Es war eine politische Begegnung, die mehr offenlegt als jede Parteitagsrede. Das Treffen zwischen Donald Trump und Zohran Mamdani im Oval Office war genau so ein Moment. Wochenlang hatten beide einander mit Etiketten bedacht, die normalerweise ausreichen, um jede Zusammenarbeit zu begraben. „Kommunist“ auf der einen, „faschistisch“ auf der anderen Seite. Doch als sie am Freitag vor den Kameras standen, wirkte das alles plötzlich weit weg. Statt Schlagabtausch gab es Schulterklopfen, statt Drohgebärden ein lächelndes Duo, das sich gegenseitig versicherte, New York „gemeinsam verbessern“ zu wollen.

Es war eine Begegnung, die zeigte, wie schnell politische Feindschaften schmelzen, wenn beiden Seiten etwas davon haben. Für Trump war Mamdani nicht mehr das Feindbild, das der GOP als Wahlkampfmunition diente, sondern ein nützlicher Gesprächspartner, der die Aufmerksamkeit auf genau das lenkt, woran der Präsident gerade scheitert: die Sorgen der Menschen über Mieten, Lebensmittel und Stromrechnungen. Für Mamdani wiederum war das Treffen ein riskanter Gang in ein Haus, das ihn monatelang zum politischen Monster erklärt hatte – und gleichzeitig eine Gelegenheit, die Zukunft seiner Stadt vor Schaden zu bewahren.
„Arbeitende Menschen wurden in New York zurückgelassen. In der reichsten Stadt der Welt kann sich jede fünfte Person nicht einmal 2,90 Dollar für Bahn oder Bus leisten. Wie ich Trump heute gesagt habe – es ist Zeit, genau diese Menschen wieder in den Mittelpunkt unserer Politik zu stellen“.
Trump ließ keinen Zweifel daran, wie sehr er den Moment für sich zu nutzen verstand. Er nannte Mamdani „einen sehr rationalen Mann“, lobte sein Konzept für mehr bezahlbare Wohnungen und sagte sogar, er könne sich vorstellen, wieder in New York zu leben – „vor allem nach diesem Treffen“. Für einen Präsidenten, der die Stadt bei jeder Gelegenheit als verwahrlost darstellt, war das mehr als nur ein Kompliment. Es war ein Signal an die eigene Basis: Der Mann, den konservative Medien als Brandstifter dargestellt hatten, ist plötzlich akzeptabel.

Dabei geht es nicht um Sympathie. Trump steckt tief in seiner eigenen Unzufriedenheitskrise. Die Preise steigen weiter, seine Versprechen zur Inflation sind verpufft, und Mamdani hat in New York genau das geschafft, woran Trump bundesweit scheitert: Er hat Wähler über die Frage erreicht, wie man eine Stadt bezahlbar hält. Also griff der Präsident nach diesem Erfolg, als würde er ihm zustehen. Er sprach von „Lebensmitteln, einem altmodischen Wort“, und behauptete einmal mehr, sie seien bereits günstiger, obwohl die Zahlen das Gegenteil zeigen. Mamdani hörte höflich zu – und ließ die Unstimmigkeiten unkommentiert stehen.
Für den neuen Bürgermeister war das Treffen eine Gratwanderung. Er stellte Trump zur Rede über Abschiebungen, über Razzien und über die Angst vieler Familien in der Stadt. Er tat es ruhig, ohne öffentliches Duell, aber klar genug, dass niemand in seinem Lager sagen kann, er sei eingeknickt. Gleichzeitig wusste Mamdani genau, was auf dem Spiel stand. In den Wochen seit seiner Wahl hatten viele in New York damit gerechnet, dass Trump die Nationalgarde in die Stadt schicken oder Bundesmittel blockieren würde. Nun versprach der Präsident das Gegenteil: Er wolle helfen. Und er wolle, dass Mamdani erfolgreich ist.
Mamdani: „Ich kann Ihnen sagen, dass mehr New Yorker bei der jüngsten Präsidentschaftswahl für Präsident Trump gestimmt haben – wegen der Lebenshaltungskosten.“ – Trump: „Ich habe viele Stimmen bekommen!“
Beeindruckend war, wie sehr Trump sich schützend vor ihn stellte, als die Fragen härter wurden. Als ein Journalist Mamdani fragte, ob er Trump weiterhin für „faschistisch“ halte, winkte Trump ab und lächelte: „Du kannst einfach ja sagen.“ Mamdani sagte es – und Trump klopfte ihm auf den Arm. Als ein Reporter fragte, warum Mamdani nicht mit dem Zug angereist sei, sprang Trump ein: „Fliegen geht schneller.“ Er verteidigte ihn, als wären sie Verbündete, nicht Gegner, die sich noch vor Kurzem gegenseitig als Gefahr für die Republik bezeichnet hatten.

Aus republikanischer Sicht war dieser Tag ein Schock. Monatelang hatte die Partei Mamdani als Symbol einer angeblichen linken Übernahme inszeniert. Trump zerstörte dieses Bild in wenigen Minuten. Er widersprach sogar seiner Verbündeten Elise Stefanik, die Mamdani als „Dschihadisten“ beschimpft hatte. „Ich habe einen sehr rationalen Menschen getroffen“, sagte er trocken. Für die GOP war das ein Schlag: Ihr frisch aufgebautes Angstszenario verlor einen großen Teil seiner Wirkung. Für Mamdani bedeutet dieses Treffen mehr als nur einen PR-Moment. Es ist eine Eintrittskarte in eine politische Phase, in der er nicht mehr als Feind des Präsidenten betrachtet wird. Das könnte darüber entscheiden, ob New York in den kommenden Jahren mit der Bundesregierung zusammenarbeiten kann – oder ob die Stadt für jede Entscheidung Widerstand aus Washington zu erwarten hat.
Reporter: „Bestätigen Sie, dass Sie Trump für einen Faschisten halten?“ Trump: „Ist schon okay, du kannst es einfach sagen.“ Mamdani: „Ja.“
Trump hingegen zeigte eine für ihn typische Seite: Er kann Gegner loben, wenn es ihm dient. Und er kann dieselben Menschen am nächsten Tag wieder angreifen, wenn der Nutzen größer ist. Der Handschlag mit Mamdani war vielleicht ein neuer Anfang – oder nur ein kurzer Moment vor dem nächsten Sturm. Aber an diesem Tag, im Oval Office, standen sie nebeneinander wie zwei Männer, die verstanden haben, dass sie einander brauchen. Einer, um politische Stärke zu zeigen. Der andere, um Schaden von seiner Stadt abzuwenden. Und während draußen die Parteizentralen die Luft anhielten, schufen Trump und Mamdani das seltenste aller Bilder: einen Frieden, der glaubwürdig wirkte – und trotzdem morgen schon wieder vorbei sein kann.
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