Na also, recherchieren, dokumentieren, Gericht, bis der Supreme Court bricht – Der Supreme Court blockiert Trumps Truppenpläne für Chicago

VonRainer Hofmann

Dezember 24, 2025

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat Donald Trump gestoppt. Die Richter verweigerten der Regierung am Dienstag die Erlaubnis, Nationalgardisten im Großraum Chicago einzusetzen, um die laufende Abschiebeoffensive zu unterstützen. Damit scheiterte der Versuch des Präsidenten, Soldaten in einer weiteren von Demokraten geführten Metropole aufmarschieren zu lassen. Es ist eine der seltenen Niederlagen für Trump seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus. Konkret lehnte das Gericht den Eilantrag der Regierung ab, eine Entscheidung der Bundesrichterin April Perry auszuhebeln, die den Einsatz der Nationalgarde bereits blockiert hatte. Auch ein Berufungsgericht hatte zuvor nicht eingegriffen. Der Supreme Court ließ sich mehr als zwei Monate Zeit, bevor er nun klarstellte: In dieser frühen Phase habe die Regierung keine rechtliche Grundlage benannt, die es dem Militär erlaube, in Illinois Gesetze durchzusetzen.

Auszug aus dem Urteil

Die Entscheidung ist kein endgültiges Urteil, sie hat jedoch Signalwirkung. Sie dürfte Auswirkungen auf weitere Klagen haben, die sich gegen Trumps Versuche richten, militärische Kräfte in amerikanischen Städten einzusetzen. Drei Richter, jeder einzelne Richter eine Sensation für sich – Samuel Alito, Clarence Thomas und Neil Gorsuch – widersprachen öffentlich. Richter Brett Kavanaugh stimmte zwar dem Stopp für Chicago zu, machte aber deutlich, dass er dem Präsidenten in möglichen künftigen Szenarien mehr Spielraum einräumen würde.

Für Trump ist das Ergebnis ungewöhnlich. Seit Januar hatte er vor dem Supreme Court mehrfach Erfolge in Eilverfahren erzielt. Das konservativ geprägte Gericht hatte ihm erlaubt, Transpersonen aus dem Militär auszuschließen, Milliarden an vom Kongress bewilligten Mitteln einzufrieren, schärfer gegen Migranten vorzugehen und die Leiter unabhängiger Bundesbehörden zu entlassen. Umso deutlicher fällt nun der Dämpfer aus. In Illinois wurde die Entscheidung begrüßt. Gouverneur JB Pritzker sprach von einem Sieg für den Bundesstaat und das Land. Amerikanische Städte und Gemeinden, so Pritzker, dürften nicht in Angst leben müssen vor maskierten Bundesbeamten, die Menschen nach Papieren fragen, sie nach Aussehen oder Akzent beurteilen und jederzeit militärische Präsenz auf die Straßen bringen könnten.

Das Weiße Haus hielt dagegen. Trumps Sprecherin Abigail Jackson erklärte, der Präsident habe die Nationalgarde aktiviert, um Bundespersonal und staatliches Eigentum vor gewalttätigen Ausschreitungen zu schützen. An dieser Linie halte die Regierung fest, ungeachtet der Entscheidung aus Washington. Die Bundesregierung hatte argumentiert, die Truppen seien notwendig, um föderale Einwanderungsgesetze durchzusetzen und Widerstand zu brechen. Richterin Perry sah dafür keine Grundlage. In Illinois gebe es weder Hinweise auf einen drohenden Aufstand noch Anzeichen dafür, dass Proteste die Abschiebeoffensive behindert hätten. Sie hatte den Einsatz zunächst für zwei Wochen untersagt und das Verbot im Oktober auf unbestimmte Zeit verlängert, während der Supreme Court den Fall prüfte.

Das konnten wir mehrfach live erleben

Im westlichen Vorort Broadview, wo sich eine ICE-Einrichtung befindet, kam es zuletzt zu angespannten Protesten. Bundesbeamte setzten dort Tränengas ein, auch gegen Journalisten. 21 Demonstranten wurden festgenommen, vier Polizisten verletzt. Dennoch sah das Gericht keinen Anlass, Soldaten einzusetzen. Die geplante Entsendung von rund 200 Nationalgardisten aus Texas wurde inzwischen komplett zurückgenommen. Der Fall Illinois ist nur einer von vielen. In Washington, D.C., klagt der Generalstaatsanwalt der Hauptstadt gegen den Einsatz von mehr als 2.000 Nationalgardisten. 45 Bundesstaaten haben sich dort eingeschaltet – 23 auf Seiten der Regierung, 22 auf Seiten der Kläger. In Oregon blockierte ein Bundesrichter den Einsatz dauerhaft, die dort stationierten Truppen aus Kalifornien wurden abgezogen. In Tennessee entschied ein Gericht zugunsten demokratischer Lokalpolitiker, die den Einsatz in Memphis stoppen wollten. In Kalifornien erklärte ein Richter den Einsatz im Raum Los Angeles für rechtswidrig, ohne die verbliebenen Soldaten sofort abzuziehen. Die Regierung hat mehrere dieser Entscheidungen bereits angefochten.

Was bleibt, ist ein selten klares Signal aus Washington: Auch unter Trump ist der Einsatz des Militärs im Inneren kein Selbstläufer. Die Gerichte setzen Grenzen, selbst wenn der Präsident sie immer weiter verschieben will. Na also – es geht doch. Frohe Weihnachten.

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