Die Stille im Pentagon – Der Auszug der Journalisten

VonRainer Hofmann

Oktober 16, 2025

Es begann unspektakulär, fast wie eine Randnotiz. Doch was sich am Mittwoch in Washington ereignete, war ein stilles Beben. Dutzende Reporter gaben ihre Zugangsausweise ab und verließen das Pentagon – aus Protest gegen neue Regierungsauflagen, die ihre Arbeit künftig einschränken sollten. Kein lautstarker Eklat, keine Transparente, nur der Klang von Ausweisen auf Metalltischen und das leise Zuschlagen schwerer Türen. Siehe auch unseren Artikel: „Leere Flure, volle Kontrolle – Wie das Pentagon die Presse einsperren wollte und keiner unterschreibt“ unter dem Link: https://kaizen-blog.org/leere-flure-volle-kontrolle-wie-das-pentagon-die-presse-einsperren-wollte-und-keiner-unterschreibt/

In den Stunden zuvor hatten viele ihre kleinen Büros geräumt. Schubladen, Akten, Notizen – alles musste mit. Selbst die Uhr an der Wand wurde abgehängt, weil sie, wie ein Sprecher betonte, kein Staatseigentum sei. So ordnungsgemäß der Abzug ablief, so sinnbildlich war er: Das Pentagon verliert nicht nur seine Presse, sondern auch sein Gedächtnis. Damit endet eine Ära. Jahrzehntelang galt die Präsenz unabhängiger Reporter im Pentagon als selbstverständliches Element amerikanischer Demokratie. Sie begleiteten Briefings, stellten Fragen, dokumentierten Entscheidungen – sie waren die Augen und Ohren einer Öffentlichkeit, die wissen wollte, was in den Räumen der Macht geschieht. Nun wird dieser Zugang durch administrative „Neuregelungen“ ersetzt, deren eigentlicher Zweck Verschleierung ist.

Offiziell heißt es, die Maßnahmen dienten der nationalen Sicherheit. Inoffiziell geht es um Kontrolle: um die Auswahl dessen, was noch gefragt, gefilmt und veröffentlicht werden darf. Wer sich weigert, unterschriebene Schweigeklauseln und neue Meldepflichten zu akzeptieren, verliert das Recht, das Herz der amerikanischen Verteidigungspolitik zu betreten. Die Folgen reichen weit über Washington hinaus. Mit jedem verlorenen Presseausweis schrumpft der Raum der Transparenz – und wächst die Macht jener, die ungestört entscheiden wollen. Was heute im Pentagon geschieht, kann morgen zum Modell für andere Behörden werden. Die Demokratie verliert selten mit einem Knall. Meist beginnt ihr Schweigen dort, wo Fragen nicht mehr gestellt werden dürfen.

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