Operation Mitternachtshammer – Wie Amerika Irans Nuklearprogramm traf und die Welt erschütterte

VonRainer Hofmann

Juni 22, 2025

Washington / Teheran / Tel Aviv – In den frühen Morgenstunden des 22. Juni 2025 hat sich die Welt verändert. Drei gezielte US-Luftschläge auf Irans nukleare Herzstücke – Fordo, Natanz und Isfahan – haben nicht nur militärische Ziele getroffen, sondern ein geopolitisches Erdbeben ausgelöst, dessen Nachbeben noch nicht abzusehen sind. Was als koordinierte Operation mit Israel begann, eskalierte in eine offene Intervention Washingtons in den Israel-Iran-Konflikt – mit ungewissem Ausgang, enormem Risiko und weltpolitischer Sprengkraft. US-Präsident Donald Trump sprach am Sonntagvormittag im Weißen Haus von einem „komplett und vollständig ausgelöschten“ Nuklearprogramm. Es war die öffentliche Krönung dessen, was das Pentagon intern als „Operation Midnight Hammer“ bezeichnet: ein nächtlicher Angriff mit B-2-Tarnkappenbombern, die über das Mittelmeer, Israel, Jordanien und den Irak in iranisches Lufthoheitsgebiet eindrangen. Vierzehn bunkerbrechende Bomben wurden abgeworfen – ihre Einschläge verursachten laut US-Generalstabschef Dan Caine „extrem schwere Schäden und Zerstörung“ an allen drei Zielorten. Das Verteidigungsministerium betonte wiederholt, dass es sich nicht um einen Versuch eines Regimewechsels handle – man habe bewusst keine Truppen oder Zivilisten ins Visier genommen. Doch der Schaden – politisch, strategisch und diplomatisch – ist angerichtet.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die unterirdische Anlage in Fordo – nicht nur wegen ihrer Tiefe, sondern wegen der Frage, was sich zum Zeitpunkt des Angriffs noch dort befand. Schon vor dem US-Schlag zeigten Satellitenbilder, dass Iran die Zugangstunnel mit Erde verfüllt hatte. Zudem wurden mehrere Fahrzeuge auf dem Gelände gesichtet – Hinweise auf einen möglichen Abtransport sensibler Güter. Und tatsächlich erklärten hochrangige iranische Funktionäre wie Behrouz Kamalvandi, Sprecher der Atomenergieorganisation, sowie der ehemalige Revolutionsgarden-Kommandeur Mohsen Rezaei, man habe das angereicherte Uran und zentrale Bestandteile der Zentrifugen „rechtzeitig entfernt“. Unabhängig überprüfen lässt sich das bislang nicht – doch internationale Experten zeigen sich alarmiert. „Die zentrale Frage ist, wo Iran seine bereits angereicherten Vorräte jetzt lagert – denn mit großer Wahrscheinlichkeit wurden sie an geheime, stärker geschützte Orte verlegt“, sagt Darya Dolzikova, Abrüstungsexpertin am britischen Royal United Services Institute. Schon vor Beginn der israelischen Angriffsserie am 13. Juni hatte Iran angekündigt, eine dritte, bislang unbekannte Anlage zur Urananreicherung in Betrieb zu nehmen. Dolzikova spricht von einem „neuen nuklearen Blindflug“: Ohne Zugang zu Informationen und Standorten werde es künftig kaum noch möglich sein, Irans tatsächlichen Fortschritt beim Urananreicherungsprogramm seriös zu beurteilen.

Auch international wächst die Besorgnis. Frankreich äußerte sich „mit Sorge“ über die US-Angriffe und bekräftigte seine Ablehnung eines iranischen Atomwaffenprogramms – jedoch mit dem Appell zur Deeskalation und Rückkehr zur Diplomatie. Russland hingegen sprach von einem „eklatanten Bruch internationalen Rechts“ und warnte vor „radiologischen Folgen“ sowie einer „gefährlichen Eskalation“ mit globalen Sicherheitsrisiken. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) berief für Montag eine Dringlichkeitssitzung ein, nachdem ihr Generaldirektor Rafael Grossi bereits in den letzten Tagen unter scharfer Kritik Teherans stand. Gleichzeitig wurden US-Truppen im Nahen Osten in höchste Alarmbereitschaft versetzt – besonders in Syrien, im Irak und im Persischen Golf. Das US-Militär warnte vor „hohem Risiko“ für Handelsschiffe im Roten Meer und im Golf von Aden. Die Houthi-Miliz kündigte bereits Angriffe auf US-Ziele an. Trotz all dieser Eskalationszeichen betont Washington, man wolle keinen offenen Krieg. Verteidigungsminister Pete Hegseth sprach von einer „gezielt begrenzten Operation“ – doch zwischen zerstörten Bunkern, verschlossenen Tunneln, verschwundenem Uran und rhetorischem Säbelrasseln bleibt nur eine Gewissheit: Der Schatten eines größeren Krieges ist dichter geworden. Und die Frage, ob die Welt ihn noch abwenden kann, wird mit jeder Stunde schwieriger zu beantworten.

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