Es ist keine neue Anklage – und doch klingt sie schärfer, persönlicher, schonungsloser als viele zuvor. Michael Wolff, langjähriger Trump-Beobachter und Autor mehrerer Bestseller über den Präsidenten, hat in einem Interview einen bemerkenswert offenen Einblick in das Denken des 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten gegeben. Es sei, so Wolff, nicht bloß politisches Kalkül, sondern eine tief verwurzelte Überzeugung: Donald Trump halte die Welt für einen besseren Ort, wenn es in ihr keine Schwarzen Menschen gäbe – oder zumindest keine, deren Existenz er wahrnehmen müsse.
„Ganz offensichtlich hat er ein Problem mit Schwarzen Menschen“, sagte Wolff. „Für ihn ist die Welt besser, wenn Schwarze Menschen nicht da sind – oder wenn er sie nicht wahrnehmen muss. Wenn sie nicht in dem vorkommen, was er als Nullsummenspiel zwischen Schwarzen und Weißen sieht.“ Wolff sprach dabei nicht von Andeutungen, sondern von persönlichen Eindrücken, aus nächster Nähe beobachtet. In der Trump-Welt, so erklärte er weiter, habe das Wort „rassistisch“ längst seine abschreckende Wirkung verloren. Es sei zu einer Art Auszeichnung geworden – ein Zeichen der Abgrenzung von einem liberalen Diskurs, den Trump und sein Umfeld verachten. Die Liste der rassistischen Entgleisungen des Präsidenten ist lang und gut dokumentiert. Bereits 1973 verklagte das US-Justizministerium Trump und seinen Vater Fred wegen diskriminierender Wohnungsvergabe an Schwarze Bewerber. Später machte er sich als einer der lautesten Vertreter der rassistisch motivierten „Birther“-Bewegung einen Namen, die Barack Obama das Recht auf die Präsidentschaft absprach. Auch seine Haltung gegenüber der sogenannten „Central Park Five“ ist berüchtigt: Fünf Jugendliche, mehrheitlich schwarz, wurden 1989 fälschlich der Vergewaltigung einer weißen Frau bezichtigt. Obwohl sie 2002 vollständig rehabilitiert wurden, hält Trump bis heute an ihrer Schuld fest. Er ließ einst eine ganzseitige Zeitungsanzeige schalten, in der er die Wiedereinführung der Todesstrafe forderte – ohne Reue, ohne Rücknahme.
Seine Präsidentschaft begann Trump mit einer Rede, in der er Mexikaner pauschal als „Vergewaltiger“ und „Kriminelle“ bezeichnete. Wenig später relativierte er den Aufmarsch weißer Nationalisten in Charlottesville mit der Bemerkung, dort habe es auch „sehr anständige Leute“ gegeben. Und als er 2018 während eines Treffens im Oval Office über die Einwanderung aus Haiti und afrikanischen Ländern sprach, nannte er sie schlicht „Drecksloch-Staaten“.
Für Michael Wolff sind all diese Aussagen nicht die Summe zufälliger Ausfälle, sondern Ausdruck eines konsistenten Weltbildes – eines, das zutiefst rassistisch geprägt sei. Trump sehe Schwarze Menschen nicht als Teil eines gemeinsamen „Wir“, sondern als Gegenpol. „Er hält sie für grundlegend anders als Weiße“, so Wolff. Und er gehe sogar so weit zu sagen, dass das Wort „rassistisch“ in Trumps Umfeld nicht mehr als Beleidigung gelte, sondern als eine Art Ehrenabzeichen. Es signalisiere Stärke – oder das, was in seinem Lager als Stärke gilt: die bewusste Verletzung von Tabus, die Zurückweisung jeglicher Gleichheitsidee.
Diese Sichtweise ist es, die Trumps öffentliche Aussagen so gefährlich macht. Es geht nicht nur um beleidigende Rhetorik, sondern um ein politisches Projekt, das auf Ausgrenzung baut – kulturell, sprachlich, ideologisch. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten Menschen nicht als gleichwertig begreift, hat das Folgen weit über einzelne Skandale hinaus. Es prägt die Sprache, das Denken, die Gesetze eines ganzen Landes. Donald Trump selbst behauptet gern, er sei der „am wenigsten rassistische Mensch, den je jemand interviewt hat“. Doch seine Biografen, seine Vergangenheit – und seine eigene Stimme – erzählen eine andere Geschichte. Und sie ist so deutlich, wie sie erschreckend ist. Was bleibt, ist nicht die Frage, ob Trump rassistisch ist – sondern wie lange ein demokratisches System die Normalisierung seines Denkens noch erträgt.