Die systematische Zerstörung des FBI: Ein Insiderbericht

VonRainer Hofmann

August 7, 2025

Unsere Recherchen zeigen die erschütternden Details einer beispiellosen Säuberungswelle, die das Federal Bureau of Investigation in seinen Grundfesten erschüttert. Was sich hinter verschlossenen Türen in Washington abspielt, übertrifft die düstersten Befürchtungen: Die systematische Demontage einer der wichtigsten Strafverfolgungsbehörden der westlichen Welt.

Brian Driscoll steht an seinem letzten Tag im J. Edgar Hoover Building. Der Mann, der einst das legendäre Hostage Rescue Team kommandierte, der sein Leben in internationalen Terrorismusoperationen riskierte, wird wie ein Verräter aus dem Gebäude eskortiert. „Ich verstehe, dass Sie viele Fragen haben werden, warum – auf die ich keine Antworten habe“, schrieb er in seiner Abschiedsnachricht an die Kollegen. „Keine Ursache wurde zu diesem Zeitpunkt artikuliert.“

Die Ironie ist bitter: Driscoll, der als Acting Director das FBI in den turbulenten Wochen nach Trumps Amtsantritt führte, wird nicht etwa für Versagen bestraft. Sein Vergehen? Er weigerte sich, die Namen von über 5.000 FBI-Agenten preiszugeben, die an den Ermittlungen zum 6. Januar beteiligt waren. In den Gängen des FBI kursierte nach seinem Widerstand eine Nachricht, die seine Haltung zusammenfasste: „Bottom line — DOJ kam rüber und wollte einen Haufen J6-Agenten feuern. Driscoll ist ein absoluter Hengst. Hielt stand und sagte dem WH-Proxy, DOJ, sie sollen sich verpissen.“

Was Kash Patel und Dan Bongino – zwei Männer, die ihre Karrieren auf Verschwörungstheorien und rechten Podcasts aufbauten – nun mit dem FBI anstellen, spottet jeder Beschreibung. Bongino, der noch 2022 auf seinem Podcast tönte, „Die FBI ist eine vollständig korrupte Organisation“ und das Bureau als „Schläger für die Demokratische Partei“ bezeichnete, sitzt nun als stellvertretender Direktor an den Schalthebeln der Macht. „Die einzige Sache, die das FBI davon abhalten wird, das zu tun, was sie jetzt tun“, predigte er damals, „ist ihnen echte materielle Verluste zuzufügen. Feuert jeden, der in dieses Zeug involviert ist. Jeden – keine Ausreden. Löst die Einheit auf. Es ist der einzige Weg an diesem Punkt.“

Brian Driscoll

Die Metamorphose ist grotesk: Derselbe Bongino, der 2023 noch schrie „Was zur Hölle verstecken sie bei Jeffrey Epstein?“, musste 2025 kleinlaut eingestehen: „Ich habe den Fall überprüft. Jeffrey Epstein hat sich umgebracht.“ Seine ehemaligen Anhänger überfluteten ihn mit wütenden Nachrichten – gefangen in den Verschwörungstheorien, die er selbst jahrelang befeuerte. Tommy Vietor, ehemaliger Obama-Berater, bemerkte treffend: „Es ist faszinierend zu beobachten, wie Patel und Bongino von der Fütterung der Basis mit Lügen und Verschwörungstheorien zu Positionen tatsächlicher Verantwortung übergehen und gelegentlich die Wahrheit sagen müssen.“ Senator Mark Warner brachte die Tragweite auf den Punkt: „Ich bin zutiefst besorgt über Presseberichte, dass weitere erfahrene FBI-Führer von Direktor Kash Patel und stellvertretendem Direktor Dan Bongino aus ihren Rollen gedrängt wurden. Vom ersten Tag an hat diese Regierung gezeigt, dass sie bereit ist, die Integrität unserer Bundesbehörden zu untergraben im Dienste politischer Loyalität. Virginianer und alle Amerikaner verdienen ein Federal Bureau of Investigation, das den Fakten folgt und das Gesetz ohne Furcht oder Gunst durchsetzt, nicht eines, das umgeformt wird, um den politischen Launen des Präsidenten oder seiner Verbündeten zu dienen.“

