„Kein König, kein Knecht“ – Amerikas Aufstand gegen Trump und die Schüsse von Salt Lake City

VonRainer Hofmann

Juni 15, 2025

Es war ein Samstag, der in keinem Lehrbuch stehen wird, aber in den Herzen bleibt. Nicht, weil ein Präsident gestürzt wurde – sondern weil Millionen Menschen gingen. Sie kamen mit Trommeln, Transparenten, aufrechten Blicken. Mit Flaggen, die verkehrt herum wehten – als stummes Signal der Not. Mit Stimmen, die durch Städte, Vororte und weite Ebenen hallten wie ein uralter Ruf: „No Kings!“ Kein König. Kein Thron. Kein Donald Trump, der sich über Recht, Moral und Menschlichkeit erhebt.

In Philadelphia, wo einst der Traum von Unabhängigkeit niedergeschrieben wurde, zogen sie in den Kostümen der ersten Revolutionäre durch die Straßen. Dieses Mal war die Botschaft klarer denn je: Demokratie braucht keine Krone – sie braucht Rückgrat. In Seattle zählten sie über 70.000, Atlanta platzte aus allen Nähten, Charlotte, Austin, Los Angeles, Salt Lake City – überall gingen sie, überall standen sie, überall hielten sie dagegen. Was mit Trumps ICE-Razzien begann und mit der Entsendung von 4.700 Soldaten nach Los Angeles eskalierte, hat sich in etwas viel Größeres verwandelt: Ein Fanal der Freiheit, quer durch die Staaten, durch Ideologien, durch das Schweigen. „Heute haben Amerikaner in roten wie blauen Staaten, in Dörfern und Großstädten gezeigt: Wir dulden keine Könige“, hieß es vom No-Kings-Bündnis – während andernorts bereits Tränengas brannte.

In Downtown Los Angeles begann der Tag mit Trommeln, Familien, Straßenverkäufern. Native Americans eröffneten die Kundgebung, Peter Varadi, ein ehemaliger Trump-Wähler, trug eine mexikanisch-amerikanische Flagge. „Ich habe ihn gewählt“, sagte er, „aber das hier ist Faschismus.“ Als die Menge das Bundesgebäude erreichte, wurden sie von berittenen Polizisten mit Holzstöcken zurückgedrängt, andere feuerten Gummigeschosse und Tränengas. Einige schrien „Schande!“, andere machten Selfies mit Soldaten. Marines in Kampfmontur bewachten die Innenstadt – das erste Mal seit ihrer Verlegung am Freitag.

Los Angeles

In New York rollte der Protest über die Fifth Avenue: weiße Kleider wie bei den Suffragetten, 250 kleine US-Flaggen, verteilt von zwei Frauen, die für ihre Mütter und ihre Töchter marschierten. „Unsere Mütter haben für Rechte gekämpft“, sagte Leah Griswold. „Jetzt kämpfen wir für die Zukunft.“ Es wurde getrommelt, gesungen, geschwiegen – und nichts davon war unpolitisch.

New York City

Portland wurde am Abend zum Brennpunkt. Während am Tag noch Musik und Fahnen dominierten, standen sich am Abend Demonstrierende und Einsatzkräfte gegenüber. Am Tag der „No Kings“-Proteste wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, nachdem eine Gruppe von Demonstrierenden erneut das örtliche @ICEgov-Gebäude gewaltsam angegriffen hatte.

Augenzeugenberichten zufolge wurden Fensterscheiben eingeschlagen, und es gab Versuche, Teile der Einrichtung in Brand zu setzen. Das Gebäude liegt in unmittelbarer Nähe einer Grundschule – was zusätzliche Sicherheitsbedenken auslöste. Tränengas, Festnahmen, Verletzte. Vor dem ICE-Gebäude lag der Rauch schwer in der Luft. Die Polizei erklärte die Versammlung zum Aufruhr. Und doch wich kaum jemand.

„No Kings“-Kundgebung in Portland. Bring dein Unterstützungstier mit.“

Dann Salt Lake City. Dort, wo viele die Proteste eher von außen betrachten, fielen Schüsse. Eine Person wurde lebensgefährlich verletzt. Drei wurden verhaftet, darunter der mutmaßliche Schütze, der ebenfalls eine Wunde erlitt. Laut Polizei trug er Flugblätter der No-Kings-Bewegung bei sich. Ob es ein gezielter Anschlag war, bleibt unklar. Was bleibt, ist das Entsetzen – und der Trotz der Vielen, die dennoch kamen. Auch am Tag danach.

Salt Lake City. Dort, wo viele die Proteste eher von außen betrachten, fielen Schüsse. Eine Person wurde lebensgefährlich verletzt. Drei wurden verhaftet, darunter der mutmaßliche Schütze

In Missouri zogen Hunderte durch den Forest Park in St. Louis, in Tallahassee waren es mehr als 3.000, viele davon Studierende und junge Menschen, die Angst vor Trumps Bildungspolitik haben. In Olympia, Washington, blockierten Demonstrierende das Kapitol und hielten Schilder in den Himmel: „Resist like rain – we fall, we rise, we flood.“ Auch sie wollten nicht schweigen. Und auch in Charlotte kamen sie – Naomi Mena fuhr eine Stunde, „für Freundinnen und Freunde, die nicht mehr laut sein dürfen“, wie sie sagte. Jocelyn Abarca, 21, erklärte: „Wenn wir jetzt nicht aufstehen, wird es nur schlimmer.“

Und auch in Charlotte kamen sie

In Texas, vor dem Kapitol in Austin, blieb das Gebäude selbst nach einer Bombendrohung geschlossen, aber draußen sprach das Volk. Dutzende demokratische Abgeordnete blieben auf dem Platz, unter ihnen viele, gegen die sich die Drohung gerichtet hatte. Wenige Stunden später wurde ein Verdächtiger festgenommen. Der Protest blieb und in Dallas dachte man sich etwas ganz Besonderes aus.

Dutzende Frauen, gekleidet wie Mägde aus The Handmaid’s Tale, marschierten schweigend durch die Innenstadt von Dallas – als Teil eines „March of Dissent“, einem Protestmarsch des Widerspruchs, im Vorfeld der „No Kings“-Demonstration gegen die Politik der Trump-Regierung.

Und schließlich Culpeper, Virginia. Eine Kleinstadt, ein SUV, ein Angriff. Ein 21-Jähriger raste in eine sich auflösende Menschenmenge. Eine Person wurde verletzt. Der Fahrer verhaftet. Es war ein brutaler Kontrast zu all dem, was friedlich begann – aber auch eine Mahnung, wie schnell aus Worten Gewalt werden kann.

Während Donald Trump sich an seinem Geburtstag eine Militärparade schenkte, erhob sich das Land. In Hochburgen der Republikaner ging das Volk auf die Straße. Nicht mit Hass. Nicht mit Feuer. Sondern mit Haltung. Mit Worten, mit Flaggen, mit Schritten auf Asphalt. Es war ein Samstag, der bleibt – nicht wegen eines Umsturzes, sondern weil er die Würde so vieler sichtbar machte. Amerika hat gesprochen. Nicht einstimmig. Aber unüberhörbar.

Boise, Idaho


Kein König. Kein Knecht. Kein Trump – ohne Widerstand.

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Helga M.
Helga M.
3 Monate zuvor

❤️

Uschi
Uschi
3 Monate zuvor

Happy Birthday Mr President. Jeder so
wie er es verdient.

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