Kunst nach Maß – Trump ersetzt „schlimmstes Porträt aller Zeiten“ durch genehmigte Eigenkopie

VonRainer Hofmann

Juli 2, 2025

Es ist ein Vorgang, der selbst in der langen Geschichte der narzisstischen Staatskunst seinesgleichen sucht: Donald Trump hat sein offizielles Porträt im Kapitol von Colorado kurzerhand austauschen lassen – weil es ihm nicht schmeichelhaft genug war. Oder, wie er es auf Truth Social formulierte: „Truly the worst!“ – wirklich das Schlimmste. Und zwar nicht die Präsidentschaft, sondern das Bild. Die Darstellung, gemalt von der renommierten Künstlerin Sarah A. Boardman im Jahr 2019, hing seit Jahren neben jenem von Barack Obama. Ein Bild, das Trump nach eigener Aussage „verzerrt“ fand – also wahrscheinlich so, wie er auf den meisten Fotos ohne Weichzeichner aussieht. Das Kunstwerk zeigte den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten mit dem üblichen finsteren Blick, leicht schiefem Lächeln und einem Gesicht, das sich zwischen beleidigt und selbstverliebt nicht entscheiden konnte. Ein Kunstgriff – oder eben einfach Realität. Trump, der bereits seit Jahrzehnten lieber Spiegel betrachtet als Museen besucht, äußerte sich am 24. März 2025 in aller Öffentlichkeit über das Gemälde. „Ich würde lieber kein Bild haben als dieses“, schrieb er. Eine Drohung? Eine Bitte? Ein Wink mit dem Pinsel? Wie auch immer – das Gemälde wurde binnen 24 Stunden abgehängt. Da kennt man in Colorado offenbar keine künstlerische Freiheit, nur präsidiale Eitelkeit.

Doch der wahre Coup folgte erst jetzt: Ein neues Porträt ziert seither die ehrwürdige Rotunde des Staatshauses in Denver. Gespendet – wie offiziell verlautet wurde – vom Weißen Haus. Was natürlich bedeutet: Trump selbst hat’s ausgesucht. Vielleicht hat er es sogar selbst gemalt, mit Goldrand, Föhnfrisur und einem kleinen Bibelzitat auf dem Rahmen. Auf dem neuen Bild ist Trump jünger, schlanker und deutlich blonder als in der Realität – eine Art staatsmännischer Instagram-Filter in Öl. Die Haut wie Mar-a-Lago-Gelatine, das Kinn entschlossen, die Pose heroisch. Kritiker vermuten: Vorlage könnte ein PR-Foto aus dem Jahr 2016 gewesen sein, entstanden kurz bevor die Wirklichkeit einsetzte. Der Vorgang wirft Fragen auf – nicht nur über Kunst und Macht, sondern auch über das Verhältnis von Porträt und Porträtiertem. Darf ein Präsident bestimmen, wie er in einem öffentlichen Gebäude dargestellt wird? Und was sagt es über eine Gesellschaft aus, wenn ein Staat seine Ikonen nach dem Wohlgefallen der Ikone selbst auswählt?

Kunsthistoriker sehen in dem Austausch eine gefährliche Präzedenz: „Wenn Porträts nicht mehr dem Blick der Künstlerin, sondern dem Ego des Abgebildeten folgen, dann wird aus Geschichte Dekoration“, meint Professorin Lydia Gellert von der University of Colorado. Andere sprechen von „ästhetischer Autokratie“, manche einfach nur von „schlechter Geschmackspolitik“. Unterdessen schweigt Sarah A. Boardman zu der Demontage ihres Werks. Ihr Bild – einst im Zentrum der Macht – wurde mittlerweile im Lager verstaut, wo es vermutlich neben aussortierten Masken, Windrädern und Integrationsprogrammen liegt. Derweil sonnt sich das neue Trump-Gemälde im Rampenlicht – genau dort, wo es sein Schöpfer am liebsten hat: in der Mitte. Größer als Obama. Und vermutlich in einem Rahmen, der bald twittern kann. Es bleibt dabei: Wer Geschichte schreibt, will heute auch bestimmen, wie er dabei aussieht. Und Donald Trump, Meister der Eigeninszenierung, hat wieder einmal bewiesen, dass ihm nichts heilig ist – außer dem Bild von sich selbst.

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