Unsere Recherchen enthüllen das wahre Ausmaß der Säuberungen: Dutzende von Special Agents in Charge wurden vor die Wahl gestellt – Rücktritt, Versetzung oder Demütigung. Steven Jensen, der das mächtige Washington Field Office leitete, erhielt seine Kündigung ohne jede Begründung. „Ich beabsichtige, dieser Herausforderung zu begegnen wie jeder anderen, der ich in dieser Organisation gegenüberstand, mit Professionalität, Integrität und Würde“, schrieb er in seiner Abschiedsnachricht. Sein Vergehen? Er hatte die Domestic Terrorism Section nach dem 6. Januar 2021 geleitet – zu einer Zeit, als das FBI den Angriff auf das Kapitol noch als das bezeichnete, was er war: ein Akt des heimischen Terrorismus. Die Methoden der neuen Führung sind so perfide wie effektiv: Michael Feinberg wurde degradiert, weil er mit Peter Strzok befreundet war – einem Agenten, der 2018 wegen kritischer Textnachrichten über Trump gefeuert wurde. Agenten, die 2020 während der George-Floyd-Proteste knieten – eine Geste menschlicher Solidarität – wurden Jahre später dafür aus ihren Positionen entfernt. Die Botschaft ist unmissverständlich: Jede Form von Menschlichkeit, jede Geste der Empathie wird als Schwäche ausgelegt und bestraft. Polygraphentests werden als Waffe eingesetzt, um langjährige Beamte einzuschüchtern. Ein Klima der Angst durchzieht die Behörde.

Emil Bove, mittlerweile auf Lebenszeit zum Bundesrichter ernannt, fungierte als juristischer Vollstrecker dieser Kampagne. Er beschuldigte die FBI-Führung der „Insubordination“, weil sie sich weigerten, „das Kernteam zu identifizieren“, das für die Ermittlungen zum 6. Januar verantwortlich war. Seine Forderung nach Namenslisten – angeblich um eine „Überprüfung“ gemäß Trumps Executive Order zur „Weaponisierung“ durchzuführen – erinnert fatal an die dunkelsten Kapitel autoritärer Regime. „Nur Personen, die mit korrupter oder parteiischer Absicht handelten, die sich eklatant den Anweisungen der Abteilungsleitung widersetzten oder die ihr Ermessen bei der Weaponisierung des FBI ausübten“, sollten besorgt sein, schrieb Bove. Doch wer definiert, was „parteiisch“ ist? Wer entscheidet, was „Weaponisierung“ bedeutet? Die Dramatik der Ereignisse erreichte ihren Höhepunkt, als Driscoll sich weigerte, die geforderten Namen herauszugeben. Ein ehemaliger FBI-Beamter, der Driscoll gut kennt, bestätigte uns: „Er hat hart zurückgedrängt.“ Als der Druck unerträglich wurde, informierte Driscoll schließlich seine Mitarbeiter, dass er die Namen übermittelt hatte – aber über ein klassifiziertes System, um die Identitäten zu schützen. Er warnte seine Leute eindringlich, ihre digitalen Fußabdrücke zu bereinigen, aus Sorge um ihre Sicherheit.

