Ein verlorenes Verfahren – und eine bewusst erzählte Unwahrheit von …, klar, Alice Weidel

VonRainer Hofmann

Dezember 20, 2025

Was Alice Weidel derzeit als Triumph verkauft, ist bei genauer Betrachtung das Gegenteil. Das Urteil vom 18. Dezember 2025, des Verwaltungsgerichts Weimar, AZ 8 K 1271/23 We ist klar, nüchtern und deutlich – und es widerspricht dem Bild, das Weidel öffentlich zeichnet. Die AfD hat ihre Klage in fast allen Punkten verloren. Das Gericht hat weder den Thüringer Verfassungsschutz delegitimiert, noch dessen Arbeit beanstandet. Es hat keine politische Verfolgung festgestellt, keinen Machtmissbrauch, keine unzulässige Bekämpfung einer Oppositionspartei. Die Beobachtung der AfD bleibt rechtmäßig.

Warum stellt ihr euch nicht einfach eine Frage: Wenn eine Partei doch immer recht haben will, es voll drauf hat, warum müssen sie bei jeder Kleinigkeit lügen?

Beanstandet wurde ein einzelner formaler Punkt. Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hätte in einem Interview eine wertende Bemerkung zum AfD-Programm unterlassen müssen. Mehr steht nicht im Urteil. Persönliche Meinungen sind nicht zulässig, ein unbedeutender Punkt. Zudem ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. Also kann die AFD noch Einspruch einlegen, ach sorry, ich hatte es schon wieder vergessen, es war ja ein totaler Sieg gemäss Wahl-Schweizerin Alice Weidel

Aus diesem schmalen Randaspekt macht Weidel öffentlich etwas völlig anderes. Sie spricht von einer Niederlage für den Verfassungsschutz, erklärt dessen Arbeit zur Gefahr und stellt den Staat als Täter dar. Das ist nicht durch das Urteil gedeckt. Wer die Entscheidung liest, erkennt sofort: Diese Darstellung ist falsch. Sie lässt zentrale Passagen weg, dreht die Gewichtung um und erzeugt einen Eindruck, der mit der gerichtlichen Feststellung nichts zu tun hat. Damit wird ein weiterer Schritt vollzogen – der Betrug an den eigenen Wählerinnen und Wählern. Ihnen wird suggeriert, ein Gericht habe der AfD im Grundsatz recht gegeben. Tatsächlich hat das Gericht die Klage fast vollständig zurückgewiesen. Diese Diskrepanz ist kein Missverständnis. Sie ist kalkuliert. Ein unbedeutender Nebenpunkt wird aufgeblasen, der Rest verschwiegen. Das sind Fake News als präzise Beschreibung.

Juristische Einordnung: Warum „Klatsche“ hier irreführend ist

Wer ein Urteil wie das des Verwaltungsgerichts Weimar (Az. 8 K 1271/23 We) öffentlich als „Klatsche“ bezeichnet, erzeugt einen Eindruck, den die Entscheidung nicht trägt. Juristisch zählt nicht die Schlagzeile, sondern der Tenor: Die AfD hatte nur in einem eng begrenzten Punkt Erfolg – zwei weitere Punkte wurden abgewiesen. Weder wurde die Arbeit des Verfassungsschutzes grundsätzlich beanstandet, noch die Beobachtung der AfD infrage gestellt, noch ein struktureller Rechtsverstoß festgestellt. Der beanstandete Punkt betrifft eine einzelne, wertende Äußerung in der Öffentlichkeitsarbeit, also eine formale Neutralitätsfrage ohne die von der AfD suggerierten Folgen. Als politische Zuspitzung ist das Wort „Klatsche“ von der Meinungsfreiheit gedeckt – als Beschreibung des Urteilsinhalts ist es jedoch irreführend, weil es eine umfassende Niederlage suggeriert, die das Gericht gerade nicht festgestellt hat.

