Ein Angriff, ein Post, ein Aufruhr – Wie Trumps Iran-Schlag das rechte Lager spaltet

VonRainer Hofmann

Juni 22, 2025

Washington, 22. Juni 2025 – Es war keine Fernsehansprache, keine Pressekonferenz, kein historischer Moment mit ernster Miene im Oval Office. Stattdessen: ein einziger Social-Media-Post. „Wir haben unseren sehr erfolgreichen Angriff auf drei Nuklearstandorte im Iran abgeschlossen – darunter Fordow, Natanz und Isfahan“, verkündete Präsident Donald Trump am Samstagabend in einer lapidaren Botschaft auf Truth Social – und leitete damit eine geopolitische Erschütterung ein, die nicht nur Teheran, sondern auch seine eigene politische Basis aufrüttelte.

Kaum waren die ersten Details bekannt – Tarnkappenbomber, 75 Präzisionswaffen, komplexe Täuschungsmanöver – begannen die Schockwellen durch das republikanische Lager zu ziehen. Denn was Trump als triumphale „Zerstörung iranischer Atomambitionen“ verkaufte, löste im Kern seiner Unterstützerschaft einen offenen Flügelstreit aus, ein „MAGA-Bürgerkrieg“ könnte man es nennen. Inmitten der nationalistischen Rhetorik tauchte ein bislang unbeachtetes Detail auf, das für viele sinnbildlich für das neue Amerika steht: Eine der B-2-Pilot:innen, die in dieser Nacht die massiven bunkerbrechenden Bomben auf Fordow abwarf, war eine Frau.

Der Vorwurf gegen Trump kam prompt und aus den eigenen Reihen. „Not constitutional!“, postete der rechtslibertäre Strippenzieher Mark Meckler, einst Mitgründer der Tea Party, nur Minuten nach der Ankündigung. Kein Mandat des Kongresses, keine vorherige Abstimmung, keine demokratische Legitimation – ein Alleingang des Präsidenten, so radikal wie risikobehaftet. Selbst Steve Bannon, der als Trump-Flüsterer und Medienarchitekt der Rechten galt, ließ in seiner Sendung „War Room“ einen Satz fallen, der Bände sprach: „Wer hat diesen Krieg genehmigt?“ Aus dem Umfeld von Senator J.D. Vance verlautete, man sei „besorgt über die rechtlichen Grundlagen und strategischen Ziele“ dieser Operation. Noch schwerer wiegt der Vertrauensverlust unter jenen, die Trumps politische Revolution einst mit Spenden, Posts und Plakaten getragen hatten. Auf der rechten Plattform Gab schrieb ein enttäuschter Unterstützer: „Wir haben keine Mauer, keine Farmerhilfen, aber dafür wieder Bomben im Nahen Osten.“ Die zentrale MAGA-Botschaft – „America First“ – sei durch diesen Schlag konterkariert worden. Statt Souveränität und innenpolitischer Reform stehe nun erneut die Rolle des Weltpolizisten im Fokus. Der Spalt in Trumps Basis verläuft nun offen zwischen interventionistischen Falken und libertären Isolationisten, zwischen den „Make America Strong Again“-Strategen und jenen, die Amerikas Rückzug aus fremden Kriegen zum zentralen Ziel erklärt hatten.

Militärisch war der Angriff präzise, aber keineswegs endgültig. Generalstabschef Dan Caine widersprach Verteidigungsminister Pete Hegseth bereits am Abend nach dem Angriff. Während Hegseth von einer „vollständigen Eliminierung“ sprach, betonte Caine, das Ausmaß werde sich erst in den kommenden Tagen abschätzen lassen. Satellitenbilder zeigen zerstörte Hallen in Fordow, doch keine völlige Ausschaltung des unterirdischen Komplexes. Die iranische Regierung reagierte nicht sofort militärisch, ließ jedoch durchblicken, dass eine Antwort kommen werde – im eigenen Zeitrahmen, auf eigene Weise. Dabei wächst die Sorge, dass eine mögliche Reaktion Irans nicht nur symbolisch bleiben wird. Ein drittes Szenario, das in sicherheitspolitischen Kreisen kursiert, wäre die Verminung der Straße von Hormus – jener Meerenge, durch die Schätzungen zufolge bis zu ein Viertel des weltweiten Ölaufkommens verschifft wird. Eine solche Blockade gliche einem Flächenbrand in der globalen Energieversorgung und könnte eine weltweite Ölkrise auslösen – mit kaum kontrollierbaren Folgereaktionen militärischer und wirtschaftlicher Art. Irans Außenminister Abbas Araghchi kündigte für den heutigen Tag ein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin an – ein deutliches Zeichen, dass Teheran den Schulterschluss mit Moskau sucht, bevor es auf die Eskalation antwortet.

Die innenpolitische Dimension dieser Nacht dürfte für Trump mindestens ebenso gefährlich werden wie jede Vergeltung aus Teheran. Denn der Präsident steht nicht mehr nur in geopolitischem Feuer, sondern zunehmend auch im Kreuzfeuer seiner einst treuesten Anhänger. Ein Präsident, der sich als Totengräber der endlosen Kriege inszenierte, steht nun vor einem Trümmerfeld – aus verbrannter Erde, innerem Aufruhr und zersetzter Loyalität. Ein Krieg beginnt nicht mehr mit Sirenen oder einem Senatsbeschluss. Er beginnt mit einem Post. Und er endet – womöglich – mit dem Zerfall jenes Lagers, das ihn einst trug.

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