Donald Trump ist zurück in Schottland – nicht als einfacher Geschäftsmann, sondern als Präsident der Vereinigten Staaten. Fünf Tage lang wird er sich auf seinen beiden Golfanlagen in Turnberry und Aberdeen aufhalten, flankiert von einem riesigen Tross aus Sicherheitskräften, Beratern, Presse und Unterstützern. Doch was eigentlich wie ein Heimspiel erscheinen könnte – schließlich stammt Trumps Mutter aus der Region – ist ein politisches Minenfeld. Von allen Seiten schlagen ihm Kritik, Proteste und Zweifel entgegen. Die schottische Presse spricht bereits vom „verurteilten US-Verbrecher“, der nun das Land seiner Mutter besuche.

Der Auftakt des Besuchs ist unspektakulär, fast beiläufig. Am Freitagabend landet Trump mit Air Force One auf dem Flughafen Prestwick, nahe Glasgow. Von dort aus geht es direkt weiter nach Turnberry, wo er sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Offiziell, um sich auf die Einweihung seines neuen Golfplatzes in Balmedie, Aberdeenshire, vorzubereiten – der sogenannte „MacLeod Course“, benannt nach seiner schottischstämmigen Mutter Mary Anne MacLeod Trump. Doch hinter den Kulissen wird emsig gearbeitet: Gespräche mit Premierminister Keir Starmer und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stehen an, bei denen es um nichts Geringeres als ein mögliches Handelsabkommen geht – ein diplomatisches Tauziehen, das seit Wochen stagniert.


Die Reaktionen in Schottland sind eindeutig. Proteste wurden in Edinburgh, Aberdeen und Dumfries angekündigt. Die Stop Trump Coalition, ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Umweltaktivisten, palästinensischen und ukrainischen Gruppen sowie Mitgliedern der US-Diaspora, ruft zu landesweiten Kundgebungen auf. Schottlands First Minister John Swinney kündigte an, Trump persönlich auf die humanitäre Katastrophe in Gaza anzusprechen – und machte zugleich deutlich, dass die schottische Regierung diese Reise nicht begrüßt. Die Polizei rechnet mit mehreren tausend Demonstranten und hat eine Großoperation eingeleitet, unterstützt von britischen Polizeieinheiten.




Der Widerstand gegen Trump ist nicht neu. Schon bei früheren Besuchen waren Tausende auf die Straße gegangen. Doch diesmal liegt ein zusätzlicher Schatten über der Reise: Die wieder aufgeflammte Epstein-Affäre. Nur einen Tag vor seiner Abreise traf sich Trumps stellvertretender Justizminister Todd Blanche mit Ghislaine Maxwell – jener Frau, die wegen Kindesmissbrauchs zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und als zentrale Figur in den Ermittlungen gegen Jeffrey Epstein gilt. Auf die Frage, ob Trump eine Begnadigung Maxwells erwäge, antwortete er ausweichend: „Ich habe darüber nicht nachgedacht. Ich dürfte es, aber ich habe es nicht.“ Beobachter vermuten politische Kalküle – besonders, da Maxwells Aussagen Trump entlasten oder belasten könnten.

Trump selbst bemüht sich, das Thema abzuwiegeln. „Ich habe mit dem Typen nichts zu tun,“ sagte er über Epstein. „Ich war nie auf der Insel.“ Doch sein Name taucht in den veröffentlichten Dokumenten auf, und alte Briefe an Epstein, darunter ein skizziertes Bild einer nackten Frau, sorgen für Schlagzeilen. Das Wall Street Journal wurde kurzerhand aus dem Pressepool für die Schottlandreise ausgeschlossen – eine Reaktion auf ebenjenen Artikel. Es ist ein Lehrstück in medialer Kontrolle und selektivem Zugang, das viele an Trumps frühere Amtszeit erinnert.
Im Fokus steht auch Trumps wirtschaftliches Eigeninteresse. Die Golfplätze, die der Trump-Konzern in Schottland betreibt, waren in der Vergangenheit chronisch defizitär. Die Einweihung des neuen Kurses in Aberdeen soll nun endlich den ersehnten Aufschwung bringen. Dabei ist das Projekt selbst hoch umstritten: Der Bau auf empfindlichen Dünenlandschaften stieß auf heftigen Widerstand von Umweltschützern und Anwohnern. Besonders der Fischer Michael Forbes wurde international bekannt, weil er sich weigerte, sein Grundstück an Trump zu verkaufen – ein Konflikt, der in die Geschichte der Region eingegangen ist. Forbes lebt noch immer dort, wo Trump einst nur Spott übrig hatte: „Schmuddelecke. Schweinestall.“

Derweil setzt Trump seine diplomatische Agenda fort. Am Sonntag trifft er sich mit von der Leyen, um über die Zukunft des transatlantischen Handels zu sprechen. Hintergrund ist die von Trump für den 1. August angekündigte Zollwelle, die europäische Produkte – von französischem Käse bis zu spanischen Medikamenten – massiv verteuern würde. Brüssel hat bereits Gegenmaßnahmen in Höhe von über 100 Milliarden Dollar vorbereitet. Auch mit Starmer will Trump über Ausnahmeregelungen für britischen Stahl verhandeln. Das Treffen soll, wie er selbst sagte, „vermutlich auf einem meiner Grundstücke“ stattfinden – ein weiterer Hinweis auf die gezielte Vermischung von Staatsgeschäften und Privatwirtschaft.
Trumps Verhältnis zu Schottland bleibt gespalten. Viele empfinden seinen Besuch als Affront, andere loben immerhin seine Investitionen. „Er hat Arbeitsplätze geschaffen“, sagt eine Anwohnerin in Turnberry. „Aber politisch will ich mit ihm nichts zu tun haben.“ Auch die Royal and Ancient Golf Club of St Andrews hält sich bedeckt: Eine Rückkehr der British Open nach Turnberry – von Trump seit Jahren angestrebt – sei wegen „Infrastrukturproblemen“ derzeit nicht geplant.

Im September wird Trump zu einem zweiten Staatsbesuch nach Großbritannien zurückkehren – eine Seltenheit in der amerikanischen Diplomatie. Für ihn ist es eine Bühne der Selbstinszenierung. Für viele andere: ein weiterer Beweis dafür, wie sehr sich Politik, Geschäft und Justiz in seiner Person überlagern.

In Schottland jedenfalls bleibt der Empfang frostig. Und der Wind, der über die Dünen von Turnberry und Aberdeen weht, trägt mehr als nur Salz und Sand – er trägt Widerspruch, Zweifel und eine leise, aber entschlossene Stimme des Widerstands.
(Photos: Kaizen Blog and Alastair Grant)
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Eine bodenlose Unverschämtheit wofür der Präsident des Steuergelder verpulvert!
Seine Golfplätze in Schottland eine Schande und er hat damit den Leuten vor Ort und der Umwelt nur geschadet.
Donald Trump sollte sich als Brechmittel vermarkten, das ist das einzige wo er wirklich effizient und gut ist 🤮
Ansonsten, wie immer 👏🏼👏🏼👏🏼👏🏼für die gute Arbeit 👌👌🙏🏼
Ich danke Dir
Die Schotten zeigen ihm, im Gegensatz zu vielen Anderen, sehr deutlich, was sie von ihm halten.
Sie haben meine volle Sympathie
👍
Toller Artikel, nicht so ein was man immer vorgesetzt bekommt. 👍
Das freut uns – Vielen „Dank“ dafür