schlimmsten Fall leeren Paketkästen konfrontiert. Für kleine Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle auf günstige Importware aufgebaut haben, bedeutet die neue Zollpraxis einen Schlag ins Mark. Händler, die über Plattformen wie Amazon, Etsy oder eBay ihre Produkte vertreiben, müssen künftig nicht nur höhere Kosten einkalkulieren, sondern auch komplexere Zollprozesse abwickeln – Prozesse, die für Großkonzerne lösbar sind, kleine Händler jedoch überfordern. Die ökonomischen Folgen sind leicht zu beziffern. Allein im Jahr 2024 passierten Waren im Wert von 64,6 Milliarden Dollar die Grenze unter der „de minimis“-Regel. Fällt diese Schranke, schlagen selbst moderate Zollsätze brutal durch: Schon ein Aufschlag von zehn Prozent bedeutet Mehrkosten von über sechs Milliarden Dollar jährlich für amerikanische Verbraucher und Händler, bei 15 Prozent wären es fast zehn Milliarden, bei 20 Prozent knapp dreizehn Milliarden. Es sind Summen, die nicht in den Bilanzen verschwinden, sondern direkt im Portemonnaie der Menschen spürbar werden – in teureren Konsumgütern, höheren Lieferkosten und einer geschwächten Kaufkraft. Zugleich offenbart der Konflikt die Abhängigkeit der USA von genau jenen Lieferketten, die Trump rhetorisch seit Jahren bekämpft. Wer 64 Milliarden Dollar an Warenzufuhr innerhalb eines Jahres über eine Zollschwelle abwickelt, der zeigt damit vor allem eines: dass die Vereinigten Staaten längst in einem Netz globaler Mikroimporte gefangen sind. Wird dieser Strom gekappt, entstehen Lücken, die weder die heimische Produktion noch alternative Handelswege kurzfristig schließen können.

Keine Fanpost mehr aus Mexico für Donald Trump

Für die Menschen an den Schaltern ist der Bruch bereits jetzt sichtbar. Eine Mutter brachte ihre beiden Kinder am Mittwoch in ein Postamt in Mexiko-Stadt, um ihnen zu zeigen, „wie wir uns früher verständigt haben“ – mit Briefen, nicht über Bildschirme. Doch sie musste die Umschläge wieder einpacken: „Mit den neuen Zöllen gibt es keine Sendungen mehr in die USA“, erklärte man ihr. Eine andere Frau weinte vor dem Gebäude, weil sie den zehnseitigen Brief und Fotos nicht mehr an ihren Freund in den Staaten verschicken konnte. Hinter der Postblockade stehen monatelange, festgefahrene Verhandlungen zwischen Mexiko und der Trump-Regierung. Um Strafzölle abzuwenden, bot Mexiko an, härter gegen Drogenkartelle vorzugehen und sogar Dutzende inhaftierte Kartellbosse in die USA auszuliefern – eine Geste, die den Ernst der Lage verdeutlicht. Doch Washington blieb hart: ohne Abkehr von „de minimis“, keine Einigung. Die Poststopps wirken wie ein Menetekel: Wenn selbst Briefe und Päckchen, die jahrzehntelang unbehelligt Grenzen passierten, plötzlich zur Geisel einer aggressiven Handelspolitik werden, dann zeigt sich, wie sehr Trump bereit ist, den Alltag von Millionen Menschen für seine Zollexperimente zu opfern. Die unmittelbaren Opfer sind die kleinen Gesten – ein Brief, ein Foto, ein Geschenk. Die langfristigen Folgen jedoch reichen tiefer: steigende Preise, gebrochene Lieferketten, ein Amerika, das seine Rolle im globalen Handel verspielt und die eigene Gesellschaft mit dem Zollhammer trifft. Was jetzt in Mexiko geschieht, ist nur der Anfang. Bald könnte ein Paket, das kaum mehr kostet als ein Abendessen, den Weg über die Grenze nicht mehr finden – und damit die Nahtstellen einer Weltwirtschaft zerreißen, die längst auf ständigen, reibungslosen Austausch angewiesen ist.

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Lea
Lea
1 Monat zuvor

Welche anderen Länder haben eigentlich ebenfalls ihre Post- und Paketlieferungen in die USA eingestellt bzw. eingeschränkt? Ich hab auch dhl im Kopf. Und wie ist es umgekehrt, mit Sendungen aus den USA? gibt es da auch Be-/Einschränkungen?

Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Deutschland hat schon vor geraumer Zeit die Freigrenze bei Paketen abgeschafft.
Folge, auch Waren in Höhe von 1 oder 2$ müssen verzollt werden.
Der Aufwand der Bürokratie für den Versender ist groß.
Kleine Shops oder Rescue Sanctuaries versenden nicht mehr nach Deutschland.

Nun setzt Trump das Gleiche um.
Allerdings ist der Warenwert mit 800$ fast dreimal so hoch, wie der in Deutschland war.

Das trifft fast jedes Paket im private und small Businesses Bereich.
Alles wird ddutlichst teure.

Aber Trump wird argumentieren, die Leute sollen nicht in China, Indien, Mexiko etc kaufen. Sondern Produkte „made in America“.
Nur gibt es die gar nicht. Oder zu horrenden Preisen.

Außerdem hat der Poststop für Trump boch einen positive Effekt.
Anstatt Briefe zu senden, werden Einige auf Email etc zurück greifen.
Da greift dann die Datenkrake Palantir zu …..

Helga M.
Helga M.
1 Monat zuvor

Andere Länder auch! Heute Morgen gelesen.

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