Dieses Vorgehen folgt einem Muster. Juristische Niederlagen werden umetikettiert, Fakten zurechtgeschnitten, Verantwortung wird ausgelagert. So entsteht ein dauerhaft unwahres Bild, in dem Gerichte, Behörden und Medien pauschal als Gegner erscheinen. Das schürt Misstrauen, heizt an und verschiebt die Grenze zwischen belegbarer Information und Behauptung. Die Folge ist keine Aufklärung, sondern Verschleierung der Debatte.

Juristische Einordnung: Warum die „Klatsche“-Behauptung als Fake News gewertet werden kann

Juristisch lässt sich die öffentliche Darstellung des Urteils als „Klatsche“ nicht nur als zugespitzt, sondern als irreführend bewerten. Fake News liegen nicht erst dann vor, wenn Inhalte frei erfunden sind, sondern bereits dann, wenn wahre Einzelelemente so verzerrt dargestellt werden, dass beim Publikum ein objektiv falscher Gesamteindruck entsteht. Genau das ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht Weimar hat die Klage der AfD überwiegend abgewiesen und lediglich einen eng begrenzten formalen Punkt beanstandet, ohne materielle Folgen für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Wer dieses Ergebnis als umfassende Niederlage der Behörde darstellt, kehrt die gerichtliche Gewichtung ins Gegenteil um. Rechtlich betrachtet handelt es sich damit um eine Tatsachensuggestion, die durch das Urteil nicht gedeckt ist. Die Aussage bewegt sich zwar im Schutzbereich der Meinungsfreiheit, verliert diesen Schutz jedoch dort, wo sie den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung als Tatsache falsch wiedergibt. In journalistischen und rechtlichen Maßstäben kann diese Form der Darstellung deshalb als Fake News eingeordnet werden, weil sie geeignet ist, die Öffentlichkeit über Bedeutung und Tragweite des Urteils gezielt zu täuschen.

Sachlich bleibt festzuhalten: Das Urteil bestätigt die Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes. Es zieht eine klare Linie für die öffentliche Zurückhaltung eines Behördenleiters – und nichts weiter. Alles, was darüber hinaus behauptet wird, steht nicht im Urteil. Wer dennoch von einem Sieg spricht, täuscht bewusst. Zur Transparenz: Das Urteil ist beim Verwaltungsgericht Weimar über dessen Presseinformationen abrufbar. Am Ende bleibt eine einfache Bilanz. Die AfD hat vor Gericht verloren. Alice Weidel weiß das.

In eigener Sache
Liebe Leserin, lieber Leser des Kaizen Blog,
genau jetzt, in diesem Moment, sind alle von uns überall an vielen Orten im Einsatz und erleben Geschichte hautnah mit. Möglich ist das auch deshalb, weil Leserinnen und Leser wie Sie verstehen, dass jemand vor Ort sein muss – nicht aus der Ferne berichten, sondern miterleben, dokumentieren, Zeugnis ablegen. Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus, der Menschenrechte verteidigt und rechtspopulistischer Politik widerspricht.
Kaizen unterstützen

Updates – Kaizen Kurznachrichten

Alle aktuellen ausgesuchten Tagesmeldungen findet ihr in den Kaizen Kurznachrichten.

Zu den Kaizen Kurznachrichten In English
Abonnieren
Benachrichtigen bei
guest
1 Kommentar
Älteste
Neueste Meistbewertet
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Ela Gatto
10 Stunden zuvor

Interessanter Artikel.
Schade, dass es dazu in den Medien fast nichts zu lesen gab.

Populisten lügen und lügen.
Sie glauben je lauter und öfter man die Lüge verbreitet, dass sie dann zur Wahrheit wird.
Bzw es reicht ja schon, wenn die dumpfbackigen Blaunen es glauben.
Hauptsache man bedient seine Bubble.
Genau wie in der Trump Sekte zählen keine Fakten, nur wer am lautesten lügt und seine Lüge am häufigsten wiederholt.

1
0
Deine Meinung würde uns sehr interessieren. Bitte kommentiere.x