Die Angst unter den Agenten ist greifbar. Ein FBI-Agent schrieb in einer intern zirkulierenden Nachricht: „Ich wurde beauftragt, ein potenzielles Verbrechen zu untersuchen. Wie alle vorherigen Fälle, die ich untersucht habe, erfüllte dieser jeden rechtlichen Standard der Begründung und des Verfahrens. Ohne Voreingenommenheit hielt ich meinen Eid auf dieses Land und die Verfassung aufrecht und sammelte die Fakten. Ich sammelte die Fakten auf eine Weise, die weder Unschuld noch Schuld beweisen sollte, sondern um zu einer Lösung zu gelangen.“ Nun fürchten diese Beamten um ihre Karrieren, ihre Sicherheit, ihre Zukunft. „Wir alle fühlen uns besiegt“, gestand ein Agent den Medien. Die Auseinandersetzung um die Epstein-Akten offenbart die ganze Absurdität der neuen FBI-Führung. Bongino, der jahrelang Verschwörungstheorien über Epsteins Tod verbreitete und auf seinem Podcast fragte „Was zur Hölle verstecken sie mit Jeffrey Epstein?“, geriet in einen heftigen Konflikt mit Justizministerin Pam Bondi. Nach einem erhitzten Treffen im Weißen Haus, bei dem auch Stabschefin Susie Wiles anwesend war, drohte Bongino mit seinem Rücktritt. „Bongino ist außer sich vor Wut“, bestätigte eine Person, die mit dem stellvertretenden FBI-Direktor gesprochen hatte. „Das hat seine Karriere zerstört. Er droht zu kündigen und Pam zu vernichten, wenn sie nicht gefeuert wird.“

Die Ironie könnte nicht bitterer sein: Dieselben Männer, die das FBI als „weaponisiert“ brandmarkten, verwandeln es nun selbst in eine politische Waffe. Bongino hatte auf seinem Podcast gepredigt, das FBI sei zu einem „Polizeistaat“ geworden, „nicht anders als Dinge, die man in Kuba, Nordkorea sieht“. Er warnte sogar, dass Amerikaner eventuell „massiver systemischer Gewalt“ durch die Regierung ausgesetzt sein könnten. Nun ist er selbst Teil des Systems, das er so vehement verteufelte. Trump selbst kündigte unverblümt an: „Ich werde einige von ihnen feuern“, und behauptete ohne jeden Beweis, „wir hatten einige korrupte Agenten, und diese Leute sind weg oder sie werden weg sein, und es wird schnell und sehr chirurgisch geschehen.“ Keine Beweise für Fehlverhalten der FBI-Beamten, die die Fälle des 6. Januar untersuchten, sind je öffentlich geworden. Die überwältigende Mehrheit der Fälle führte zu Verurteilungen – bevor Trump sie alle am ersten Tag seiner Amtszeit begnadigte.

Was hier geschieht, ist nichts weniger als die systematische Zerstörung rechtsstaatlicher Prinzipien. Die Transformation des FBI von einer unabhängigen Strafverfolgungsbehörde zu einem Instrument politischer Vergeltung vollzieht sich vor unseren Augen. Wenn Beamte ohne Angabe von Gründen entlassen werden, wenn jahrzehntelange Expertise durch blinde Loyalität ersetzt wird, wenn die Verfolgung von Aufständischen als Verrat gilt – dann hat Amerika einen Rubikon überschritten. Die Bundesrichterin Jia Cobb musste eingreifen, um zu verhindern, dass die Namen der FBI-Agenten öffentlich gemacht werden. Ihre Frage während der Anhörung war entlarvend simpel: „Wofür wird das verwendet?“ Die Antwort kennt jeder, der die Geschichte autoritärer Regime studiert hat: Listen sind der erste Schritt zur systematischen Verfolgung.

