Ein Strand für sich allein – Kim Jong-uns bizarre Eröffnungsshow am leeren Luxusresort

VonRainer Hofmann

Juni 26, 2025

Wonsan, 26. Juni 2025 – Es war eine Inszenierung wie aus einer postmodernen Dystopie: Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, begleitet von seiner Frau Ri Sol Ju und Tochter Ju Ae, schnitt am Dienstag feierlich das rote Band durch – und eröffnete ein gigantisches Tourismusresort, das keine Touristen hat. Mit Wasserparks, Hotels, bunten Rutschen und einem fünf Kilometer langen Strand soll das Wonsan-Kalma-Resort zur Krönung von Kim Jong-uns Prestigeprojekten werden. Nur: Niemand kommt. Seit Jahren träumt Kim davon, Nordkorea als Reiseziel auf die globale Landkarte zu setzen – ein Ort, an dem man nicht nur Raketen startet, sondern auch Cocktails schlürft. Jetzt, nach endlosen Bauverzögerungen, hat er seinen Traum verwirklicht. Fast. Denn obwohl das Resort Platz für 20.000 Gäste bietet, bleibt es für ausländische Besucher weiterhin tabu. Nordkorea hat keine regulären Visa- oder Flugregelungen für Individualtouristen – und das aus gutem Grund: die Welt soll draußen bleiben, während drinnen das Regime sich selbst feiert.

Und so war die Eröffnung vor allem eine Show für die Kamera: Kim, im Anzug am Pool sitzend, beobachtete sichtlich zufrieden, wie ein Funktionär mit Karacho von einer Rutsche schoss. Die Kulisse: türkisblaues Wasser, akkurat gepflanzte Palmen, Hotels in Pastellfarben – der Tropentraum eines Landes, das nie Zugang zu echter Reisefreiheit hatte. Laut KCNA handle es sich um ein „weltklassekulturelles Resort“, ausgestattet mit Badeeinrichtungen, Sporthallen und dem Versprechen, „die Schönheit der Ostküste zu allen Jahreszeiten“ zu offenbaren. In Wahrheit steht das Resort auf dem Gelände eines ehemaligen Raketen-Testgeländes – einem Ort, der lange Zeit mit Angst und internationaler Sorge verbunden war. Heute sollen hier Jetskis statt Raketen donnern, Massentänze statt Testexplosionen stattfinden. Doch die Parallelen bleiben. Der Kontrollwahn, die Inszenierung, das Pathos. Kim kündigte in seiner Eröffnungsrede an, „in kürzester Zeit weitere Großprojekte für den Tourismus“ errichten zu wollen. Mit „großer Zufriedenheit“ lobte er den Baufortschritt und erklärte, das Resort gehöre „zu den größten Erfolgen des Jahres“. Es war nicht nur ein Projekt für Tourist:innen – sondern vor allem für sein Ego.

Seine Tochter Ju Ae, die zunehmend öffentlich an seiner Seite auftritt, trug eine Cartier-Uhr – ein Symbol für Luxus, der in Nordkorea offiziell verboten ist. Uhren dieser Art stehen unter UN-Sanktionen, doch in Pjöngjang gelten bekanntlich andere Regeln. Einige wenige russische Tourist:innen durften in diesem Jahr zurückkehren – eine geopolitische Freundschaft, die das Regime pflegt wie einen seltenen Schatz. Zwischen Moskau und Pjöngjang fährt nun wieder ein direkter Zug, auch eine Route von Rason nach Wladiwostok wurde im Mai wiedereröffnet. Westliche Tourist:innen hingegen bleiben eine Ausnahme – etwa 5.000 pro Jahr waren es vor der Pandemie. Seither herrscht wieder Abschottung. Was bleibt, ist ein bizarrer Ort an der Ostküste eines Landes, das seine eigenen Bürger jahrelang nicht einreisen ließ – und nun mit Badehose und Nationalhymne in die Zukunft will. Ein Ort, an dem die Illusion von Normalität so laut dröhnt wie die Wasserkanonen im Aquapark – und doch nichts kaschieren kann: Dass es hier nicht um Erholung geht, sondern um Kontrolle, Machtdemonstration und einen Diktator, der sich selbst ein Denkmal am Meer gesetzt hat. Willkommen in Wonsan. Wo man den Strand ganz für sich allein hat – weil niemand sonst kommen darf.

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