Führerstaat Amerika – Trump straft, wer ihn kritisiert

VonRainer Hofmann

September 19, 2025

Was gerade in Washington passiert, ist kein rhetorischer Ausrutscher, kein unbedachter Satz eines Politshowman. Es ist die systematische Entkernung einer Gesellschaftsordnung. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten vor Reportern auf Air Force One sagt: „Sie geben mir nur schlechte Publicity, oder Presse“, und wenig später erklärt: „Ich würde denken, vielleicht sollten ihnen die Lizenzen entzogen werden“, dann ist das keine normale Politik mehr – das ist das Sprechen eines Mannes, der Kritik mit Strafe beantwortet.

Wer das noch als bloße Übertreibung abtut, verkennt die Größe des Angriffs: Es geht längst nicht mehr um Debatte, es geht um Abschalten. Nicht durch Panzer, sondern durch Behörden. Nicht durch Gefängnistore, sondern durch Lizenzentzug. Die Botschaft ist eindeutig: Wer den Führer nicht feiert, verliert seine Stimme. Das ist die Logik autoritärer Systeme in Reinform – hier aber verkündet vom Präsidenten eines Landes, das vorgibt, die Bastion der Freiheit zu sein.

Unsere Recherchen haben bereits gezeigt, wie dieses Kalkül funktioniert. Die nüchternen Sätze in einem GAO-Bericht, Antwortschreiben des DHS, interne FBI-Checklisten, die Aussagen von Patel, Bondi, Gorka und Trump Jr. – sie fügen sich zu einem Gesamtbild, das keine Zweifel lässt. Die Regierung benutzt den Sicherheitsapparat nicht, um Demokratie zu schützen, sondern um sie umzubauen. Sie ersetzt Fakten durch Konstruktionen, Recht durch Ideologie, Sicherheit durch Angstpolitik. Es ist eine stille, aber fundamentale Kriegserklärung an die Demokratie. Nicht mit Waffen, sondern mit Papieren. Nicht durch Gewalt auf der Straße, sondern durch Kategorien in Datenbanken. Gerade weil sie so unscheinbar daherkommt, ist sie so gefährlich. (Siehe unseren Artikel unter: https://kaizen-blog.org/kriegserklaerung-an-die-demokratie-wie-trump-transmenschen-antifa-und-demokraten-zum-neuen-feindbild-macht/ )

Schritt für Schritt entsteht ein Raster: Kategorien, die zunächst wie Verwaltungskürzel klingen, entwickeln eine brandgefährliche Schärfe. Zuerst sind es „Transmenschen“, „Antifa“ oder „Demokraten“ – Schlagworte, die als Feindbilder herhalten. Doch das ist nur der Anfang. Journalisten, Aktivistinnen, Satiriker, Late-Night-Moderatoren, die eine Pointe wagen – sie alle können morgen bereits dazugehören. Schon jetzt droht ein Präsident offen damit, Rundfunklizenzen an Wohlverhalten zu koppeln. Das ist keine Unbedachtheit, das ist Strategie.

Grenzenloser faschistischer Irrsinn in einem Land, das sich einst die Wiege der Demokratie nannte

Die Besonderheit dieses Angriffs liegt in seiner Banalität. Man verpackt Entmündigung in Verwaltungssprache. Man ersetzt offene Zensur durch scheinbar neutrale Prüfungen. Und während auf der Bühne das Mantra von „Free Speech“ wiederholt wird, verlagert die Exekutive die Kontrolle darüber, wer reden darf und wer nicht, in die Hände einer kleinen Clique. Die USA haben sich damit längst von der Demokratie verabschiedet – und so muss man sie auch behandeln.

Die Folgen reichen weit über Amerika hinaus. Wenn die einst führende Demokratie der Welt beginnt, Kritik systematisch aus dem öffentlichen Raum zu schneiden, hat das Signalwirkung. Autoritäre Regime sehen ihre Praxis bestätigt. Verbündete applaudieren, Nachahmer folgen. Orbán in Ungarn hat bereits die Sprache übernommen. Die internationale Ordnung, die auf wechselseitiger Achtung und öffentlicher Kontrolle beruht, wird Stück für Stück delegitimiert – nicht durch Soldaten, sondern durch Gesetze und Verordnungen.

Die psychologische Dimension dieses Angriffs darf man nicht unterschätzen. Ein Präsident, der erklärt, Sender sollten ihre Lizenz verlieren, weil sie ihn kritisieren, handelt nicht mehr im Rahmen politischer Rationalität. Das ist Größenwahn. Was früher Groll hieß, ist jetzt Staatsdoktrin. Die USA werden so zur Arena einer Horde, die ihre Regeln nach persönlicher Rache formt. Die Welt trägt die Folgen.

Deutschland und Europa sollten daraus mehr machen als eine Randnotiz. Es reicht nicht, Empörung zu äußern; demokratische Staaten müssen ihre Medienfreiheit aktiv verteidigen und internationale Schutzmechanismen für unabhängige Berichterstattung stärken. Regulierung darf niemals zum Vorwand für die Eliminierung kritischer Stimmen werden. Wer heute schweigt, liefert die Munition für morgen.

Die Wahrheit ist so einfach wie brutal: Ein Land, dessen Führer offen sagt, er wolle kritischen Sendern die Lizenz entziehen, hat die Demokratie längst verlassen. Das ist der Punkt, an dem man nicht mehr relativieren darf. Das ist der Moment, in dem man aufstehen muss – laut, klar, kompromisslos.

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Josef Sanft
Josef Sanft
6 Tage zuvor

Völlig richtig, das ist der Moment, wo man aufstehen muss.
Und dann sieht man die Bilder von ein paar Dutzend Protestlern.Und das ist der Moment, wo mir der Glaube fehlt, dass die USA den Widerstand aufbringen, der nötig wäre, dies alles zu verhindern. Keine großen Massendemos, kein großer medialer Aufschrei, nur ein paar Dutzend Menschen, die sich gegen diese Willkür und Autokratisierung auflehnen.
Wir sollten alles tun, daraus zu lernen und es bei uns nicht soweit kommen zu lassen.

Ela Gatto
Ela Gatto
5 Tage zuvor

Die internationale Empörung ist wieder einmal schreiendes Schweigen.
Wie fast immer.

Keiner wagt es Trump zu kritisieren.

Governor Newsome bringt es gut auf den Punkt.
Wer jetzt schweigt, macht sich mitschuldig am Fall der Demokratie.
Das richtet sich vor allem an seine demokratischen Parteigenossen.
Sie stehen nicht aufrecht und unbeugsam gegen die fortschreitende Diktatur.
Sie nehmen den Wählerauftrag nicht ernst, denn Sie verraten ihre Wähler.
Seine Worte waren auch an die Demokraten berichtet, die nicht gegen einen Charlie Kirk Memorial day gestimmt haben.
Er hat mit Allem recht.

Wer begehrt noch wirklich auf?
Demonstrationen werden zur Lebensgefahr.
Politiker Schweigen, wie sie es seit Trumps Amtsantritt tun.
Celebrities sind auch sehr Schweigen, bis auf ein paar kritisch Stimmen.
Aus der Sportwelt hört man auch nichts.

Sollen es ein paar kritisch Stimmen und ein paar investigative Journalisten (wie ihr) reißen?
Wenn die demokratische Bevölkerung jetzt nicht gemeint und standhaft aufsteht, ist jeder kleine Gewinn nur ein winziger Aufschub, aber die diktatorische Welle kann damit nicht gebremst werden.

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