Brian Driscoll

Driscols letzte Worte an seine Kollegen werden zur Fackel des Widerstands: „Unser kollektives Opfer für jene, denen wir dienen, ist und wird immer es wert sein. Ich bedauere nichts. Ihr seid meine Helden und ich bleibe in eurer Schuld.“ Diese Worte sind mehr als ein persönlicher Abschied. Sie sind ein Testament für all jene, die noch an die Ideale glauben, für die das FBI einst stand: Fidelity, Bravery, Integrity. Doch diese Ideale werden nun mit Füßen getreten von Männern, die ihre Karrieren auf Hass, Verschwörungstheorien und politischer Hetze aufbauten. Die Geschichte wird diese Tage als Wendepunkt markieren. Die Frage ist nur: Wird es der Moment sein, in dem Amerika seine demokratische Seele endgültig verlor? Oder der Tiefpunkt, von dem aus die Erneuerung begann? Was sich im FBI abspielt, ist ein Zeichen der Zeit für die gesamte amerikanische Demokratie. Wenn die Hüter des Gesetzes zu dessen Zerstörern werden, wenn Loyalität über Recht triumphiert, wenn Rache die Gerechtigkeit ersetzt – dann steht nicht weniger als die Republik selbst auf dem Spiel.

Die Vereinigten Staaten gleiten in eine Dunkelheit, aus der es möglicherweise kein Zurück mehr gibt. Die Säuberungen im FBI sind nur der Anfang. Was folgt, wenn die wichtigste Strafverfolgungsbehörde des Landes vollständig politisiert ist? Die Antwort darauf will niemand erleben müssen. Doch sie zeichnet sich bereits ab: Ein Amerika, in dem das Recht dem Stärkeren weicht, in dem Wahrheit zur Verhandlungssache wird, in dem Gerechtigkeit nur noch ein leeres Wort ist. Die Zerstörung des FBI ist die Zerstörung eines Amerikas, wie wir es kannten.

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Gabi
Gabi
1 Monat zuvor

Da bleibt einem die Spucke weg, bei diesen Nachrichten. Sprachlos….
und ich frage mich gerade, hat man in Washington die Uhr bis zu den dreissiger Jahren zurück gedreht? Mit Überschallgeschwindigkeit in die Diktatur…. ob die nicht MAGA-verblendete Bevölkerung diese Entwicklung noch aufhalten kann?
Mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn ich an meine Freunde in Boston denke… Ich wäre ich schon längst in die europäische Heimat zurück gezogen…

🙏🏼 für Eure unermüdliche Arbeit und tolle Leistung, ohne Euch würden wir im Nebel stehen und nur weichgespülte Berichterstattung lesen können 🙏🏼

Ela Gatto
Ela Gatto
1 Monat zuvor

Es ist unglaublich in welchem Tempo das alles erfolgt.

Kampala Harris hat es mehr als einmal sehr deutlich gesagt, dass Trump mit einer Racheliste ins WH einzieht.
Es wollte keiner hören.
Aber genau so ist es gekommen.

Das FBI wird zur SS.
Nur Loyalität gegenüber Trump zählt.
Nicht Rechtstaatlichkeit.
Wenn verurteilte Täter des 6. Januar, von Trump Begnadigung, sich auf Posten des Justizministeriums, bei ICE etc wieder finden, sagt das Alles.

Republikaner in Texas fordern das FBI an/auf um die geflohenen Demokraten zurück nach Texas zu bringen, damit sie ihrer „gerechten Strafe“ zugeführt werden können.

Politiker der Opposition kriminalisieren, inhaftieren …. alles eindeutig eine Autokratie.

Und es wird noch schlimmer.
Denn Trump tauscht immer mehr und mehr Personen gegen Loyalität aus.

Ich sehe nicht, dass die USA das in Meiner Lebenszeit noch ändern können.
Dazu gibt es zu wenig Widerstand in meinen Augen.

Bei Hitler hat es 22 Jahre gedauert. Hätte er keinen Mehrfrontenkrieg geführt und Japan Pearl Harbor angegriffen, wäre Deutschland auch komplett in der Naziwelt versunken.

Denn die westlichen Welt hat sich überhaupt nicht wirklich für die Deportation der Juden und anders Denkender interessiert.
Haben 1936 noch begeistert bei der Olympiade in Berlin mitgemacht.

Aber wer soll die Irren in der USA aufhalten?

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