Es ist kurz nach eins in der Nacht, wenn das Telefon bei Howard Lutnick klingelt. Nicht immer, aber häufig genug, um daraus ein Ritual zu machen. Am anderen Ende der Leitung: der Präsident der Vereinigten Staaten. Donald J. Trump, 79 Jahre alt, unermüdlich in seiner Selbstbespiegelung, braucht zu dieser Stunde keinen Geheimdienstbericht und keinen nationalen Sicherheitsrat – sondern ein Gespräch über sich selbst. Über seine Fernsehauftritte. Über einen Baseball-Spieler. Über Umfragen. Oder einfach nur, um gehört zu werden. Was nach einer Karikatur klingt, wurde nun durch Lutnick selbst bestätigt, das die bizarre Beziehung zwischen dem Handelsminister und dem Präsidenten skizziert. Lutnick, der seit Jahrzehnten als CEO der Investmentfirma Cantor Fitzgerald bekannt ist, wurde erst 2024 überraschend in das Kabinett berufen – ein Mann mit Wall-Street-Wurzeln, aggressiver Verhandlungsrhetorik und enger persönlicher Loyalität zu Trump. Schon nach dem 11. September 2001 war er ins öffentliche Licht gerückt, weil er fast alle seine Angestellten bei den Anschlägen verlor und später mit markigen Sprüchen und einem kompromisslosen Geschäftskurs auffiel. Heute ist er Trumps wichtigste Stimme für Wirtschaftsnationalismus – und offenbar auch sein bevorzugter Mitternachtskontakt.
Mehrere Quellen aus dem Weißen Haus bezeichnen Lutnick als „Laufburschen“, als „Dauerredner“ und als jemanden, der intellektuell nicht an Finanzminister Scott Bessent heranreiche. Dennoch hat Lutnick sich zu einem der engsten Vertrauten des Präsidenten hochtelefoniert – buchstäblich. Er sei immer erreichbar, heißt es. Und Trump, der sich selbst gerne mit den erfolgreichsten Unternehmern schmückt, scheint sich in dem ständigen Zugriff auf Lutnick zu gefallen. Ein moderner Hofnarr, ein Echo seiner selbst, das ihn auch nach Mitternacht nicht verstummen lässt. Die Gespräche, so wird berichtet, drehen sich selten um politische Strategien. Stattdessen dominieren Anekdoten, Medienreaktionen, Lob, Kritik, Ratings. In einem Fall soll Trump sich minutenlang darüber ausgelassen haben, dass Morning Joe sein Outfit nicht gelobt hatte. Ein anderes Mal wollte er wissen, ob Lutnick seine Rede beim G7-Gipfel live verfolgt habe. Und immer wieder: die Frage, wie er angekommen sei. Nicht die Inhalte stehen im Zentrum, sondern das Bild. Der Spiegel, den er braucht, weil der Applaus draußen längst nicht mehr reicht.
Für Lutnick ist diese Rolle zweischneidig. Öffentlich gibt er sich loyal, betont die Stärke der US-Wirtschaft, verteidigt Trumps Zollpolitik. Doch das Porträt zeigt auch einen Mann, der sich zunehmend unter Druck sieht – überarbeitet, überfordert und in einem politischen System gefangen, das ihm eine Bühne bietet, aber keine Richtung vorgibt. Zwischen persönlichen Ambitionen und der ewigen Gefolgschaft für einen Präsidenten, der nur sich selbst kennt, bleibt wenig Platz für Substanz. Trump wiederum scheint genau diese Art von Beziehung zu suchen – asymmetrisch, gefügig, jederzeit abrufbar. Seine Kabinettsmitglieder sind nicht Berater, sondern Statisten eines Narrativs, das jeden Tag neu geschrieben wird: mit ihm als Mittelpunkt, als Opfer, als Genie. Wer widerspricht, fliegt. Wer zuhört, bleibt. Und wer um ein Uhr morgens noch den Hörer abnimmt, darf für ein paar Minuten Teil dieser Welt sein – einer Welt, in der Politik zur Show geworden ist und Nähe zum Präsidenten weniger durch Kompetenz als durch Verfügbarkeit definiert wird. Die Geschichte der nächtlichen Anrufe wirft dabei erneut ein Schlaglicht auf die dysfunktionalen Strukturen dieser Regierung. Dass der Handelsminister – eine zentrale Figur für wirtschaftliche Entscheidungen, internationale Handelsabkommen und Industriepolitik – seine Hauptaufgabe darin sieht, dem Präsidenten Beifall zu spenden, wenn das Land längst über Inflation, Zölle und Lieferketten debattiert, ist mehr als nur ein Kuriosum. Es ist symptomatisch für eine Präsidentschaft, die sich von den Sachfragen entkoppelt hat. Die Frage, wie lange dieses System noch trägt, bleibt offen. Doch das Bild ist klar: Während die Welt schläft, wählt Donald Trump lieber das Telefon. Nicht um zu führen. Sondern um zu hören, wie großartig er ist. Immer wieder. Nacht für Nacht.
Investigativer Journalismus braucht Mut, Haltung und Mittel.

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich eine Tüte Popcorn nehmen und diesem absurden Treiben zusehen.
Aber ein soziopathischer Narzisst braucht Aufmerksamkeit.
Da sie die dumped Leere aber nicht füllt, steigt der Drang nach Aufmerksamkeit ins Unermessliche.
Scheinbar bekommt er von Melania nicht genug „Anhimmelung“ 🙈🤣 Sorry, der musste einfach sein.
… also wir haben Popcorn