Osage Nation: Vom Ölboom zur erneuten Enteignung

VonRainer Hofmann

März 20, 2025

Ein Kampf gegen die Politik der Unterdrückung.

Seit Jahrhunderten kämpft die Osage Nation um ihre Souveränität, ihr Land und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Doch mit der jüngsten Entscheidung der Trump-Regierung und des Department of Government Efficiency (DOGE), das Bureau of Indian Affairs (BIA) Office in Pawhuska, Oklahoma, zu schließen, sieht sich die Osage Nation erneut mit einer massiven Bedrohung konfrontiert.

Die Schließung könnte ihre Kontrolle über Öl- und Gasrechte, wirtschaftliche Verwaltungsstrukturen und soziale Programme erheblich beeinträchtigen.

Die Osage sehen darin eine neue Version des historischen „Trail of Tears“ – diesmal nicht durch physische Vertreibung, sondern durch politische und wirtschaftliche Sabotage. Doch der Widerstand wächst, und die Osage kämpfen mit juristischen Mitteln, politischen Allianzen und öffentlichem Protest gegen diese erneute Entrechtung.

Von der Zwangsumsiedlung zum Ölimperium – Eine Geschichte voller Verrat und Gewalt

Die Osage Nation gehört zur Familie der Dhegiha-Siouan-Sprachgruppe und ist eng mit den Quapaw, Omaha, Ponca und Kansa verwandt. Ursprünglich lebten sie im Ohio-Tal, wurden jedoch im Zuge der westlichen Expansion der USA nach Missouri, Arkansas, Kansas und schließlich Oklahoma vertrieben.

Im 19. Jahrhundert wurden sie Opfer der Umsiedlungspolitik der US-Regierung, die unter dem Indian Removal Act von 1830 Tausende indigene Völker zwangsweise nach Westen deportierte. Während viele Stämme in Armut versanken, konnten die Osage ihr neues Land in Oklahoma direkt von der US-Regierung kaufen – ein einzigartiger Vorteil, der später entscheidend für ihren plötzlichen Reichtum sein sollte.

Der Ölboom und die „Reign of Terror“

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde entdeckt, dass das Osage-Land große Ölreserven enthält. Dies machte die Osage zur reichsten Bevölkerungsgruppe pro Kopf in den USA – doch es zog auch gierige weiße Siedler an, die mit systematischem Betrug, Heiratsschwindel und Mord versuchten, an das Vermögen der Osage zu gelangen.

Zwischen 1921 und 1925 wurden mindestens 60 Osage ermordet oder verschwanden unter mysteriösen Umständen – eine Verbrechensserie, die als „Reign of Terror“ in die Geschichte einging. Weiße Geschäftsleute heirateten Osage-Frauen, um nach deren mysteriösem Tod ihr Land zu erben. Ärzte stellten falsche Totenscheine aus, und korrupte Beamte deckten die Verbrechen.

Erst das FBI unter J. Edgar Hoover untersuchte die Fälle, doch viele Täter kamen ungeschoren davon. Diese düstere Geschichte wurde in David Granns Buch „Killers of the Flower Moon“ dokumentiert und von Martin Scorsese 2023 verfilmt.

Das System der Enteignung: Wie die US-Regierung den Reichtum der Osage verwaltete – und stahl

Während die Osage offiziell ihr Land besaßen, führte die US-Regierung mit dem General Allotment Act von 1887 (Dawes Act) eine perfide Strategie ein: Indigene Gebiete wurden in Parzellen aufgeteilt, wobei das Land nur an männliche Haushaltsvorstände verteilt wurde. Die US-Regierung hielt die Landtitel 25 Jahre lang in Treuhandverwaltung, um die Osage zu „schützen“ – in Wirklichkeit, um die Kontrolle über ihre Ressourcen zu behalten.

Viele Osage hatten keine Erfahrung mit Landwirtschaft und wurden gezwungen, Land zu verkaufen.

Sobald ein Osage offiziell als „fähig“ eingestuft wurde, musste er Steuern zahlen, die er oft nicht aufbringen konnte – was zu weiteren Enteignungen führte.

