Döner-Söder und die Abschiebung der Pflege

VonRainer Hofmann

August 29, 2025

Markus Söder liebt es, in Kostümen zu erscheinen. Mal als Nussknacker, mal als Superman, mal als „Döner-Söder“, der zwischen Fleischspießen und Foodtrucks posiert, als wäre er ein Influencer der Fast-Food-Industrie. Er serviert Bilder für Schlagzeilen, Futter für Klicks. Ein Mann, der alles tut, damit man ihn nicht vergisst. Doch während der Ministerpräsident in Verkleidungen die Republik belustigt, schreibt sein Bayern ein anderes, düsteres Drehbuch – eins, in dem ausgebildete Pflegekräfte und engagierte Azubis abgeschoben werden, mitten hinein in einen Fachkräftemangel, der längst zur Staatskrise geworden ist. Die Fälle sind dokumentiert, sie sind real, sie sind absurd. In Isny im Allgäu wurde im Juli 2025 der 26-jähriger Pflegehelfer Ismail A. aus Äthiopien während seiner Schicht im Altenhilfezentrum St. Elisabeth von vier Polizisten abgeholt – mitten unter Bewohnern, deren Betreuung er sich widmete. Im Leutkircher Seniorenzentrum Carl-Joseph unterdessen kämpft die Leitung mit Mitarbeitenden und Angehörigen um den Verbleib von Sudan S., einer Pflegehilfskraft aus Sri Lanka. Er hat B1-Sprachniveau erreicht, ein Ausbildungsplatz ist unterschrieben, Förderungen liegen vor, ein tadelloses Führungszeugnis ebenso – und trotzdem ordnete die Ausländerbehörde seine Abschiebung an. 200 Bewohner und Beschäftigte unterschrieben Petitionen, die Trägergesellschaft Vinzenz von Paul gGmbH stellte eine Anwältin – bislang vergeblich. In Passau droht einem iranischen Pflege-Azubi, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt, konvertiert ist und im Pflegebereich tätig war, die Abschiebung. Grund: Er konnte keine Passpapiere vorlegen. Obwohl er kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung stand, ließ die Regierung von Niederbayern seinen Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis beenden. In Landshut wiederum kämpft das Krankenhaus Achdorf um Papa Madior Diop, der seit mehr als acht Jahren im Transportdienst der Klinik arbeitet. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, eine Petition gegen die geplante Abschiebung sammelte in kurzer Zeit hunderte Unterstützer. Und schon 2018 stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof klar, dass Bayern rechtswidrig gehandelt hatte, als es eine ukrainische Altenpflegeschülerin trotz gültiger Ausbildungsduldung abschob. Der VGH verpflichtete den Freistaat, ihr, ihrem Mann und ihrer Tochter eine kostenfreie Wiedereinreise zu ermöglichen, damit sie ihre Ausbildung fortsetzen konnte. (Az. 19 CE 18.1495, Beschluss vom 27.07.2018)

Abschieben macht hungrig

Das sind keine Einzelfälle. Das ist Politik. Das ist Söders Bayern. Ein Land, das Abschiebungen exekutiert, während Pflegeheime verzweifelt nach Personal suchen. Ein Land, das das Integrationsgesetz zur Farce macht, Ausbildungsduldungen ignoriert, selbst gegen bestehendes Recht verstößt. Ein Land, das die demografische Katastrophe kennt – und trotzdem die wenigen Menschen, die bereit sind, in der Pflege zu arbeiten, auf Fluglisten setzt. Und währenddessen zieht der Ministerpräsident durchs Land, als Essens-Influencer, als Karnevalsfigur, als Staatsclown mit Macht. Söder, der sich in Selfies mit Dönern gefällt, aber schweigt, wenn Altenpfleger aus Heimen abgeführt werden. Söder, der ein Land regiert, in dem Pflegekräfte kriminalisiert werden, während er sich in lächerlichen Inszenierungen selbst überhöht. Das Bild ist grotesk: Hier der Ministerpräsident, der sich am Spieß brät, dort Pflegekräfte, die im Polizeiwagen verschwinden. Es ist eine Politik, die in Wahrheit einer Partei zur Ehre gereicht: der AfD. Die Schlagzeilen, die Stimmung, die Härte – all das trägt längst deren Handschrift. Söders CSU kopiert das Original, nur im staatstragenden Tonfall. Abschiebung als Inszenierung, Kostüm als Ablenkung, Härte gegen die Schwächsten als Beweis der Macht. Bayern wird so zur Blaupause einer Politik, die Integration zerstört, Fachkräftemangel verschärft und dabei das Gesicht des Ministerpräsidenten über alles stellt.

Ich habe es damals nicht begriffen und begreife es auch heute nicht, wie man sich so zum Affen machen kann

Die Wahrheit ist bitter: Pflegekräfte werden abgeschoben, während Söder im Fast-Food-Kostüm um Applaus buhlt. Altenheime verlieren Mitarbeiter, während der Ministerpräsident Döner dreht. Gerichte müssen Wiedereinreisen anordnen, weil die Staatsregierung rechtswidrig handelt, während Söder Karneval für die Kameras spielt. Ein Staat, der so agiert, hat sein moralisches Koordinatensystem verloren. Und ein Ministerpräsident, der seine Amtszeit mit Kitsch und Kostümen füllt, während im Hintergrund Menschenleben und Pflegeberufe zerstört werden, hat sich selbst zur Karikatur gemacht.

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Lea
Lea
1 Monat zuvor

Ich würde mir wünschen, daß er selbst die Auswirkungen dieser seiner Politik am eigenen Leib zu spüren bekäme. – Träumen darf man ja wohl noch…

Anna-Maria Wetzel
Anna-Maria Wetzel
1 Monat zuvor
Reply to  Lea

Es ist nicht tollerierbar, wenn Politiker die egoistische, unempathische Vorgehensweise von Trump kopieren und sich auch noch selbst zum Affen machen. Er repräsentiert in keinster Weise Bayern, er macht es höchstens zu einer Bananenrepublik. Er ist untragbar und sollte zurücktreten.

Irene Monreal
Irene Monreal
1 Monat zuvor

Und alle reden sie über Kriminelle, die aber zu kriegen ist zu anstrengend und die Polizeikräfte stehen sich an der Grenze die Füße platt oder schützen dumpfe Rechtsradikale bei ihren Demos.

Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Warum schiebt man gut integrierte Menschen ab?
Menschen die arbeiten?

Warum greifen man sich bicht die Kriminellen? Mit ellenlangen Vorstrafen?
Da heißt es, es sei nicht so einfach.
Klar, die lassen sich bicht verlässlich auf der Arbeit finden und ohne Gegenwehr mitnehmen.

Da müsste man ja suchen und mit massiver Gegenwehr rechnen.

Verkehrte Welt.
Menschen die schutzsuchend hergekommen sind und sich integrieren werden abgeschoben.
Menschen die das Schutzsystem ausnutzen und ihren kriminellen Tätigkeiten nachgehen, da passiert wenig.

Und Söder grinst in die Kamera.

Christoph Heckmann
Christoph Heckmann
1 Monat zuvor

Mir war diese schlechte Kopie eines Pausrn-Clowns schon immer suspekt. Mittlerweile ist er mir zuwider..
Pfui pfui pfui.

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