Jeffrey Epstein – Das schwarze Buch und die Heiligtümer des Todes

VonRainer Hofmann

Juli 29, 2025

Es begann mit einem unscheinbaren Lederband, einem schwarzen Adressbuch voller Namen, Telefonnummern und verschlüsselter Notizen. Für die einen war es nur ein weiteres Relikt aus der Welt der Superreichen. Für die anderen war es der Schlüssel zu einem Netzwerk, das von den Stränden Floridas bis in die Paläste Europas reichte. Alfredo Rodriguez, Jeffrey Epsteins langjähriger Butler in Palm Beach, bewahrt es wie eine Versicherungspolice auf. Er wusste, dass in diesem Buch nicht nur die illustre Gesellschaft der Mächtigen verzeichnet war, sondern auch die Konturen einer Geschichte, die niemand öffentlich erzählt sehen wollte.

Als die ersten Ermittlungen gegen Epstein zwischen 2005 und 2008 begannen, sicherte Rodriguez heimlich Kopien. Der Mann, der täglich Champagner servierte und die Gäste am Pool beobachtete, verstand plötzlich, dass die Welt, in der er arbeitete, gefährlicher war als jede Villa erahnen ließ. Doch er übergab das Buch nicht den Behörden, sondern versuchte, es für 50.000 Dollar an Opferanwälte zu verkaufen. 2011 verhaftete das FBI den Butler, nicht wegen dessen Wissens, sondern wegen seines Schweigens und seiner Versuche, das Wissen zu versilbern. Er bekannte sich der Behinderung der Justiz schuldig und saß anderthalb Jahre im Gefängnis. Erst nach seiner Entlassung tauchten die Inhalte des Black Book in Zivilverfahren auf, und schließlich landeten sie bei den Ermittlungsbehörden – Doch ließ man die Öffentlichkeit im Unklaren, ob jemals das Original oder nur Kopien vorlagen.


FEDERAL BUREAU OF INVESTIGATION (FBI)
Transkriptionsdatum: 02.12.2009 – (Uns liegt die ungeschwärzte Fassung dieses Dokuments vor, das der Öffentlichkeit bislang nur in redigierter Form zugänglich war. Daher stellen wir diese vollständige Übersetzung des Dokuments hier zur Verfügung.)

ALFREDO RODRIGUEZ, geboren am 12.04.1954, Sozialversicherungsnummer 453-49-9253, wohnhaft in 11349 SW 86th Lane, Miami, Florida, wurde befragt, nachdem er auf seine Miranda-Rechte verzichtet hatte, in 7920 Glades Road, Boca Raton, Florida. Nachdem ihm die Identität der vernehmenden Beamten und der Zweck des Gesprächs erläutert worden waren, gab er folgende Informationen: RODRIGUEZ arbeitete für Jeffrey Epstein als Hausverwalter für etwa sechs Monate zwischen 2004 und 2005. Während seiner Beschäftigung erhielt er eine Kopie eines schwarzen Buches und anderer Unterlagen, die die Kontaktdaten zahlreicher Personen enthielten. RODRIGUEZ erklärte, dass das schwarze Buch die persönlichen Telefonnummern und Adressen von Epsteins Freunden, Geschäfts­partnern und Gästen enthielt. RODRIGUEZ gab an, dass er vergessen habe, dass er diese Gegenstände besaß, bis vor ein paar Monaten. RODRIGUEZ wollte diese Unterlagen für 50.000,00 $ an Anwälte verkaufen, die die Opfer von Epstein vertraten, weil er seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes bei Epstein nicht mehr hatte arbeiten können. Während seiner Beschäftigung bei Epstein erledigte RODRIGUEZ die täglichen Abläufe in der Residenz in Palm Beach, darunter das Begrüßen von Gästen, das Entgegennehmen von Nachrichten und die Führung des Haushaltslogbuchs. RODRIGUEZ teilte diese Informationen weder dem FBI noch einer anderen Strafverfolgungsbehörde mit, obwohl er wusste, dass es eine laufende Ermittlung gab, weil er Angst vor Jeffrey Epstein und möglicher Vergeltung hatte. RODRIGUEZ gab an, dass er der Polizeibehörde von Palm Beach einige Informationen im Zusammenhang mit der Epstein-Sexualstrafuntersuchung 2005–2006 gegeben habe.


