Elon Musk und das große Missverständnis – eine Bilanz in Trümmern

VonRainer Hofmann

Mai 30, 2025

Er kam mit einer Kettensäge nach Washington – im übertragenen wie im politischen Sinne. Elon Musk, Multiunternehmer, Milliardär und selbsternannter Verwaltungsreformer, betrat die politische Bühne mit dem Gehabe eines Mannes, der glaubt, alles sei lösbar – mit Geld, mit Tempo, mit Code. Seine Mission: den Staatsapparat effizient machen, das Establishment zerschlagen, Amerika vor dem finanziellen Ruin retten. So jedenfalls lautete die Erzählung, mit der Donald Trump ihn im Weißen Haus installierte. Doch die Realität, die Musk nun hinterlässt, sieht anders aus: ein Trümmerfeld, durchsetzt mit leeren Versprechungen, überzogenen Einsparzielen – und einem zutiefst verstörten Beamtenapparat.

Trump hatte in ihm nicht nur einen engen Vertrauten, sondern vor allem einen enormen Geldgeber gefunden. „Ein kluger Kerl“, sagte er, „der dieses Land wirklich liebt.“ Und so wurde Elon Musk nicht nur Berater, sondern Schattenpräsident – mit schwarzer MAGA-Kappe, mit eigenem Büro, mit Kindern im Oval Office, mit Nächten im Lincoln Bedroom. Er flog in der Air Force One, schlief im Weißen Haus, dirigierte Kabinettssitzungen im T-Shirt. Musk war allgegenwärtig – und stilistisch vollkommen unberechenbar.

Er versprach, mit seinem neu geschaffenen „Department of Government Efficiency“ (DOGE) die Ausgaben des Bundes zu halbieren – mindestens. Zwei Billionen Dollar wollte er einsparen. Im Wahlkampf sprach er von „katastrophalem Staatsversagen“, von Behörden, die man wie Altgeräte in den Container werfen müsse. Er versprach Durchblick und Disruption – und handelte wie ein CEO, dem niemand widerspricht. Doch die Realität folgte eigenen Gesetzen.

Der Kettensägensound der Verwaltung

Musk ließ Softwareingenieure in sensible Systeme eindringen, setzte Beamte unter Druck, entließ Tausende, schloss Abteilungen, verachtete Protokoll. Der Verbraucherschutz CFPB? „RIP ☠️“, schrieb er. USAID, das Rückgrat amerikanischer Entwicklungshilfe? „Hab das Wochenende damit verbracht, USAID durch den Holzschredder zu jagen.“ Und als Journalisten ihn mit den Folgen konfrontierten – mit hungernden Kindern, gestoppten Hilfslieferungen, weltweiten Notrufen – sagte Musk: „Es ist noch niemand gestorben.“

Was wie ein schlechter Witz klang, war bitterer Ernst. Die USA hatten sich mit einem Mann eingelassen, der den Staat als fehlerhaften Code betrachtete, den man löschen könne. Und Trump ließ ihn gewähren. Im Inneren der Regierung wurden unterdessen Richtlinien verschickt, die aus einem Start-up stammen könnten: Jeder Mitarbeiter sollte wöchentlich fünf erledigte Aufgaben melden – „failure to respond will be taken as a resignation“. Dass solch ein Stil dem öffentlichen Dienst fremd war, interessierte niemanden. Menschen wurden entlassen, dann zurückgeholt, dann erneut entlassen. Die FDA musste Laborpersonal, Reiseplaner und Verwaltungsangestellte nachträglich reaktivieren, weil ganze Bereiche stillstanden.

„Es war hart. Meine Aufgabe ist es jetzt, Heilung zu ermöglichen“, sagte FDA-Kommissar Marty Makary nüchtern – als würde er von einem kollektiven Trauma sprechen.

Und dann war da noch der Spaß

Währenddessen nutzte Musk das Weiße Haus wie einen Spielplatz: Er ließ Teslas in der Auffahrt ausstellen, installierte einen Gaming-Screen im Büro, ließ sich Karamelleis aus der Küche bringen. „Das Zeug ist unglaublich“, schwärmte er. „Ich hab einen ganzen Becher gegessen.“ Und wenn Trump fragte, ob er über Nacht bleiben wolle, sagte er eben ja.

Seine Bilanz? Musk selbst formulierte sie so:

„Es ist schon lustig, dass wir jetzt DOGE haben.“
(Anspielung auf das Meme mit dem japanischen Shiba-Inu-Hund – und zugleich der Name seiner Behörde.)

Ein milliardenschweres Desaster in Zahlen

Was bleibt von seinem Sparkurs? Ursprünglich wollte Musk 2 Billionen Dollar einsparen. Im Januar sagte er: „Vielleicht schaffen wir eine Billion.“ Im April dann: „150 Milliarden wären schon großartig.“ Selbst diese Zahl ist fraglich – DOGE manipulierte regelmäßig Darstellungen, übertrieb Einsparungen, versäumte belastbare Nachweise.

Zum Vergleich: Bill Clinton gelang mit seiner Reformagenda inflationsbereinigt eine Einsparung von rund 240 Milliarden Dollar – über Jahre, mit Konzept, mit Plan. Elaine Kamarck, Mitverantwortliche der damaligen Initiative, sagte rückblickend:

„Wir sind es systematisch angegangen – Ressort für Ressort.“

Musk hingegen, so Alex Nowrasteh vom libertären Cato-Institut, sei angetreten ohne Kenntnis der Verwaltungsmechanik, ohne Geduld, ohne Strategie:

„Sie haben Dinge verändert, ohne zu wissen, wie der Staat funktioniert. Viele Fehler waren hausgemacht.“

Und sein Fazit:

„Sie waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“

Die Show geht weiter – oder auch nicht

Trump kündigte eine gemeinsame Pressekonferenz an: „Das ist sein letzter Tag – aber eigentlich nicht, denn Elon wird immer bei uns sein.“ Man darf davon ausgehen, dass die Show weitergeht. Doch die Regierung ist geschwächt, die Verwaltung gedemütigt, das Vertrauen erschüttert.

Und Elon Musk? Er zieht weiter – mit Eiscreme im Gepäck und der Kettensäge in der Hand.

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