Bis in die 1930er-Jahre wurden 90 Millionen Acres indigener Gebiete an weiße Siedler verkauft oder beschlagnahmt.

Noch perfider war das „Trust Fund“-System, in dem die US-Regierung die Einnahmen aus Öl, Gas und anderen Ressourcen „verwaltete“. Doch anstatt die Gelder an die Osage auszuzahlen, wurden die Konten über Jahrzehnte systematisch missbraucht und nie transparent geführt.

Der Kampf um Gerechtigkeit

Erst 1996 reichte Elouise Cobell, eine Blackfeet-Frau, eine Sammelklage gegen die US-Regierung ein, um eine vollständige Buchführung über die Treuhandgelder indigener Völker zu erzwingen. Nach 16 Jahren Prozess wurde die Klage 2011 mit einem Vergleich über 3,4 Milliarden Dollar abgeschlossen – doch jeder Betroffene erhielt nur 1.000 Dollar Entschädigung, ein Bruchteil des gestohlenen Vermögens.

Auch die Osage Nation kämpfte jahrzehntelang gegen die Misswirtschaft ihrer Gelder. 2011 einigten sie sich mit der US-Regierung auf eine Zahlung von 380 Millionen Dollar für die Verluste ihres Trust Funds – ein Betrag, der bei weitem nicht die zwei Jahrhunderte an systematischem Diebstahl und Betrug ausgleicht.

Die DOGE-Schließungen: Der erneute Angriff auf indigene Selbstbestimmung

Heute sieht sich die Osage Nation einer neuen Bedrohung durch die Trump-Regierung ausgesetzt: Das DOGE hat die Schließung von 25 BIA-Büros beschlossen, darunter das wichtigste Büro für die Verwaltung von Osage-Öl- und Gasrechten.

Warum ist das wichtig?

Die Osage verlieren die Kontrolle über die Verwaltung ihrer Rohstoffe.

Soziale Programme, Bildungsförderung und Gesundheitsdienste geraten in Gefahr.

Die Nation wird gezwungen, auf private oder bundesstaatliche Verwaltung umzustellen – was in der Vergangenheit zur Misswirtschaft führte.

Der Kampf der Osage: Wer steht an ihrer Seite?

Die Osage Nation hat sofort juristische Schritte eingeleitet, um die Schließungen zu blockieren:

Native American Rights Fund (NARF) vertritt sie vor Gericht und argumentiert, dass die Maßnahmen gegen bestehende Verträge zwischen der US-Regierung und der Osage Nation verstoßen.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International haben Berichte veröffentlicht, in denen sie die DOGE-Schließungen als „moderne Enteignungspolitik“ anprangern.

Investigative Journalisten aus den USA, Deutschland und Kanada

UN-Sonderberichterstatter für indigene Völker haben eine Untersuchung angekündigt, um zu prüfen, ob die Maßnahmen gegen internationale Abkommen über indigene Rechte verstoßen.

Proteste und politische Gegenwehr

Am 18. März 2025 versammelten sich Hunderte Osage zu einem traditionellen Kriegstanz (War Dance) vor dem geschlossenen BIA-Büro in Pawhuska. Präsident Buu Nygren rief:

„Sie nehmen uns unsere Institutionen, um uns unserer Zukunft zu berauben – aber wir werden kämpfen!“

Mehrere demokratische Senatoren, darunter Elizabeth Warren und Bernie Sanders, fordern eine Anhörung im Kongress. Auch einige republikanische Politiker aus Oklahoma äußern Bedenken.

Wird die Osage Nation erneut verraten?

Die Geschichte der Osage Nation ist eine Geschichte von systematischer Enteignung – und von Widerstand. Vom General Allotment Act bis zum modernen DOGE-Angriff wurde ihnen immer wieder ihr Reichtum gestohlen. Doch diesmal kämpfen sie mit juristischen, politischen und gesellschaftlichen Mitteln.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob sie diesen Kampf gewinnen – oder ob die USA ein weiteres dunkles Kapitel in der Geschichte indigener Unterdrückung schreiben werden. Doch eines ist klar: Die Osage haben überlebt, weil sie sich nie unterworfen haben – und sie werden es auch diesmal nicht tun.

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