In Wahrheit ist diese Frage längst beantwortet: Das FBI verfügt ausschließlich über Kopien, das Original hat es nie besessen. Auch bei Anwälten liegt es nicht, und es ist nicht spurlos verschwunden wie so vieles in diesem Fall. Unsere eigenen Recherchen und Netzwerke reichen tief, weit über das hinaus, was bisher publik wurde. Wir haben Quellen, die bestätigen, dass die vollständige Version des Black Book weit mehr enthielt als nur Namen und Telefonnummern – und dass seine ersten Einträge bis ins Jahr 1989 zurückreichen.

Von diesem Moment an nahm die Geschichte eine unheilvolle Wendung. Alfredo Rodriguez starb 2015 an Krebs, kurz nachdem sein Schweigen gebrochen war. Jeffrey Epstein selbst fand 2019 seinen Tod in Zelle 9 des Metropolitan Correctional Center in New York, in einer Nacht, in der die Kameras angeblich versagten und Protokolle voller Lücken blieben. Jean‑Luc Brunel, Model-Scout und Epsteins alter Freund, wurde 2022 leblos in einer Pariser Gefängniszelle aufgefunden – wieder war die Überwachung am entscheidenden Tag gestört. Steve Hoffenberg, Epsteins früherer Geschäftspartner und einer der wenigen, die offen über die geheimen Finanz- und Informationskanäle sprach, starb 2022 einsam in seiner Wohnung, offiziell an einem „unattended death“. Und 2025 folgte Virginia Giuffre, die wichtigste Stimme der Überlebenden, deren Suizid in Australien die Öffentlichkeit erschütterte. Das schwarze Buch selbst, dieser stumme Zeuge, bleibt ein Phantom. In den Akten der Zivilverfahren erscheinen nur Kopien, teils geschwärzt, teils unvollständig, und die Behörden arbeiten ausschließlich mit Duplikaten. Das Original, dessen Einträge wie ein Brennglas auf die Verflechtungen von Macht, Geld und Missbrauch wirken, ist weiterhin außerhalb staatlicher Reichweite. Wer das schwarze Buch heute betrachtet, sieht nicht immer dasselbe Dokument – und genau das ist Teil seiner Geschichte. Die ersten Kopien stammen von Alfredo Rodriguez, Epsteins Butler, der das Original zwischen 2005 und 2008 heimlich vervielfältigte. Seine Versionen sind graustufig, oft mit handschriftlichen Kreisen, Häkchen und Unterstreichungen versehen, die aus Sicht der Ermittler wie stille Warnsignale wirken. Jahre später tauchte das Black Book erneut in den Gerichtsakten der Zivilklage von Virginia Giuffre gegen Ghislaine Maxwell auf – diesmal als aufgeräumte, gesäuberte PDF-Scans, vielfach ohne die Markierungen des Butlers und mit geschwärzten Telefonnummern oder Adressen. Die Spaltenstruktur blieb gleich, doch der Eindruck veränderte sich: neutraler, fragmentarischer, beinahe amtlich. Dass es so unterschiedliche Fassungen gibt, liegt nicht an Fälschungen, sondern daran, dass bis heute niemand das Original in Händen hält – weder FBI noch Gerichte, nur Kopien, die über die Jahre ihre eigene, verstörende Geschichte erzählen.

„Jeffrey war kein gewöhnlicher Mann,“ sagte Steve Hoffenberg einst über seinen früheren Partner. „Er war eine Operation. Wer das nicht versteht, versteht gar nichts.“

Fortsetzung folgt …

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Ela Gatto
Ela Gatto
2 Monate zuvor

Das Buch ist doch ein Hoax. Erstellt von Clinton, Obama und Biden ……. glaubt Trump diese Aussage selber?
Wie dumm muss sein Umfeld, seine Basis sein, wenn man das für bare Menzel nimmt.

Danke, dass Ihr diese gefährlicher Aufdeckung weiter führt.

Jürgen Neunert
Jürgen Neunert
2 Monate zuvor

Danke für die super Arbeit

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